Archiv für den Tag: 29. April 2008

Köln-Kalk: Anspruchsvolle Werksarchitektur auf dem KHD-Gelände an der Christian-Sünner-Straße soll unter Denkmalschutz gestellt werden

Erinnert sei an die Möhring-Halle auf dem Gelände der Deutz AG an der Deutz-Mülheimer-Straße, eine Halle, in der die damalige Gasmotorenfabrik Deutz zur großen Kunst- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902 ihre Erzeugnisse ausstellte. Die Halle wurde entworfen von dem Berliner Architekten Bruno Möhring und dem Chefkonstrukteur der Gutehoffnungshütte Reinhold Krohn. Die Deutz AG ist an diesem Standort ein geradezu unübertrefflicher Erinnerungsort für die Entstehung der Moderne – nicht nur als Standort der ersten Motorenfabrik der Welt, sondern zugleich auch mit einem Bauwerk, das in vielen architekturgeschichtlichen Publikationen als einer der wichtigen Pionierbauten auf dem Weg zur Klassischen Moderne gefeiert wird.

Auf dem benachbarten Grundstück wurden ebenfalls durch Inventarisation des RAD die Schwebebahn-Hallen entdeckt. Hier wurde diese bedeutende aus Köln stammende Erfindung von Eugen Langen erprobt und die ersten Schwebebahnwagen für Wuppertal montiert.

Weitere Schwerpunkte in der Inventarisationstätigkeit der Industriedenkmalpflege in Köln sind die Industriegelände an der Schanzenstraße in Mülheim-Nord und das KHD-Werk in Kalk. Letzteres wurde 1856 als Maschinenbaufabrik für Bergwerksmaschinen gegründet und seit den 1870er Jahren als „Maschinenbauanstalt Humboldt“ überregional bekannt. Mit der rasanten Entwicklung des Unternehmens in den Jahrzehnten um 1900 entstanden viele neue Hallen entlang der Dillenburger Straße, alte Hallen wurden durch Neubauten ersetzt.

Unter Leitung des Generaldirektors Richard Zörner hatte die Maschinenbauanstalt regional renommierte Architekten mit der Gestaltung dieser Bauten beauftragt – die Werksarchitektur sollte als Aushängeschild einer neuen Kompetenz des Unternehmens im Zusammenwirken von qualitätvoller Technik und gutem Design dienen.

Das 1880 zur Stadt gewordene Kalk bot den Architekten ideale Voraussetzungen: Seit 1894 gab es hier einen anspruchsvollen Bebauungsplan, der östlich vor dem Werksgelände von Humboldt einen Sternplatz nach dem Vorbild der Urbanistik in den großen Metropolen der damaligen Welt vorsah. Ebenso wichtig für das Stadtbild von Kalk war die Dillenburger Straße. An beiden Stellen entstanden 1914-1916 neue Bauten nach Entwürfen von Peter Gaertner und Jacob Berns.

Abenteuerh450.JPGDie Abenteuerhalle Kalk am 28. 4. 2008 während des 6. Kölner Denkmalgesprächs der FH Köln und des Rh. Amtes für Denkmalpflege

Gaertner und Berns zeichneten für die Werksfront der Maschinenbauanstalt Humboldt mehrere Varianten, wobei das Stadtbild an dieser Stelle auch durch einen Wasserturm bereichert werden sollte. Eingezeichnet wurde auch die angrenzende Wohnbebauung im Stil der damaligen, noch romantischen Vorbildern verpflichteten Reformarchitektur. Die dazu passende Werksarchitektur gestalteten Gaertner und Berns im Kontrast dazu mit kräftigen Vertikalen nach dem Vorbild des beispielsweise von Peter Behrens in dieser Zeit propagierten reduzierten Klassizismus. Die aufwändigen städtebaulichen Ziele – gerechnet wurde in der Nachbarschaft auch mit einer Schule und einer Kirche – wurden nicht verwirklicht. Humboldt erwarb das ganze östlich anschließende Gelände für zukünftige Werkserweiterungen.

Ausgeführt wurde die aussagekräftige Backsteinarchitektur nach dem Entwurf von Peter Gaertner und Jacob Berns, bekrönt noch durch den erhaben auf dem Mauerwerk angebrachten Schriftzug mit dem Firmennamen „Humboldt“.

 

Humboldthalle450.JPG

Das Rheinische Amt für Denkmalpflege wird – gestützt auf die neuen Erkenntnisse – die Eintragung der Werksbauten an der heutigen Christian-Sünner-Straße beantragen und hofft auf baldige Umsetzung des Denkmalschutzes durch den Stadtkonservator so, wie das auch für die Möhring-Halle und die Schwebebahn-Hallen geschehen ist.

(Pressemitteilung des LVR/Rh. Amt für Denkmalpflege; Fotos: Redaktion)

siehe auch www.rheinische-industriekultur.de

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Oberhausen / Essen / Dortmund: Neue Hefte von „Schichtwechsel“ und „Forum“ erschienen

Der Artikel „Tod in der Tiefe: Grubenunglücke auf Concordia“ von Frank Dittmeyer in der Oberhausener Zeitschrift „Schichtwechsel“ informiert nicht nur über den Verlauf und Ursachen des Unglücks, sondern geht auch der Frage nach, inwieweit das NS-Regime die Trauerfeier für die Bergleute zu Propagandazwecken nutzte.

Schicht-wechsel

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Bisher unveröffentlichte Fotos, die der Redaktion von privater Hand zur Verfügung gestellt wurden, zeigen die Unglücksstelle unmittelbar nach dem Einsturz. So ist die vollständig zerdrückte Strecke ebenso abgebildet, wie die zwei Tonnen schwere Schrämmaschine, die vom Kohlenstoß weggeschleudert und zertrümmert wurde. Neben dem Gebirgsschlag, wird auch das größte Grubenunglück auf Concordia, die Schlagwetterexplosion vom Februar 1918, bei der 20 Bergleute ums Leben kamen, thematisiert.

Auch Christian Jung hat sich mit dem Bergbau beschäftigt. Die von ihm konzipierte Radtour „Anfahren – Mit dem Rad zur Kohle“ führt zu ehemaligen Zechen und dem was davon übrig geblieben ist. Der farbig bebilderte Beitrag ist nicht nur ein Muss für jeden Radler, sondern liefert auch allerlei Historisches und Anekdotenhaftes über die Oberhausener Zechen.

Püttgeschichte, aber diesmal anders: Am 15. November 1958 empfängt DDR-Ministerpräsident Grotewohl eine Delegation von Betriebsräten und Bergleuten aus Oberhausen. Was war geschehen? Während hier Feierschichten gefahren wurden und Kohle auf Halde lag, hatte Grotewohl der Bundesregierung das Angebot unterbreitet, mehrere Millionen Tonnen Steinkohle abzunehmen. Die Oberhausener Kumpel fühlten sich angesprochen, nahmen Kontakt zu Kollegen aus dem Ruhrgebiet auf und planten mit hunderten von Bergleuten zu Otto Grotewohl zu fahren, um den Kohlekauf durch die Bundesregierung den Boden zu bereiten. Willi Haller, der zwar nicht selbst in Berlin war, aber die Aktion mitgeplant hatte, wurde später auch wegen diesem „Vergehen“ zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Dieter Bramorski erinnert in seinem Beitrag „Kalter Krieg in Oberhausen“ an eine fast vergessene Geschichte dieser Zeit und stellt fest, dass „der Kalte Krieg nicht nur ein Phänomen ferner Hauptstädte war, sondern mit großer Härte auch in Oberhausen ausgetragen wurde.“

Außerdem im Schichtwechsel: „Vom Zink zur Kultur“, die Entwicklung des Altenberggeländes seit den 1970er Jahren, „Fundsache“, wiederentdeckte Industriefotografien aus dem Jahr 1978, „Firmengeschichte“, die Sandgräberei Dickmann in der Lipperheide, „Stolpersteine“, die erste Verlegung in Oberhausen sowie Beiträge in den Rubriken „Straßennamen“, „Denk-Mal“ und Kurzmeldungen.

Weitere informationen: www.schicht-wechsel.net

Das Journal kostet 3.-¤ und ist in Oberhausener Buchläden oder direkt bei der Geschichtswerkstatt Oberhausen erhältlich.

Geschichtswerkstatt Oberhausen, Hansastr. 20, 46049 Oberhausen
Tel. 0208-307 83 50 
info@geschichtswerkstatt-oberhausen.de


Forum Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur

i_klartext_zeitschrift_industriedenkmal_forum.jpg (ältere Ausgabe)

Die soeben fertig gestellte Frühjahrsausgabe der Zeitschrift beschäftigt sich in seinem Schwerpunkt mit "Schwere(r) Arbeit".

Editorial

Eine sinnliche Reminiszenz „schwerer Arbeit“ im Ruhrgebiet teilt sich über die rauchende Hochofenkulisse im Duisburger Norden noch heute mit. Assoziationen zu Bildern aus der Arbeitswelt von Stahlarbeitern und Bergleuten entstehen, die sich vielfach mit den über die Industriemalerei und -fotografie tradierten Ansichten von monumentalen, Feuer speienden Hochöfen und düsteren Bergwerksstollen verbinden. Hier hat der heroische Mythos von „schwerer Arbeit“ im Ruhrgebiet einen wichtigen Grund – einhergehend mit den überlieferten Erzählungen von der „ehrlichen“, körperlich-harten Arbeit, die sich an „geheimen“, für die breite Öffentlichkeit unzugänglichen Orten abspielte.

Das vorliegende Heft gibt Einblicke in „schwere Arbeit“, geht Gründen ihrer Mythologisierung und Versuchen einer kritischen Tradierung nach. Darüber hinaus wird die Vorstellung von „schwerer Arbeit“ erweitert um Beispiele aus Arbeitswelten (Automobil- und Textilindustrie), deren Arbeitsplätze gemeinhin nicht dazu gezählt werden, gleichwohl aber Anrecht auf ein solches Etikett beanspruchen können.

Die von Thomas Parent aufgezeigte Diskussion um die „Sanierung“ des Stadtteils Duisburg-Bruckhausen zeigt, die industriell hervorgebrachte Urbanität ist noch nicht ganz Geschichte geworden. Die Ambivalenzen im Umgang mit dieser „Geschichtslandschaft von hohem Denkmalwert“ sind zugleich beredter Ausdruck eines „Unbehagens in der Geschichtskultur“, das Berthold Bartel anhand von Beiträgen aus früheren FORUM-Heften zur Diskussion stellt.

INHALT

Magazin
Schwerpunkt „Schwere Arbeit“

Thomas Welskopp: Schwere Arbeit – harte Arbeit. Zur „Anerkennung“ montanindustrieller Arbeit  17
Sigrid Schneider: Feuerarbeit. Fotografie und Arbeitsdarstellungen  23
Rainer Lichte: „Wir wollten die Maloche abschaffen, nicht den Malocher …“  25
Manfred Wannöffel: Von „Schicht im Schacht“ zum „Arbeiten an der Kette“. Schwerarbeit im Ruhrbergbau vor dem Aus  30
Brigitte Schneider: Schwer herzustellen – schön zu tragen. Arbeit in der Bekleidungsindustrie des Ruhrgebiets  35
Klaus Türk: Die Heroisierung des Arbeiters. Bilder der Arbeit in der bildenden Kunst  39
Hanneliese Palm: Schaffen erst im Dunst und Qualme … Schwere Arbeit in der Literatur  46
Michael Farrenkopf: Wie „schwere Arbeit“ ausstellen? Zur Präsentation von Arbeit im Deutschen Bergbau-Museum Bochum  51
Wolfgang Staiger: „Bergarbeiter“ Beileger

Wieder gelesen
Michael A. Kanther Revier der großen Dörfer. Industrialisierung und Stadtentwicklung im Ruhrgebiet  62

Beiträge

Thomas Parent: Kein Wohnen im Schatten der Hochöfen! Grüngürtel zerstört Geschichtslandschaft  64
Karin Dahm-Zeppenfeld: Maschinenhallen im Ruhrbergbau – zum Typus eines speziellen Zechengebäudes und zur Einordnung der Maschinenhalle Zollern II/IV  66
Detlef Hopp: Der Weg in die Stadt  69
Jürgen Bacia: Das Archiv für alternatives Schrifttum (afas)  70
Berthold Bartel: Das Unbehagen in der Industriekultur. Ein Zentralbegriff im Diffusen – ein Kurzinventar  73
Herbert Niewerth: Eine Ikone der Industriekultur muss erhalten bleiben. Der Kampf um den funktionsfähigen Erhalt des Neuen Schiffshebewerks Henrichenburg  79

Veranstaltungsankündigungen
Museen und Ausstellungen
Rezensionen, Annotationen
Zeitschriftenrundschau

Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e.V./Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur (Hg.): FORUM Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Essen: Klartext Verlag 2008, ISSN: 1436-7661

Das Heft ist für 6,00 Euro zu beziehen über: www.geschichtskultur-ruhr.de

(nach Pressemitteilungen der jeweiligen Redaktionen)

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Amstetten/Österreich: Übergabe der neuen Eisenstraße-Museen-Website

In Form einer praktischen Vorführung am Museumstag 2008 navigierten die beiden Maturantinnen der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Amstetten durch die von ihnen gestaltete Website, welche den praktischen Teil ihrer Maturaarbeit darstellte. Mit wenigen Klicks gelangt der Besucher zu weiteren Informationen wie den Museumsinhalten, Öffnungszeiten, Sonderausstellungen oder Kontaktdaten der Museen. „Zusammengerechnet arbeiteten wir 350 Stunden am gesamten Maturaprojekt und sind nun schon ein wenig stolz auf das vollendete Werk“, meinte Stefanie Loibl. „Wir lernten auch sehr viel in diesem realen, für uns neuen Projektfeld, wie soziale Kompetenz durch unsere gemeinsame Teamarbeit, sowie der Zusammenarbeit mit den Museen und dem Kulturpark Eisenstraße“, fügte Simone Widhalm an.

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Dir. Marianne Schallauer bedankte sich bei Simone Widhalm und Stefanie Loibl für deren Engagement an der Gestaltung der gemeinsamen Eisenstraße-Museen Website

Wurde in den letzten Jahren die Qualität der museumspädagogischen Präsentation mit dem Kinderprogramm „Ferraculus auf Schatzsuche“, die Objekt- und Archivsichtung und -präsentation gemeinsam verbessert, steht der zukünftige Schwerpunkt nun in der Vermarktung und der weiteren Qualitätssteigerung der einzelnen Museen im Vordergrund. Mittels persönlichem Engagement von MuseumsmitarbeiterInnen, regionalen Akteuren und Vereinen, aber auch Einzelinitiativen, wie die beiden Maturantinnen, kann der begonnene, erfolgreiche Weg weiterbeschreitet werden.

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Mag. Richard Schmid, Direktor der HLW Amstetten, mit „seinen“ beiden Maturantinnen Simone Widhalm und Stefanie Loibl

(Pressemitteilung: Martin Aigner, Ybbsitz)

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Dortmund: Ausstellung „Neuer Nutzen in alten Industriebauten. Dreißig Jahre Industriedenkmalpflege in Deutschland“ zu Gast auf Zollern II/IV

Nun greift der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Geschichte der Industriedenkmalpflege in der Sonderausstellung "Neuer Nutzen in alten Industriebauten" auf. Die Wanderausstellung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland wurde am Sonntag, 20. April 2008, im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern eröffnet.

35 Motiv-Tafeln zeigen im bundesweiten Panorama Industriedenkmale, die gleichermaßen zur Zufriedenheit von Denkmalpflegern, Investoren und Nutzern ausgefallen sind. Die Ausstellung illustriert die Bandbreite der Möglichkeiten und inspiriert zum Weitermachen: in Deutschland warten noch viele solcher Industriebauten, oft besonders ansprechende Zeugnisse unserer Industriegeschichte, auf ihren "Neuen Nutzen". Als Pionierbau der Industriedenkmalpflege ist Zeche Zollern idealer Ausstellungsort für die Wanderausstellung. Die Zeche absolvierte selbst eine typische Karriere technischer Denkmale im Ruhrgebiet – vom Prestigeobjekt der Gelsenkirchener Bergwerks AG, zum unbedeutenden Pütt und schließlich abbruchreifen Relikt. 1969 bewahrte der Leiter des LWL-Amtes für Denkmalpflege und engagierter Bürgerwille die Zeche vor dem schon beschlossenen Abriss. Die Maschinenhalle der Zeche Zollern, gestaltet vom berühmten Berliner Jugendstil-Architekten Bruno Möhring, wurde als erstes Industriebauwerk in der Bundesrepublik unter Schutz gestellt. Aktuell wird die Maschinenhalle aufwendig saniert (siehe frühere Meldung).

LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5, 44388 Dortmund
20. April bis 25. Mai 2008
Geöffnet Di – So 10-18 Uhr

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