Archiv für den Tag: 3. September 2007

NRW: Ruhrtriennale am 1. September eröffnet – sechs Industriedenkmale dienen als Festspielstätten.

Was wäre für das Ruhrgebiet charakteristischer als Maschinenhallen und Werkstätten? Heute oft als hochrangige Denkmale geschätzt, bilden sie weit mehr als den Hintergrund für Musik, Tanz und Theater auf hohem Niveau. Und wer ein „Triennale-Package“ bucht, erhält selbstverständlich eine Führung durch den Veranstaltungsort; bei mehrtägigen Aufenthalten stehen Besuche in Kunst- wie in Industriemuseen auf dem Programm. Neben den Theatern in Duisburg und Bochum und dem Bochumer Casablanca-Kino sind die industriekulturellen Veranstaltungsorte von West nach Ost: Gebläsehalle und Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord; das Maschinenhaus der Zeche Carl, das Salzlager der Kokerei Zollverein und das PACT auf Schacht 1/2/8 der Zeche Zollverein, alle in Essen; die Jahrhunderthalle in Bochum sowie die Maschinenhalle der Zeche Zweckel in Gladbeck. Auf der homepage der Triennale wie im Programmheft werden die Spielorte mit ihrer Geschichte und Architektur ausführlich vorgestellt.

PACT_thomas_Mayer.jpgZeche Zollverein 1/2/8, ehem. Kaue (Foto: Thomas Mayer)

Als kleines „Extra“ bietet die homepage exklusiv eine Fotoserie mit Titel „Stahl, Natur, Licht“, mit der sich der Wiener Fotograf Stefan Liewehr künstlerisch mit industriellen Formen auseinandersetzt.

Was vor Jahren als gewagtes Experiment und Provisorium begann, die Nutzung von Industriebauten für kulturelle Großveranstaltungen, ist – nicht immer zur Freude der Denkmalpflege, die schmerzhafte bauliche Eingriffe beklagte – nicht etwa als Eintagsfliege verglüht. Sie hat vielmehr einen festen Platz in der kulturellen Landschaft erreicht und sorgt tatsächlich für den dauerhaften Erhalt vieler technischer Großbauten, für die man sich lange keine postindustrielle Nutzung vorstellen konnte und wollte. Und noch immer kommen neue Bauten als Ausstellungs- und Veranstaltungszentren dazu, wie etwa im Dortmunder Süden. Die Wirkung dieser gelungenen Umnutzungen ist inzwischen weltweit spürbar – man denke nur an die diesjährige Kulturhauptstadt Luxemburg und ihr regional ausgebreitetes Progamm.

Noch bis zum 14. Oktober können Veranstaltungen besucht werden. Information und Buchung über:

http://www.ruhrtriennale.de/

Salzl_Matthias_Baus.jpgSalzlager Kokerei Zollverein (Foto: Matthias Baus)

Montenegro: Kriegsschiffe gebraucht, günstig im Abverkauf. Der junge Staat verhökert die Reste der jugoslawischen Marine und die berühmte k.u.k-Werft von Tivat.

Nun verlassen andere Kriegsschiffe die Bucht – für immer: Montenegro, das 2006 den Bund mit Serbien verließ und unabhängig wurde, verhökert die Reste der jugoslawischen Marine. Die alte Fregatte „Koper“ wird zerlegt und in Teilen nach Libyen verkauft, das zwei Schiffe desselben Sowjet-Typs besitzt. Kolportierter Preis für das 95 Meter-Schiff: gut 385.000 Euro. Ihr Schwesterschiff „Beograd“ soll auch an Libyen gehen.
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Zwei Wachboote der „Mirna“-Klasse und die U-Boote „Heroj“ und „Sava“ sind zu haben. Ägypten interessiert sich für einen Minenleger und vier Mini-U-Boote. Bisher gab man unter anderem vier Mirnas an Kroatien und einen Minensucher an Slowenien ab. Kairo kaufte billig fünf Raketenschnellboote der „Osa“-Klasse und mehr als 70 Anti-Schiff-Raketen vom Sowjet-Typ „Styx“. Montenegros Flotte soll auf zwei Fregatten der „Koni“-Klasse und vier Raketenschnellboote schrumpfen.

Zudem verschwindet ein berühmtes Relikt der k.u.k.-Präsenz in Cattaro: Das 1889 erbaute Arsenal von Tivat, eine Marinewerft, wurde jüngst um mehr als drei Millionen Euro an den Kanadier Peter Munk verkauft. Hier liegen noch einige der Schiffe, die Montenegro loswerden will. Munk (79), ein gebürtiger ungarischer Jude, der 1944 in die Schweiz floh, will die Werft schleifen und ab September hier den luxuriösesten Jachthafen im östlichen Mittelmeer errichten.

Kopie_von_Bucht_von_Kotor_1903_AK.jpg

Weitere Informationen unter:
www.arsenal-tivat.net

 

Prag: Vom Abstellgleis in die Ausstellung – Warten auf das nationale tschechische Eisenbahnmuseum

Tschechien ist ein Land mit einer langen Eisenbahntradition. Die historischen Bahnen und Waggons, die früher über die Gleise in Tschechienfuhren, stehen heute in mehreren Depots. Es gibt keinen Ort, an dem sie ausgestellt werden können.

"Es ist ein großer Fehler und ein großer Nachteil, dass die Tschechische Republik kein eigenständiges Eisenbahnmuseum auf nationalem Niveau hat. Alle entwickelten Staaten in Europa haben ein solches Museum"

sagt Milan Sykora, Mitarbeiter des Nationalen Technikmuseums in Prag und Beauftragter für die Einrichtung eines Eisenbahnmuseums. In Berlin zum Beispiel zeigt das Technische Museum in einem ehemaligen Depot über 30 Lokomotiven und Waggons. Der Bestand historischer Eisenbahn-Exponate sollin Tschechien sogar dreimal größer sein als in Deutschland. Ein Museum gibt es aber immerhin schon auf dem Papier. Auch ein Ort wurde schon ausgemacht: ein ehemaliges Eisenbahndepot am Masaryk-Bahnhof in Prag.

 

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Bereits im Jahr 2000 fasste die tschechische Regierung den Beschluss zur Schaffung eines nationalen Eisenbahnmuseums, also vor sieben Jahren. Seitdem ist das Projekt nicht wesentlich vorangekommen.

"Wir haben die ganze Sache im Jahr 2004 schon bis zur Ausschreibung eines öffentlichen Wettbewerbs für das Museumsprojekt gebracht. Aber kurz vor der Bekanntgabe des Ergebnisses wurde das Auswahlverfahren gestoppt."

erklärt der Eisenbahnhistoriker Karel Zeithammer. Warum das ganze Verfahren gestoppt wurde, ist unklar. Journalisten vermuten, dass das attraktive Grundstück im Zentrum Prags, auf dem das Museum entstehen soll, Investoren mit anderen Plänen angelockt hat. Zudem hat der Prager Magistrat vor zwei Jahren wegen einer geplanten Änderung des Gebietsplanes einen Baustopp in der Umgebung des Masaryk-Bahnhofs verhängt. Ein weiteres Problem ist die Finanzierung des Museums. Die Regierung hatte vor sieben Jahren 300 Millionen Kronen (rund 12 Millionen Euro) für den Aufbau des Museums zur Verfügung gestellt. Seitdem sind aber die Steuern und die Preise im Bauwesen gestiegen. Heute benötigt man die doppelte Summe. Das Kulturministerium, dessen Haushalt von Kürzungen im kommenden Jahr bedroht ist, hat bereits deutlich gemacht, dass es nicht mehr Geld für das Museum bereitstellen kann. Marcela Zizkova, Sprecherin des Kulturministeriums:

"Mit diesen 300 Millionen kann gerechnet werden. Darüber hinausgibt es ja aber noch andere Finanzierungsmöglichkeiten, die genutzt werden können."

Die Leitung des Nationalen Technikmuseum hat den Optimismus aber noch nicht verloren und hofft, dass mit dem Bau des Museums Ende 2009 begonnen werden kann.

 

Andreas Wiedemann, Prag

 

 

 

Weitere Informationen über Geschichte und Zukunft der Eisenbahn in Tschechien:

Andreas Wiedemann: "Die Fahrkarten bitte!" – Vor 175 Jahren begann die Geschichte der Eisenbahn in Tschechien

Thomas Kirschner: Vom Weinberger Tunnel in die Zukunft: Prag und seine Eisenbahn