Archiv für den Monat: Oktober 2010

München/Essen: Die Zukunft der Kokerei Zollverein

Auf der EXPO REAL stellten Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montan Immobilien, Hermann Marth, Vorsitzender der Stiftung Zollverein; und Harry K. Voigtsberger, Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, das Gebäudemodell für den neuen Unternehmenssitz der RAG Montan Immobilien vor – des ersten Neubaus auf dem Kokerei-Areal. Sie werden dabei von Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft, und Jürgen Bahl, Bahl + Partner Architekten unterstützt.

Am Platz des früheren Wassermesshauses der Kokerei Zollverein will die RAG Montan Immobilien ­weitere wichtige Schritte für die Entwicklung des Büroimmobilienstandortes Zollverein vollziehen: Ab Oktober 2010 entsteht dort mit einer Investitionssumme von cirka 20 Mio. Euro (Hochbauinvestition) der neue Unternehmenssitz für rund 250 Mitarbeiter des Unternehmens. Rund 5,5 Mio. Euro fließen in die Flächenherrichtung und Erschließung des gesamten Kokerei-standortes. Damit zentralisiert die RAG Montan Immobilien ihre Verwaltungs-standorte und trägt damit zur eigenen Kostenoptimierung bei.

Gleichzeitig kann die Stiftung Zollverein ab sofort über 15 Mio. Euro für Denkmalkonservierungsmaßnahmen aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung verfügen. Nach der Grundsteinlegung für den Unternehmenssitz im Oktober entstehen nach Angaben der RAG Montan Immobilien in knapp 15 Monaten zwei Gebäudekörper mit einer gläsernen Querspange. Sie orientierten sich äußerlich an der Zollverein typischen Ziegelfachwerk-Architektur von Fritz Schupp. Das Bürogebäude im Westen des Kokereigeländes Zollverein werde Anfang 2012 bezugsfertig sein.

Auf einer Grundstückgröße von cirka 14.200 Quadratmetern entstehe eine hochwertige Büroimmobilie in zwei- bis dreigeschossiger Bauweise nach dem Greenbuilding-Standard mit 7.600 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. Generalübernehmer für das Objekt sei die Kölbl Kruse GmbH aus Essen, die Bauausführung liegt bei der Bilfinger Berger Hochbau GmbH.

O-Töne

Harry K. Voigtsberger, Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen: „Die beeindruckende Entwicklung, die das Welterbe Zollverein genommen hat, ist bei den vielfältigen Veranstaltungen der Kulturhauptstadt international deutlich geworden. Das unterstreicht die Richtigkeit der Förderpolitik der öffentlichen Hand, ohne die Zollverein so heute nicht existieren würde. Nun geht die RAG Montan Immobilien mit ihren Aktivitäten im Westen des Geländes den nächsten Schritt der Entwicklung des Welterbes Kokerei Zollverein. Das Land begrüßt diese Entscheidung.“

Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft: „Das beeindruckende Entwicklungskonzept für die Kokerei Zollverein umfasst rund 70.000 Quadratmeter Fläche zur Nutzung für Gewerbe, Produktion, Dienstleistung, Bildung, Kultur und Kunst. Und mittendrin entsteht der neue Firmensitz der RAG Montan Immobilien. Zollverein etabliert sich weiter als nationaler und internationaler Wirtschafts- und Kulturstandort und findet gleichzeitig als industriehistorisches Erbe der Region seinen Platz. Unser Engagement verdeutlicht gleichzeitig auch unsere Verantwortung für den Strukturwandel in der Region.“

Hermann Marth, Vorsitzender der Stiftung Zollverein: „Der Rohdiamant des Welterbes ist die Kokerei Zollverein. Gemeinsam mit der RAG Montan Immobilien beginnen wir nun mit der Entwicklung eines einzigartigen Immobilienstandorts. Nachdem die Flächen um den Schacht XII weitgehend vermarktet sind, ist die Bereitstellung des Kokereigeländes der richtige Schritt für die Ansiedlung weiterer mittelständischer Unternehmen auf dem Welterbe. Wie an Schacht XII, werden wir auch auf der Kokerei unsere Erfahrungen bei der Vermarktung der denkmalgeschützten Bestandsgebäude einbringen.“ Jürgen Bahl, Bahl + Partner Architekten BDA: „Die Aufgabe, im Umfeld einer solchen Architekturikone wie Fritz Schupp zu agieren, ist eine Ehre und Herausforderung zugleich. Ob wir dem mit unserem an der Backsteinarchitektur angelehnten Entwurf gerecht geworden sind, werden die Nutzer entscheiden.“

Ka­mmgebäude

Bereits 2006 erhielt die „Zunft AG“ den Chance Denkmal Award der MGG für ihren Umnutzungsvorschlag des „Kammgebäudes“ der Kokerei Zollverein.

Schwarze Seite der Kokerei Zollverein wechselt Eigentümer

Fast zeitgleich ging am 1. Oktober 2010 nach den Schachtanlagen XII und 1/2/8 der Zeche auch die „Schwarze Seite“ der Kokerei Zollverein nach eigenen Angaben in der Obhut der Stiftung Zollverein über. Die Erhaltung der Gebäude und technischen Anlagen und die denkmalgerechte neue Nutzung der Bauten auf der Kokerei seien von der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Dortmund, an die Stiftung Zollverein als neue Eigentümerin übertragen worden. Die beiden Stiftungen haben bereits in der Vergangenheit auf dem Standort zusammengearbeitet, um Veranstaltungen wie die Eröffnungsfeier zum Kulturhauptstadtjahr möglich zu machen und die Entwicklung des UNESCO-Welterbe Zollverein zu einem Standort für Wirtschaft, Tourismus, Design, Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft voran zu treiben.

Die Kokerei ist nach Ansicht der Stiftung Zollverein das versteckte Juwel des Welterbes und spiele in der zukünftigen Entwicklung von Zollverein eine tragende Rolle. Mit der Mischanlage, dem Salzlager, den Koksofenbatterien und der „blauen Allee“ sei sie als spektakuläre Ausstellungs- und Eventlocation bereits Standort zahlreicher Veranstaltungen geworden. Auch die Eisbahn, das Sonnenrad und das Werkschwimmbad trügen ihren Teil dazu bei, Zollverein auch als Ort der Naherholung zu etablieren.

Die Kokerei Zollverein entstand in den Jahren 1957-61 in räumlich-funktionaler Anbindung an den Schacht XII der Zeche Zollverein. 1964 produzierte sie erstmals ihre Höchstkapazität von 5000 Tonnen Koks pro Tag und wurde Anfang der 1970er Jahre zu einer der weltweit größten Anlagen ausgebaut. Nach der Stilllegung 1993 wurde die Kokerei Zollverein mit den Bereichen der Koksproduktion („Schwarze Seite“) und der chemischen Produktion zur Gewinnung der Nebenprodukte („Weiße Seite“) unter Denkmalschutz gestellt.

Der Erhalt der industriellen Kulturlandschaft Zollverein als ein Gesamtensemble aus Zeche und Kokerei führte im Jahre 2001 zur Eintragung der Zeche Zollverein Schacht XII und Schacht 1/2/8 sowie der Kokerei Zollverein in die UNESCO-Liste der Welterbestätten. Seitdem entwickelt sich Zollverein zu einem herausragenden Zukunftsstandort in Nordrhein-Westfalen. Die gemeinnützige Stiftung Zollverein wurde im November 1998 von der Stadt Essen und dem Land Nordrhein-Westfalen gegründet, Zustifter ist der Landschaftsverband Rheinland. Stiftungszweck und -ziel sind die Erhaltung des Welterbes und die Förderung der Kultur sowie die Entwicklung von Zollverein zu einem internationalen Kultur- und Wirtschaftsstandort. Teil der Stiftung Zollverein ist die unselbstständige Stiftung Ruhr Museum und der Aufgabenbereich der Entwicklungsgesellschaft Zollverein. 

Broschüre als Download

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Gelsenkirchen: Führer zu Werkssiedlungen erschienen

Gemeinsam mit Denkmalpfleger Konegen gab Heidemann einen Querschnitt durch die in Gelsenkirchen lehrbuchartig und in großer Zahl erhaltenen Siedlungen der 1870er Jahre bis ins späte 20. Jahrhundert. Viele Siedlungen befinden sich noch in Sammelbesitz und haben ihr einheitliches Erscheinungsbild einschließlich der Freiraumgestaltung bis jetzt bewahrt. Doch Privatisierung und Maßnahmen im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV) bedrohen die Gesamterscheinung ebenso wie zahlreiche architektonische, technische und sozailgeschichtliche Details. Die Referenten informierten über die verschiedenen Stufen des Schutzes und von der Listeneintragung als Baudenkmale bis hin zur Erhaltungssatzung. Die kostenfreie Broschüre, deren Herausgabe neben der Stadt Gelsenkirchen vom Verein „Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen e.V.­“ und der ebenfalls in der Stadt ansässigen Landesagentur „StadtBauKultur.NRW“ ermöglicht wurde, ist erhältlich bei der Stadt Gelsenkirchen (Stadtinformation unweit des Hauptbahnhofes) sowie in der bluebox, Ebertstrasse. Download als pdf

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Mönchengladbach: Industriekultur der Ruhr auf Glas jetzt im Internet

Einzigartige Schätze stellen die über 12.000 leuchtenden, monumentalen Werke der Glasmalerei dar, die in der gesamten Metropole Ruhr in rund 1.000 sakralen und profanen Gebäuden wie Rathäusern, Schulen, Bahnhöfen, Verwaltungsgebäuden begegnen. Sie erzählen von der Geschichte und Kultur der Menschen, von Bergbau, Industrialisierung, Zuzug der Gastarbeiter, Bevölkerungswachstum, Kriegszerstörung, Wiederaufbau und Modernisierung. Sie belegen ein intensives Leben in christlicher Tradition. Außergewöhnlich sind die figurativen Darstellungen sowohl in katholischen wie evangelischen Kirchen. Glasmalereien in Rathäusern repräsentieren Wohlstand und Stolz einer engagierten Bürgerschaft.

Als demokratische Kunst dokumentiert die untrennbar mit der Architektur verbundene Glasmalerei wie keine andere das Gedankengut der Vorfahren, schafft Identität und Heimatbewusstsein, haben doch viele in Diskussionen um das Bildthema gerungen, ob im Ratssaal die ausgewählten ­Berufsgruppen repräsentativ bzw. die dargestellten Bürgertugenden für das Gemeinwohl aussagekräftig genug seien, oder ob der theologische Inhalt den Vorstellungen der Kirchengemeinde entspreche.

Glasmalereien entstanden als Teamwork zwischen Auftraggeber (ein Einzelner oder ein Gremium), Entwerfer, Architekt und Kunsthandwerker. Durch die herangezogenen einheimischen, nationalen und internationalen Künstler spiegeln die Werke der Glasmalkunst in der Metropole Ruhr die ganze Palette künstlerischer Ausdruckformen vornehmlich der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Denn die meisten Werke entstanden im Zuge des Wiederaufbaus nach den schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und werden nach wie vor zur Verschönerung der Lebenswelt und als Zeugnisse der Geschichte in Auftrag gegeben. Damit ist die junge Glasmalerei-Landschaft der Metropole Ruhr in ihrer Quantität und Modernität europäisch einmalig.

Sämtliche Glasfenster wurden von der Stiftung Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e.V. in eine Datenbank eingestellt und sind allen Interessierten über das Internet zugänglich. Das Land NRW hat das Projekt aus Mitteln des Substanzerhaltes unterstützt.

Fenster_GE.jpgEingangsfenster des 1978 abgebrochenen Gelsenkirchener Hauptbahnhofs, Thema "Die fünf Säulen der Gelsenkirchener Wirtschaft" (Franz Marten, 1949), jetzt an Geschäftshaus

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Oberhausen: Der „LVR-Industriearchäologische Park“ St. Antony ist fertig gestellt

Der Entwurf der in Essen und Berlin ansässigen Architekten Frank Ahlbrecht und Hermann Scheidt war Anfang 2008 in einem Wettbewerb ausgewählt worden (industrie-kultur-Meldung). Die Verschiebung der zunächst für Juni 2010 angesetzten Eröffnung erwies sich als Glücksfall; weil die Überdachung noch nicht montiert war, entging sie Schäden durch umstürzende Bäume während der Frühjahrsstürme des Jahres 2010. Zur Extraschicht am 19. Juni wurde der Besuchersteg durch die Ausgrabungen eröffnet. Über den Steg wird der Besucher durch die Ursprünge der Eisen- und Stahlindustrie geführt werden.

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Dank moderner 3-D-Animationen und Schautafeln wird das zunächst verwirrend erscheinende Gemenge von Mauerresten und Fundamenten für den Besucher aufgeschlüsselt. Nicht nur die Gesamtanlage wird dabei gemäß verschiedener historischer Zeitpunkte wieder lebendig, auch einzelne Anlageteile wie ein Hochofen, ein Kupolofen, ein Kesselhaus und eine Gießerei werden entsprechend ihrer tatsächlichen Entwicklung hochgezogen, umgebaut und abgerissen. Die Bildschirmanimationen werden bis zur endgültigen Fertigstellung des Parks bereits jetzt im Museum St. Antony zu sehen sein.

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Mitte August konnte schließlich Teil eins des tonnenschweren Stahldaches mit schwerem Gerät und viel Fingerspitzengefühlt über die archäologisch ausgegrabenen Reste der Produktionslagen der ehemaligen Eisenhütte aufgesetzt werden, die als die Keimzelle der Ruhrindustrie gilt. Der eindrucksvolle Überbau aus insgesamt über 320 miteinander verschraubten Stahlblechplatten bringt über 73 Tonnen auf die Waage und wird, wenn auch die zweite Dachhälfte montiert ist, 900 Quadratmeter überspannen. Die Konstruktion des futuristischen Stahldachs, das den LVR-Industriearchäologischen Park wie eine Muschel überspannen wird, ist nach Angaben der Bauherren innovativ und ausgefallen und wurde in der Praxis bisher noch nie erprobt. Die Baumaßnahmen erfordern daher eine besonders gründliche Vorbereitung, so dass manche Berechnungen mehrfach geprüft werden mussten. Der lange Winter hat zudem zu erheblichen Bauverzögerungen von insgesamt fast drei Monaten geführt. Industriearchäologie im engeren Wortsinn spielt auch im Ruhrgebiet eine zunehmend bedeutendere Rolle. Auf einer regionalarchäologischen Tagung in Duisburg ("Archäologie im Ruhrgebiet“) waren den Ausgrabungen auf dem Essener Krupp-Areal eigene Vorträge gewidmet.

Weitere Informationen zum Museum St. Antony-Hütte hier ­

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