Berlin: Ausstellung zur Werbe- und Industriegraphik in der DDR im „Museum der Dinge“

Obwohl Produktwerbung im Sozialismus keine Rolle mehr spielen sollte, bedurften auch hier Verpackungen und sonstige Orte der Selbstdarstellung einer Gestaltung. Auch auf Markennamen – ein klassisches Instrument kapitalistischer Käuferbindung – konnte und wollte man nicht verzichten. Auf konsum- und reklamegewohnte Westbürger wirkten sie jedoch oft unentschlossen und widersprüchlich…

Das „Museum der Dinge“ des Werkbundarchivs in Berlin präsentiert eine Ausstellung, die sich mit Entwicklung, Erscheinung und Zielen der Gebrauchsgraphik in der DDR beschäftigt. In der Ausstellung „Masse und Klasse. Gebrauchsgrafik in der DDR“ , so berichten Medien, zeige das Museum Gestaltungen für Bücher, Zeitschriften und Schallplatten sowie für Produktverpackungen, Reklame und Plakate – gebrauchsgrafische Arbeiten, die, massenhaft produziert, den visuellen Alltag der DDR prägten.

Die Ausstellung gehe der Frage nach, was diesen Teil der ästhetischen Kultur in der DDR charakterisiert hat. Welche Bilder, Schriften, Materialien und Farben fanden Verwendung; welche Eigenheiten und Qualitäten sowie Bezüge zu internationalen Trends lassen sich erkennen?

Gezeigt und auf unterschiedliche Qualitäten hin befragt werden sowohl ausgewählte Gestaltungen für den Konsumbereich – oft anonyme Arbeiten wie Verpackungen und Werbungen – als auch namhafte Entwürfe für kulturelle Auftraggeber, wie etwa Buchreihen oder Plakate.

„Masse und Klasse. Gebrauchsgrafik in der DDR“ stelle exemplarisch Akteure und Arbeitsstrukturen vor und spürt den Möglichkeiten und Grenzen des Grafikdesigns in der DDR nach. So thematisiert die Ausstellung das Improvisieren in einem durch knappe Ressourcen geprägten und von politischen Forderungen beeinflussten Arbeitsumfeld.
Die Ausstellung untersucht mit einem differenzierten Blick auf die verschiedenen Bereiche der Gebrauchsgrafik verbreitete Einschätzungen zur Alltagsästhetik in der DDR – die oftmals als „grau“ oder „blass“ beschrieben wird. Während die Buch- und Plakatgestaltung im In- und Ausland zum Teil Anerkennung fand, wurde die oftmals reduzierte Gestaltung für Produktverpackungen für den DDR-Binnenhandel – die systembedingte Gebrauchswertorientierung – als wenig erfolgreich eingeschätzt. Den ständig bestehenden Vergleich mit den stark differenzierten und ästhetisierten Konsumgütern der BRD konnten diese zumindest bei einer breiten Konsumentenschicht nicht standhalten.

Dabei sei es interessant, den „blassen“ Osten nicht nur vor der Folie des „goldenen“ Westens zu betrachten, sondern eine andere Bewertung der Produktgestaltung der DDR zur Kenntnis zu nehmen: Die reduzierte Gestaltung der Waren wurde aus westlicher Sicht zum Teil als puristisch geschätzt und als Kritik an der eigenen, als wenig nachhaltig und zu modisch empfundenen Konsumkultur genutzt. Auch das heute zu beobachtende Interesse an DDR-Gestaltung basiert nicht nur auf (n)ostalgischen Gefühlen, sondern ist vor dem Hintergrund aktueller Nachhaltigkeitsdebatten, Do-it-yourself- und Repair-Kulturen zu verstehen.

Die Ausstellung „Masse und Klasse. Gebrauchsgrafik in der DDR“ wird gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Zur Website des Museums
http://www.museumderdinge.de/ausstellungen/sonderausstellung