Bochum: Tagung „Der Steinkohlenbergbau in Boom und Krise nach 1945“ am Deutschen Bergbau-Museum

Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum lädt ein zur Tagung „Der Steinkohlenbergbau in Boom und Krise nach 1945 – Das Ruhrgebiet als Vergleichsfolie für Transformationsprozesse in der Schwerindustrie“ im März 2017. Vortragsanmeldungen sind bis zum 30. Juni 2016 möglich…

„Tiefgreifende strukturelle Transformationen kennzeichneten den Entwicklungsprozess des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr nach 1945. Nachdem der Ruhrbergbau bis 1951 zunächst den alliierten Besatzungsbehörden unterstellt war, erfolgte durch die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl die Integration der deutschen Steinkohlen- und Stahlindustrie in den europäischen Wirtschaftsraum. Der Überwindung der Folgen des Zweiten Weltkriegs folgte, im Anschluss an eine kurze Phase des Booms, die Kohlekrise von 1958. Diese bildete den Auftakt zu einer Dekade, die als „Satteljahrzehnt“ des Ruhrbergbaus gelten kann. So wandelte sich der deutsche Steinkohlenbergbau in den 1960er Jahren von einer boomenden Industrie zu einem schrumpfenden Wirtschaftssektor, dem in der Bundesrepublik dennoch eine Sonderstellung zukam: Während die Bedeutung der Steinkohle gegenüber anderen Energieträgern abnahm, erlangten Bergbautechnik und Montanwissenschaften zugleich international eine bis heute führende Stellung. Unterdessen wurden aufgrund der regionalen Dominanz der Montanindustrie die Rationalisierungsmaßnahmen von staatlichen Subventionen und Hilfen von Land und Bund begleitet, um die sozialen und ökonomischen Folgen des Strukturwandels für das Ruhrgebiet abzufedern. Auch die übrigen europäischen Reviere hatten mit krisenhaften Erscheinungen zu kämpfen, wobei sich die Reaktionen der beteiligten Akteure transnational und -regional unterschieden.

Vor diesem Hintergrund will sich die Tagung, die vom 22. bis zum 24. März 2017 in Bochum stattfindet, mit dem Ruhrbergbau und den Reaktionen der verschiedenen Akteure auf die Herausforderungen durch die sich wandelnden Rahmenbedingungen nach 1945 auseinandersetzen. Von Interesse sind hierbei sowohl die unternehmerischen und technischen Entwicklungen, als auch die gesellschaftlichen und sozio-ökonomischen Transformationsprozesse, die sich zu dieser Zeit an Ruhr, Emscher und Lippe vollzogen. Die Tagung hat zudem die Absicht, diese Transformationsprozesse vergleichend zu betrachten. Beiträge, die die unten genannten Fragestellungen für andere Industrieregionen oder schwerindustrielle Branchen thematisieren und geeignet sind, die Entwicklungen im Ruhrbergbau in einen breiteren internationalen Kontext einzubetten, sind willkommen. Die Tagung wird im Rahmen des von der RAG-Stiftung geförderten Projekts „Vom Boom zur Krise: Der deutsche Steinkohlenbergbau nach 1945“ am Deutschen Bergbau-Museum Bochum veranstaltet.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Wirtschafts-, Unternehmens-, Technik-, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte sowie aus benachbarten Disziplinen sind eingeladen, Abstracts zu folgenden Themen und Fragestellungen einzureichen:

– Welche Akteure und Institutionen waren von den Transformationsprozessen betroffen und/oder trieben diese aktiv voran?

– Wie wirkten sich die im Wandel begriffenen Rahmenbedingungen und der Wechsel zwischen Phasen des Booms und krisenhaften Perioden auf die unternehmerischen Strategien im Ruhrbergbau und anderen Revieren aus?

– Wie gingen die Akteure im Bergbau mit der nachlassenden Bedeutung des Rohstoffs Steinkohle für die Wirtschaft um? Wie wirkte sich die veränderte Rolle auf das Selbstverständnis der Akteure im Ruhrbergbau und anderswo aus?

– Welchem Wandel waren die Organisation in den Betrieben sowie die Arbeit über und unter Tage unterworfen? Welche Wechselwirkungen zwischen den Veränderungen im Betrieb und wirtschaftlichen oder politischen Einflüssen lassen sich beobachten?

– Welche Strategien der Mechanisierung und der Automatisierung wurden im Steinkohlenbergbau verfolgt? Welchen Einfluss hatten die sich wandelnden Rahmenbedingungen auf die Entscheidungen der Akteure?

– Lassen sich in verschiedenen Revieren spezifische Innovationskulturen identifizieren?

– Wie veränderte die Einbettung in die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl die Rahmenbedingungen der Akteure im europäischen Steinkohlenbergbau? Wie wirkte sich das veränderte Handlungsumfeld auf unternehmerische Strategien, die Binnenbeziehung beteiligter Akteure, die Innovationstätigkeit oder die Organisation der Arbeit aus?

– Wie gestaltete sich das Verhältnis zwischen den einzelnen Revieren und ihren Akteuren unter den Einflüssen von Boom und Krise?

– Wie lassen sich die wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen und sozio-ökonomischen Entwicklungen im europäischen Steinkohlenbergbau und die unternehmerischen Entscheidungen methodisch und theoretisch fassen?

Bitte senden Sie Ihr Abstract (max. 500 Wörter) und ein kurzes CV in einem zusammenhängenden Dokument (PDF) bis zum 30.06.2016 an
juliane.czierpka@bergbaumuseum.de

Über die Annahme der eingegangenen Vorschläge werden die Referentinnen und Referenten bis zum 31.07.2016 informiert. Bei Annahme erbitten wir bis zum 15.01.2017 die Zusendung eines etwa 20-seitigen Manuskripts zur Veröffentlichung in einem Tagungsband. Die Manuskripte werden den Teilnehmenden im Vorfeld der Konferenz zur Verfügung gestellt und auf der Tagung von den Vortragenden in Form von etwa 15- bis 20-minütigen Redebeiträgen zur Diskussion gestellt. Die Veröffentlichung des Tagungsbandes soll im vierten Quartal 2017 erfolgen. Nach der Tagung wird den Beiträgerinnen und Beiträgern noch die Möglichkeit gegeben, die Diskussionsergebnisse in die Manuskripte einzuarbeiten.

Die Teilnahme von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern ist ausdrücklich erwünscht. Die Reise- und Übernachtungskosten der Konferenzteilnehmerinnen und Konferenzteilnehmer können übernommen werden.

Information:
Juliane Czierpka
Deutsches Bergbau-Museum Bochum
Herner Str. 45, 44787 Bochum
+49 (234) 968 4134
juliane.czierpka@bergbaumuseum.de
www.bergbaumuseum.de