Archiv für den Monat: November 2010

Rheinfelden: Abbruch des historischen Wasserkraftwerks hat begonnen

­IG pro Steg-Vorstandsmitglied Beretta scheibt dazu:

Sehr geehrte Damen und Herren, Energiedienst hat auf Mittwoch, den 3. November 2010 den Beginn des Abrisses des potenziellen Weltkulturerbes Kraftwerk Rheinfelden angekündigt. Es erfolgt zuerst der Abriss des Pförtnerhauses, dann wird das Dach abgedeckt und dann Maschinengruppe um Maschinengruppe herausgehoben. Angeblich werden die historischen Maschinen mit Ausnahme eines einzelnen Exemplars der Verschrottung zugeführt.

Heute, am 2. November 2010, hat ICOMOS International einen Aufruf zu einem zweijährigen Abrissmoratorium versandt, verabschiedet wurde die Resolution letzte Woche in Dublin/Irland auf Vorschlag der Nationalkomitees von Deutschland und der Schweiz (Siehe www.icomos.de (unter "Nachrichten") und http://www.icomos.ch/aktualitaeten.html.)

Am 20.10. hat der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg das Wirtschaftsministerium auf ein Stillhalteabkommen hingewiesen. Dieses wurde nicht zur Eigentümerin Energiedienst AG weitergeleitet. Das Wirtschaftsministerium sieht keine Veranlassung für ein Stillhalteabkommen, so die Badische Zeitung vom 3.11.2010:

„Auf Nachfrage der BZ verlautete aus dem Büro des Petitionsausschusses, dass ein solches Stillhalteabkommen "lediglich internen Charakter" habe und sich auf das Verhältnis zwischen dem Ausschuss und den Behörden beziehe. Ein Stillhalteabkommen gilt generell, das heißt aber, dass es Ausnahmen gebe, entweder wenn die Rechte Dritter berührt sind oder etwa Gefahr im Verzug ist. Dies zu beurteilen obliegt im Fall des alten Kraftwerks dem Wirtschaftsministerium. Dieses sieht aber "keine Veranlassung für ein Stillhalteabkommen", erklärte am Donnerstag ein Sprecher. Ein solches sei nur dann zulässig, wenn es sich eine landeseigene Angelegenheit betroffen sei. Dies sei hier eindeutig nicht der Fall: Der Neubau des Kraftwerks Rheinfelden sei ein privates Vorhaben.“

… dies auch wenn die Hauptaktionärin der Muttergesellschaft EnBW der Zweckverband der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke – ein Verband in öffentlicher Hand – ist.

Das Schweizer Fernsehen hat uns heute abend die Gelegenheit gegeben, diese Neuigkeiten live zu verbreiten (sehr empfehlenswert!). Beachten Sie im Fernsehbeitrag das Transparent „Rheinfelden schreibt Geschichte – so oder so“. 1916 wurde ein Bombenattentat auf das Kraftwerk vereitelt, das Kraftwerk blieb stehen. Heute planen die beiden Städte den „Energieweg“. Bringen sie zusammen mit der Eigentümerin wirklich die Energie auf, die Menschheit eines industriellen Weltkulturerbes zu berauben?

Mit besten Grüssen

Kurt Beretta

Zur Website der IG pro Steg

Angebot des SWR mit Bildern, Interviews und Filmen zum Kraftwerk Rheinfelden

Rheinfelden_Flussseite.450.jpg(Fotos: Christian Bedeschinski, Berlin, 23. Nov. 2010)

Bonn: Fotoausstellung „Mitch Epstein – State of the Union“ im Kunstmuseum Bonn

­Die ab 1973 „Recreation American Photographs“ betitelte Serie steht in der besten Tradition der amerikanischen„Street Photography“ und schildert Alltagssituationen, unspektakuläre Freizeitaktivitäten und Momente der Muße, die dennoch Grundsätzliches über das Leben in den USA der 70er und 80er Jahre aussagen. Gerade in der Zufälligkeit der Begegnungen und Motivkonstellationen dokumentiert sich nämlich die Offenheit einer – vielleicht ein wenig aus den Fugen geratenen – pluralistischen Gesellschaft, deren Freizügigkeit Jahrzehnte später verloren gegangen zu sein scheint. Dies zumindest lässt die zweite in Bonn präsentierte Fotoserie mit dem Titel „American Power“ (ab 2003) vermuten.Sie lenkt den Blick auf einen der zentralen Machtfaktoren Amerikas, auf die Energieindustrie, die nicht nur in die Gesellschaft, sondern auch in die Natur eingreift und beide verändert. Dominant und alle Proportionen sprengend schieben sich Kühltürme und Raffineriegebäude in das Bild und degradieren alles andere zur Marginalie.Dies gilt auch für den Fotografen selbst, der nicht mehr -wie in "Recreation" in den Strom der Ereignisse integriert ist. In "American Power" tritt er einer Macht gegenüber, die ihn – in Gestalt eines hochgerüsteten Wachpersonals – mindestens ebenso argwöhnisch beobachtet, wie er es selber tut. So versammelt die Ausstellung mit den genannten Serien zwei sehr unterschiedliche Gesichter Amerikas, wobei es Mitch Epstein sowohl in Recreation als auch in American Power gelingt, das Gesehene in ikonisch dichte und jeder Zeit aussagekräftige Fotografien zu fassen. Das Kunstmuseum Bonn startet mit dieser Ausstellung zugleich eine neue Reihe, die zentrale Positionen der amerikanischen Fotografie seit den 70er Jahren in umfassenden Einzelausstellungen zeigt. Im zweijährigen Rhythmus werden das Werk von Lewis Baltz, Joel Sternfeld und dem jüngst verstorbenen Larry Sultan präsentiert. Hintergrund und Motivation dafür sind, dass das Oeuvre der genannten Künstler anders als beispielsweise bei William Eggleston oder Stephen Shore in seiner Bedeutung für die Entwicklung der künstlerischen amerikanischen Fotografie in Deutschland bislang institutionell nicht oder nicht genügend gewürdigt wurde.

Zur Ausstellung erscheinen im Hatje Cantz Verlag ein großformatiges Katalogbuch mit Teten von Stephan Berg, Christoph Schreier, Stefan Gronert und Gisela Parakso wie eine fotografische Edition des Künstlers (näheres).

Mitch Epstein – State of the Union

11.11.2010 bis 23.01.2011

Kunstmuseum Bonn Museumsmeile Friedrich-Ebert-Allee 2 53113 Bonn Tel.+49(0)228776260,Fax -6220 kunstmuseum@bonn.de

Folder als Download

www.kunstmuseum-bonn.de

Epstein_Gavin_Coal_Power_Plant__2003.450.jpgMitch Epstein, Gavin Coal Power Plant, 2003

Dortmund: Bild- und Tonausstellung „ Struktur und Architektur | Das postindustrielle Kulturerbe Oberschlesiens“ im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern

­Zechen, Kokereien, Hütten und Kraftwerke – genau wie das Ruhrgebiet war Oberschlesien Jahrzehnte durch die Bauten der Montanindustrie geprägt. Bis 1989 haben die In-dustriekomplexe im heutigen Polen die Zeiten nahezu unbeschadet überdauert. Seither ist die Region tief greifenden Veränderungen unterworfen. Viele Werke mit beeindruckender Industriearchitektur, die vorwiegend noch aus deutscher Zeit stammt, wurden bereits stillgelegt oder abgerissen. Eine Fotoausstellung im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern setzt dem industriellen Erbe ein künstlerisches Denkmal.

"Struktur und Architektur – Das postindustrielle Kulturerbe Oberschlesiens" heißt die Schau, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Sonntag, 14. November, um 11 Uhr auf der "Galerie Industriearbeit" in der ehemaligen Zechenwerkstatt eröffnet (bis 1.5.2011). Fotograf Thomas Voßbeck von der Berliner Gemeinschaft "Europareportage" hat die Orte der Montanindustrie und weitere historische Bauten wie Stellwerke und Schleusen mit der Kamera aufgesucht. Durch Bildkomposition und Lichteinfall hat er Hallen und Maschinen in Szene gesetzt. Auf den 46 großformatigen Farbfotografien, die jetzt in Dortmund zu sehen sind, werden dem Betrachter aus dem Ruhrgebiet manche Motive fast bekannt vorkommen, zum Beispiel die Elektro-Fördermaschine der Zeche Wieczorek in Kattowitz (Katowice), die an das Pendant auf der Zeche Zollern erinnert, oder die Odertal-Kokerei in Deschowitz, ein Bauensemble im Stil der Neuen Sachlichkeit, das die Zollverein-Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer entworfen haben.

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Kraftwerk Zabrze, Leitstand

Das Projekt "Struktur und Architektur" wurde von Europareportage und dem Deutschen Kulturforum östliches Europa in Zusammenarbeit mit dem Schlesischen Museum Katowice realisiert. Dr. Doris Lemmermeier, Direktorin des Kulturforums, und der polnische Museumsdirektor Leszek Jodlinski werden bei der Ausstellungseröffnung am Sonntag Grußworte sprechen. "Wir freuen uns, dass wir mit dieser Ausstellung unsere deutsch-polnische Kooperation fortsetzen können", erklärte Dr. Thomas Parent, stellvertretender Direktor des LWL-Industriemuseums, am Freitag (12.11.) bei der Vorstellung der Schau in Dortmund. Bereits seit Jahren gibt es einen regen Austausch. So wird zur Zeit die Fotoausstellung "Montanrevier" des Industriemuseums in der Akademie der Künste in Kattowitz gezeigt.

Das Begleitbuch enthält neben Fotografien auch eine CD mit Klangkompositionen von Richard Ortmann, der die Industriegeräusche Oberschlesiens aufgezeichnet hat, bevor sie durch den Strukturwandel verschwinden werden:

Europareportage (Hg.): Struktur und Architektur. Das postindustrielle Kulturerbe Oberschlesiens. Deutsch-polnischer Bildband mit Fotografien von Thomas Voßbeck und einer CD des Klangkünstlers Richard Ortmann, 200 Seiten. Mit Beiträgen von Krzysztof Karwat, Uta C. Schmidt, Dawid Smolorz, Joanna Tofilska, Albrecht Tyrell und Dariusz Walerjański, Preis: 19,80 Euro, ISBN 978-3-936168-57-0

Struktur und Architektur – Das postindustrielle Kulturerbe Oberschlesiens

Fotografien von Thomas Voßbeck
14.11.2010 bis 1.5.2011

LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5, 44388 Dortmund
Geöffnet Di – So 10-18 Uhr  

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Grube Rozbark, Lohnhalle

Weitere Abb. hier