Archiv für den Tag: 13. Juli 2010

Augsburg: Fünfte Architekturwoche ab 17. Juli mit dem Thema „Umbruch.Abbruch.Aufbruch“

Basislager während der Fünften Architekturwoche A5 in Augsburg ist die Alte Schmiede auf dem Gelände der ehemaligen Augsburger Kammgarnspinnerei (siehe ik-Meldung). Hier wird der „ArchitekturClub“ installiert. Er ist zentraler Identifikationsort und Treffpunkt, Ausstellungsort und Bühne, Bar und Club vom Eröffnungs- bis zum Abschlussabend. Den Besucher erwarten täglich abends multimediale Inszenierungen, Konzerte, Vorträge und Diskussionen zu Vergangenheit und Zukunft der Stadt.

Mehr als 20 Veranstaltungen werden in Augsburg das Leitmotiv der A5, „Umbruch.Abbruch.Aufbruch" beleuchten. Im Focus stehen das Textilviertel und die Innenstadt, die beide tiefgreifenden Veränderungsprozessen unterliegen. Ein in Augsburg unausweichliches Thema kommt hinzu: Welche Haltungen können gegenüber alter Bausubstanz eingenommen werden? Drei große Themenabende zu Textilviertel, Königsplatz und zum Denkmalschutz werden durch Spaziergänge, Führungen, Exkursionen und eine Fahrradtour ergänzt. Am letzten Tag werfen wir einen Blick über den Tellerrand: Film und Diskussion über das urbanistische Projekt Masdar-City bei Abu Dhabi.

Das Theater Augsburg zeigt noch einmal in Auszügen seinen Erfolg „Die Weber von Augsburg“. Außerdem sind spannende musikalische und visuelle Projekte zu erleben.

Die Fünfte Architekturwoche wird am Samstag, 17.Juli um 20 Uhr mit der Verleihung des thomaswechspreises für herausragende schwäbische Architektur in der Alten Schmiede eröffnet. Hier in der Schmiede findet die A5 auch ihr Ende mit einem Abschlussfest am 23. Juli ab 21.30 Uhr.

Mit der Architekturwoche soll eine lebhafte und kontroverse Diskussion über Architektur und Stadtplanung gerade über die Fachkreise hinaus angeregt werden, um unterschiedlichen Sichtweisen der derzeitigen Baukultur ein Forum zu bieten. Nicht nur Architekten, Stadt- und Landschaftsplaner sollen zu Wort kommen. Durch die Auseinandersetzung mit anderen Disziplinen wie der Soziologie, der Kunst, Musik oder der Literatur werden ungewöhnliche aber auch fruchtbare und anregende Diskurse ermöglicht.

Ehrenamtlich tätige Architekten, Landschaftsarchitekten, aber auch Kunsthistoriker oder Publizisten haben ein überraschendes Programm zusammengestellt. Unterstützt wurden sie von städtischen, staatlichen, gemeinnützigen und privatwirtschaftlichen Projektpartnern, die – ebenso wie die Kooperationspartner – mit eigenen Projekten das Programm mitgestaltet und bereichert haben. Ohne dieses Engagement wäre ein so umfassendes Angebot nicht denkbar.

Programm sowie weitere Informationen hier

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Duisburg: Protest gegen Abbruch der „Stahlstadt“ Bruckhausen formiert sich

­­Hier der Appell im Original:

­Liebe Kolleginnen und Kollegen, ­­

liebe Freundinnen und Freunde der Industriegeschichte und des Duisburger Nordens, im Jahr der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 beginnt die Stadt Duisburg mit dem Abriss eines in seiner historischen Bedeutung herausragenden Stadtteils im Duisburger Norden. Am 12. Juli soll mit dem Abriss von 15 Häusern begonnen werden. Wir fordern Sie hiermit auf, gegen diesen Akt des hoheitlichen, städtebaulichen Vandalismus offiziell zu protestieren. Bitte richten Sie Ihre Proteste an den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg Adolf Sauerland unter: oberbuergermeister@stadt-duisburg.de­ sowie an den Stadtentwicklungsdezernenten Jürgen Dressler unter: j.dressler@stadt-duisburg.de Das als "Problemstadtteil" geltende Bruckhausen ist absichtsvoll jahrelangem Verfall preisgegeben worden, nun soll der dem ThyssenKrupp Stahlwerk zugewandte erste Block des Stadtteils mit rund 200 Häusern dem Erdboden gleichgemacht werden, um einem mit dem Euphemismus "Grüngürtel" bezeichneten, bisher nur unklar geplanten, so genannten "Landschaftsbauwerk" zu weichen, das den Abstand  zwischen städtischer Bebauung und Stahlwerk vergrößern soll. Nur ein paar wenige der historischen Gebäude sollen wie in einem Stahlstadt-Disneyland im Park neben einer Gestaltung, die hauptsächlich aus modischen rostigen Stahlwänden besteht, stehen bleiben. Bruckhausen ist ein deutscher Erinnerungsort, der die Geschichten gleich mehrerer Epochen im Kleid einer zu sehr großen Teilen erhaltenen gründerzeitlichen Stahlstadt bürgerlicher Prägung erzählt. Das Stahlwerk und die auf das Werk ausgerichtete und planvoll angelegte Stadt bilden das inzwischen beinahe einzigartige Ense­mble einer typischen Ruhrgebietsstadt der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Stadtwerdung Bruckhausens vollzog sich in rasanter Geschwindigkeit gewissermaßen aus dem Nichts in den 1890er bis 1910er Jahren, beginnend mit der "Gewerkschaft Hamborn" später "Gewerkschaft Deutscher Kaiser". Zunächst nur Zeche lässt August Thyssen ab 1890/91 auf Bruckhausener

Gebiet ein Hütten- und Stahlwerk sowie eine Kokerei bauen. Diese Werke brauchen Menschen, viele Menschen und sie müssen in unmittelbarer Nähe wohnen, Arbeiter wie leitende Angestellte. Es gibt wunderbare Fotos aus dieser Zeit: Eine Stadt, die direkt vor der Industriekulisse wächst, mit Mietskasernen, Bürgerhäusern und Geschäften, "klassische" Ruhrgebietsansichten, wie es sie heute, wo die Industrie stirbt oder sich zumindest von den Wohnvierteln zurückzieht, kaum noch gibt. Aus nicht wenigen dieser Bilder spricht Euphorie; Pioniergeist, das Bewusstsein, ein gewaltiges Werk zu schaffen. Zeitungstexte ziehen Vergleiche mit Amerika, neue Technik schafft neue Städte, eine neue Gesellschaft entsteht, Menschen kommen von überall her, sprechen die unterschiedlichsten Sprachen. Diese neuen Städte sind Symbole des Fortschritts. Der Stolz der Bürger drückt sich in den Fassaden der Häuser aus, die mit viel Aufwand geplant werden. Bruckhausen ist Erinnerungsort der Gründung der modernen Industriegesellschaft.

Im zweiten Weltkrieg wurde das direkt am Werk liegende Bruckhausen nur wenig zerstört und konnte einen großen Teil des gründerzeitlichen Stadtbildes bis in die Gegenwart retten auch wenn oder sogar weil es in der Folgezeit zu einem vernachlässigten Stadtteil wurde. In den 70er Jahren erlebte Bruckhausen einen starken Zuzug von "Gastarbeitern" vor allem türkischer Herkunft, für viele Migranten war es die erste Heimat in Deutschland und ist es bis heute. Die Heimat von Menschen, die aus fernen Ländern zu uns gekommen sind und Teil unserer Geschichte wurden. Es ist Erinnerungsort für die Geschichte der Migration in Deutschland. In den 1980er Jahren war Bruckhausen als "Problemstadtteil" mit dem "Ortsheriff" Hans-Raulien ("Rauliens Revier", Agneskircher 1994) und als Wohnort des "Türken Ali" alias Günther Wallraff bekannt geworden. Bruckhausen erfuhr nicht nur durch den Titel des Buches eine Verortung als "Ganz unten". Auch Schimanskis Schmuddeltatorte liehen sich gern Bruckhausener Kulissen und verfestigten das Bild des Stadtteils als "Slum", als schmuddeligstem, aber auch typischstem aller Ruhrgebietsviertel. Bruckhausen ist Kristallisationspunkt des Gedächtnisses, Erinnerungsort des Mythos vom "hässlichen" Ruhrgebiet mit seinen ehrlichen, herzlichen, einfachen Menschen. In den letzten Jahrzehnten sind viele öffentliche Fördergelder in den Stadtteil geflossen und haben bewirkt, dass das Leben in Bruckhausen viel lebenswerter geworden ist. Wer mit offenen Augen durch die Straßen läuft, sieht die wunderbaren Gründerzeit- und Jugendstilfassaden, bemerkt das viele Grün, die vielen Kinder. Slums sehen anders aus. Aber auch die heruntergekommenen Fassaden sind Teil unserer Geschichte wie ihre erfolgreiche Wiederbelebung Teil unserer Geschichte werden könnte. "Wohnen im Schatten der Hochöfen" wäre heute bei Beachtung strenger Umweltmaßnahmen nicht mehr ungesund. Wir sollten Lehren aus der Vergangenheit ziehen und erkennen, wie wichtig es ist, Veränderungen sensibel und mit Verstand vorzunehmen. Noch sind die alten Häuser zu retten. Kreativere Ansätze als Abriss und Grünflächengestaltung könnten Bruckhausen zu einem lebendigen Zeugnis einer großen Epoche machen. Während plötzlich alle Welt "Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt" singt und die Industriekultur gefeiert wird, wissen wir tatsächlich wenig über die Epoche der Industrialisierung, ihre Erforschung beginnt gerade erst. Handeln wir heute nicht, werden wir eines Tages die Verluste beklagen, wie wir heute den Wahnsinn der Abrisswut der 60er und 70er Jahre erkennen und die Wunden sehen, die unseren Städte damals beigebracht wurden. Neben Bruckhausen sind auch kleinere Teile des Nachbarstadtteile Marxloh und Beeck durch den "Grüngürtel" bedroht. Sollte das "bundesweit einmalige Sanierungsprojekt" erfolgreich durchgeführt werden, steht zu befürchten, dass der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Adolf Sauerland, recht behält: "Duisburg ist damit Vorreiter und mögliches Vorbild für andere Städte. Industriekultur darf nicht bedeuten, dass schließlich ein paar herausragende Ensembles der industriellen Epoche als Museen in langweiligen, vereinheitlichten Städten stehen, in denen der Profit den Baustil bestimmt. Retten wir die Stadtbilder des Ruhrgebiets mit ihrer typischen Ästhetik, sie sind unerlässlich für die Identität und das Selbstbewusstsein dieser Region. Lassen Sie nicht zu, dass eine Stadt, die wie kaum eine andere eine Epoche repräsentiert, vernichtet wird! Auf den Webseiten der Geschichtswerkstatt Du-Nord

(www.geschichtswerkstatt-du-nord.de) finden Sie unter dem Punkt "Links  und Infos" Informationen über Bruckhausen und den geplanten "Grüngürtel". Wir werden die Seiten in den nächsten Tagen weiter füllen, um Sie möglichst umfassend zu informieren. Für Fragen stehen wir natürlich jederzeit gerne zur Verfügung! Mit freundlichen Grüßen aus Du-Nord Katrin Susanne Gems M. A. Markus Hellemanns M. ­A. Geschichtswerkstatt Du-Nord c/o Warbruckstr. 41 47169 Duisburg Tel: 0170-986 9070 o. 01522-166 4518 info@geschichtswerkstatt-du.nord.de www.geschichtswerkstat­t-du-nord.de­

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