Archiv für den Monat: März 2010

Recklinghausen: Ausstellung "elektrisierend! – Werbung für Strom 1890 bis 2010″

­­Zu allen Zeiten wurde für Strom geworben, aber mit deutlich unterschiedlichen Botschaften, Medien und Zielgruppen. Heute eine Selbstverständlichkeit, war die Elektrizität gegen Ende des 19. Jahrhunderts purer Luxus. Seit die ersten Glühlampen brannten oder elektrische Motoren liefen, wurde für die neue Energie die Werbetrommel gerührt. Elektrizität war zwar begehrt, in den frühen Jahren aber nahezu unerschwinglich. Erst allmählich wurden der Strom und die elektrischen Geräte billiger und damit zum Alltagsgut. Bis dahin musste die Werbung die Menschen auch zum Kauf elektrischer Geräte­ für den Haushalt ermuntern. "Elektrizität in jedem Gerät" oder "Hier wirkt Elektrizität" waren etwa die Schlagworte, mit denen die Stromwerber in den 1920er Jahren antraten. Erst in den 1960er Jahren wurde in Deutschland der weitgeh­ende elektrifizierte Haushalt mit Kühlschrank, Wasch-Automat oder Radio- und Fernsehgerät Wirklichkeit.

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Auf rund 250 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentiert das Museum Strom und Leben etwa 500 Exponate – vor allem aus dem bedeutenden eigenen Sammlungsbestand, aber auch wertvolle Leihgaben namhafter Künstler wie Peter Behrens oder Julius Gipkens. Die Ausstellung zeigt Plakate und Emailleschilder, Postkarten, Werbefiguren oder Filme; kurz alles, womit in den vergangenen Jahrzehnten das Interesse der Kunden für die Elektrizität geweckt werden sollte.

Auch die Ziele der Werbung veränderten sich mit der Zeit: Ging es anfangs schlicht darum, überhaupt elektrische Energie zu nutzen, traten in den 1970er Jahren Aspekte des Umweltschutzes in den Vordergrund. Seit der Liberalisierung des Strommarktes Ende des 20. Jahrhunderts liefern sich alte und neue Anbieter wahre Werbeschlachten um den begehrten Stromkunden.

Die Ausstellung "elektrisierend! – Werbung für Strom 1890 bis 2010" ist der Beitrag des Umspannwerks Recklinghausen zum Kulturhauptstadtjahr. Das Industriegebäude aus dem Jahre 1928, Ankerpunkt auf der "Route Industriekultur", diente ursprünglich zur Stromversorgung Recklinghausens. Zur Internationalen Bauausstellung Emscherpark wurde es 1991 unter Denkmalschutz gestellt und saniert. Seit 2000 beherbergt es das "Museum Strom und Leben". Dort begibt sich der Besucher auf eine Zeitreise durch die Kulturgeschichte der Elektrizität und entdeckt, wie Strom Alltag und Arbeitswelt grundlegend verändert hat. Das Umspannwerk Recklinghausen ist als kulturell genutztes Industriebauwerk ein anschaulicher Zeuge für das Leitthema der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010: "Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel".

Zur Ausstellung erscheint der Begleitband "Hier wirkt Elektrizität – Werbung für Strom 1890 bis 2010", herausgegeben von Theo Horstmann und Regina Weber, Klartext-Verlag, 29,90 Euro.

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Das Umspannwerk Recklinghausen bietet zur Ausstellung ein umfangreiches Begleitprogramm an, z. B. Führungen für Kinder und Erwachsene. Im Rahmen der pädagogischen Aktivitäten können Kinder eigene Plakate und Werbekarten erstellen. Einzelheiten zum Begleitprogramm finden sich unter www.umspannwerk-recklinghausen.de

EnergieKulturRuhr – unter dieser Überschrift sind die vielfältigen Aktivitäten zusammengefasst, mit denen RWE im Jahr der Kulturhauptstadt das Angebot der RUHR.2010 bereichert. Die Ausstellung "elektrisierend!" ist Bestandteil dieses Engagements.

Weitere Informationen unter www.energiekulturruhr.de sowie auf der Projektseite Elektrisierend! Werbung für Strom 1890 bis 2010

Umspannwerk Recklinghausen / Museum Strom und Leben

Uferstraße 2 – 4, 45663 Recklinghausen­
Tel. 02361 – 382216
Di. – So. 10.00 bis 17.00 Uhr ­

Das ist die ganze elektrische Küche, um 1910 (Vignette)
Mutter kocht elektrisch, um 1930 (Plakat)
Küppersbusch Elektroherde, 1954 (Broschüre)
alle Fotos: Umspannwerk Recklinghausen. Museum Strom und Leben

 

 

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Köln/Bonn: Regionale2010 eröffnet „Rheinische Weltausstellung“

Ab März 2010 ist jeweils am Sonntagnachmittag der Info-Container des Projektes „Rheinboulevard“ am rechten Kölner Innenstadtufer geöffnet. Hier werden die historischen Uferanlagen sowie die auf einen umgestalteten Bahndamm zurückgehende Promenade der 1920er Jahre durch eine neue Treppenanlage ersetzt.

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Hässliche Kaimauern und kahle Bahndämme weichen dem neuen Boulevard

Im Frühsommer 2010 werden die in jahrelanger Arbeit restaurierten historischen Schiffe der Wupper-Schiffbrücke bei Leverkusen-Rheindorf wieder eingeschwommen. Die in den 1950er Jahren entstandene Schiffbrücke überquert einen früheren Mündungsarm der Wupper.

Im Rahmen der Regionale wird auch die Restaurierung des Kölner Flughafens Butzweilerhof fortgesetzt, der inzwischen auch in das „Netzwerk Industriekultur“ des Landschaftsverbandes Rheinland aufgenommen wurde.

Auf den Erftraum konzentrieren sich die Aktivitäten der „Mühlen und Hämmer rechts und links des Rheines.

Im Bergischen Land stehen die Talsperren des Oberbergischen im Mittelpunkt; dort entstehen neuartige Spazierwege auf ehemaligen Bahntrassen. Ausserdem ist die Revitalisierung der Steinmüller-Brache in Gummersbach Thema der Regionale (wir berichteten).

Termine und Exkursionen der „Rheinischen Weltausstellung“ auf der eigenen Website. ­

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Hattingen: Ausstellung „Helden. Von der Sehnsucht nach dem Besonderen“ im LWL-Industriemuseum

­"Die Spannweite ist groß: vom antiken Heldenmythos, der Jahrhunderte überdauert, bis zum TV-Helden für einen Abend, von den Anfängen europäischer Kultur bis zu den Helden des Ruhrgebietes. Die Ausstellung leistet damit einen besonderen Beitrag zur Kulturhauptstadt Europas Ruhr.2010", erklärte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale am Mittwoch, den 10.3. bei der Vorstellung der Schau in Hattingen. Der Ort hat eine eigene Helden-Geschichte: Vor 20 Jahren kämpfte hier eine ganze Region gegen das Aus der Stahlhütte und feierte ihre Anführer. ­

Im Schatten des ältesten Hochofens im Revier erzählt die Ausstellung mit dem Titel "Helden. Von der Sehnsucht nach dem Besonderen" auf einer Fläche von 1.200 Quadratmetern Geschichten von Machern und Medien, von kampfbereiten Arbeitern und stolzen Unternehmern, religiösen Vorbildern, gefeierten Sportlern und engagierten Helfern.

Das Spektrum der Exponate reicht von einer drei Meter hohen Herkules-Statue bis zum kleinen Splitter des "Silberpfeils", in dem Rennfahrer Bernd Rosemeyer 1938 verunglückte, vom 500 Jahre alten Harnisch des "letzten Ritters" Kaiser Maximilian I. bis zur Jacke von TV-Kultkommissar Schimanski, vom antiken Torso einer Amazone bis zur lebensgroßen Figur der Cyberheldin Lara Croft.

Herkules_450.jpgHerkules Farnese

180 Leihgeber aus ganz Europa und Übersee steuerten Objekte bei, darunter auch einen Stahlträger des zerstörten World-Trade-Center sowie den Helm eines Feuerwehrmanns, der am 11. September 2001 beim Einsatz in New York ums Leben kam. Dieses Exponat ist erstmals außerhalb Amerikas zu sehen.

"Uns geht es darum zu zeigen, wie Helden funktionieren, wer sie macht und warum sie offenbar gerade in Zeiten des Wandels gebraucht werden. Dabei setzen wir auf starke Bilder und die Aura der Exponate", erklärt Projektleiter Dietmar Osses. Die Ausstellungsarchitektur ziehe die Besucher mit spannenden Inszenierungen in ihren Bann.

Durchblicke und Sichtachsen setzen Ausstellungsstücke aus verschiedenen Bereichen und Zeiten miteinander in Beziehung und eröffneten immer wieder neue Perspektiven, so Osses weiter. Viele Medienstationen machten die Sehnsucht nach dem Besonderen für Augen und Ohren zum Erlebnis. Die Helden aus Filmen und Computerspielen würden an Bildschirmen lebendig.

Am Schluss des Rundgangs durch die 1,6 Millionen Euro teure Schau können Besucher selbst auf den Helden-Sockel steigen oder sich in einer Videoinstallation als Held feiern lassen.

Osses: "Der Ausstellungsbesuch soll Spaß machen, aber auch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen Helden anregen, das heute mehr denn je Konjunktur hat und uns überall begegnet."

Was junge Menschen heute mit dem Thema verbindet, zeigt das von der NRW-Landesregierung geförderte Begleitprojekt "Helden-Werkstatt". "Wir haben Bildungspartnerschaften mit 40 Schulen im Ruhrgebiet geschlossen. Über 1.300 Schüler arbeiteten fächerübergreifend zum Thema. Das ist einmalig in der deutschen Museumslandschaft", erklärte Museumsdirektor Dirk Zache.

Eine Auswahl der Arbeiten ist in die große Heldenschau integriert. Alle Ergebnisse der Helden-Werkstatt werden ab 17. April in einer eigenen Ausstellung auf der Henrichshütte präsentiert. Zum Projekt gehörten außerdem 170 Programmangebote – von der Themen-Führung bis hin zu Talk-Shows, Filmabenden, Konzerten und Theatervorstellungen. Begleitausstellungen an den sieben weiteren Standorten des LWL-Industriemuseums in ganz Westfalen-Lippe flankieren die Hattinger Schau.

Gang durch die Ausstellung

Eine interaktive Installation empfängt die Besucher im Foyer der Gebläsehalle: Wer und was ist eigentlich ein Held? Antworten und Denkanstöße bietet ein Panorama der Heldenfiguren und ihrer herausragenden Eigenschaften.

Helden der Antike

Herkules, der Prototyp des Helden schlechthin, steht als überlebensgroße Statue am Beginn der Ausstellung. Auf wertvollen Amphoren und Münzen kämpft der Supermann der Antike gegen Löwen und Zentauren. Mut und Stärke, der Einsatz von Leib und Leben, der Triumph, aber auch das Scheitern sind Motive aus der Antike, die über Jahrhunderte in der Heldenverehrung eine Rolle spielen.

Wichtige Bereiche der Heldenverehrung wie Sport, Nation und Krieg werden an ausgewählten Beispielen aus der Antike gezeigt. Bei aller Ehrfurcht vor den 2.000 Jahre alten Stücken darf auch geschmunzelt werden, zum Beispiel beim Anblick des Superhelden Herkules auf einer antiken Nuckelflasche.

Helden des Mittelalters

Aus der Welt der Antike gelangt der Besucher in einen stilisierten gotischen Kreuzgang. Gregorianische Gesänge unterstreichen die Atmosphäre. Ein Altarkreuz mit einer Jesusfigur aus dem 12. Jahrhundert und ein mittelalterlicher Hausaltar stehen für den "Superstar" der christlichen Welt und ihr Wertesystem, das zwei neue Heldentypen hervorbringt: Heilige und Ritter. Beide spielen bis weit ins Industriezeitalter eine Rolle, gerade auch im Revier. Die Ausstellung zeigt Beispiele, die die Besucher durch die Ausstellung begleiten: St. Georg, Drachentöter und Universalheld des Mittelalters, wird 1.600 Jahre nach seinem Märtyrertod als Stadtpatron Hattingens in Bronze gegossen.

Auch die Heilige Barbara wird gleich doppelt in Szene gesetzt: Als Heilige des Mittelalters und viel verehrte Schutzpatronin der Bergleute im Revier des 19. und 20. Jahrhunderts. Wer etwas Muße mitbringt, kann sich per Kopfhörer Heldengeschichten aus dem Nibelungenlied anhören und dabei schon einmal einen Blick auf die Abenteuerfilme in der Abteilung Medienhelden erhaschen.

Nationale Helden

Im 19. Jahrhundert suchte man für die neu erstehende Nation nach Vorbildern zur Selbstvergewisserung und Traditionsbildung.

Siegfried, der sagenhafte deutsche Drachentöter, und Arminius, der die Römer aus Germanien vertrieb, passten da gut ins Bild. Der Cheruskerführer wurde in Hermann umbenannt und im Teutoburger Wald auf den Sockel gehoben. Auch die Schmiede des Deutschen Reichs, Kaiser Wilhelm I. und sein Kanzler Bismarck, werden zu Helden stilisiert. Neben Denkmälern zeigen Schulwandbilder und Ansichtskarten als Propagandamittel der Zeit, wie die Untertanen auf die neue Nation eingeschworen werden. Ein Blick auf Frankreich und Polen öffnet die Perspektive auf die Nationalhelden der Nachbarstaaten und ihr spannungsreiches Verhältnis.

Auch Arbeiter und Unternehmer feiern an der Schwelle zum 20. Jahrhundert ihre Helden – oder stellen sich selbst als solche dar: Gustav Krupp von Bohlen und Halbach aus der Industriellendynastie des Ruhrgebiets, plante zum Firmenjubiläum im Jahr 1912 aufwändige Ritterspiele und setzte sich selbst in voller Rüstung als Protagonist in Szene. In den Jahren der großen Streiks und Arbeitskämpfe bediente sich auch die Arbeiterbewegung traditioneller Formen der Verehrung ihrer Anführer als Hel-den.

Kriegshelden

Kreuze, wo man hinsieht: Im Vordergrund Orden, dahinter ein Gräberfeld. Die Inszenierung zeigt die gefeierten und gefallenen Helden der beiden Weltkriege. Im Krieg treffen die Konstruktion des Helden und seine reale Zerstörung unmittelbar aufeinander. Auf der einen Seite: Ein großes Kriegerdenkmal mit den typischen Heldenattributen und eine Handpresse, mit der Orden im Schnellverfahren gefertigt werden konnten. Auf der anderen: Fotos verwundeter Soldaten und Prothesen als Versuche der Medizin, den zerstörten Heldenkörper wieder zusammenzusetzen.

Aus der anonymen Masse der Soldaten ragen Personen heraus, die für die damalige Heldenpropaganda stehen: Manfred von Richthofen zum Beispiel, der "rote Baron" und gefeierte Flieger des Ersten Weltkrieges. Seine Maschine wurde über England von australischen Alliierten abgeschossen. Wrackteile sind jetzt aus dem fünften Kontinent nach Hattingen gekommen. Die Helden des Widerstandes stellt ein Beitrag aus einem der Schulprojekte in den Vordergrund, das an dieser Stelle die Präsentation ergänzt. Wer geradeaus blickt, wird den Blauhelm eines UN-Soldaten in der Abteilung "Helden heute" entdecken.

Helden des Sports

In der Welt des Sports gewinnen die Medien als Heldenmacher eine große Bedeutung, und auch das Revier kommt hier stärker ins Spiel – nicht nur auf dem Fußballfeld. Wer weiß schon, dass der erste Olympiasieger aus dem Ruhrgebiet seine Goldmedaille 1906 im Tauziehen gewann? Die Trophäen von Josef Krämer sind in der Ausstellung zu sehen.

Boxen, Autorennen und Fliegerei sind die Sportarten, die durch den Einsatz von Leib und Leben in den 1920er Jahren die bekanntesten Sporthelden hervorbrachten. Als herausragendes Beispiel gilt der erfolgreiche Rennfahrer Bernd Rosemeyer, der 1938 bei einem dramatischen Weltrekordversuch ums Leben kam. Eine Replik des "Silberpfeils" Typ R der Auto Union ist Hingucker der Abteilung. Nicht minder zur Heldin stilisiert wurde das Flieger-Ass Elly Beinhorn, die zahlreiche Weltrekorde im Langstreckenflug aufstellte. Die Eheleute Rosemeyer und Beinhorn galten als d a s deutsche Heldenpaar der 1930er Jahre.

Der große Max Schmeling steht einerseits für die zeitlose Heldenfigur des Boxers, der schon in einer antike Statuen zu sehen war, andererseits für die Instrumentalisierung des Sports durch die NS-Propaganda. Ausschnitte aus Riefenstahl-Filmen von den Olympischen Spielen 1936 zeigen darüber hinaus die Vereinnahmung des Sports und des Athleten durch die Politik in ästhetischer Reinform.

Nach dem Trauma des Zweiten Weltkrieges findet die Nation in den "Helden von Bern" erstmals wieder positive Identifikationsfiguren und neues Selbstbewusstsein. Besucher begegnen dem Essener Fußballer Helmut Rahn, der im Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft 1954 den Siegtreffer erzielte, in Gestalt einer lebensgroßen Statue und in der berühmten Radioreportage von Herbert Zimmermann.

Helden der Arbeit

Der "Held der Arbeit" wurde in der Sowjetunion geboren, kommt aber in Wirklichkeit aus Westfalen: Adolf Hennecke, gebürtig in Werl, wurde 1948 als erster DDR-Arbeiter zum Helden gekürt, weil er in einer Schicht als Hauer unter Tage 387 Prozent des Plansolls erfüllte. Ein Dokumentationsfilm mit nachgestellten Szenen zeigt den Bergmann beim Kohleabbau im Zwickauer Revier und preist seine vorbildlichen Leistungen für den sozialistischen Staat. Später wurden zunehmend auch Frauen mit dem Helden-Orden ausgezeichnet wie die Zittauer Weberin Frieda Hockauf.

Das kurioseste Exponat der Abteilung ist eine Kaninchenkiste, gefertigt aus einer "Plansolltafel" für eine Plattenbausiedlung von 1989. Im Interview erzählt sein Besitzer von Heldenmythos und Wirklichkeit im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat.

Das Bild des sozialistischen Helden zeigt am eindrucksvollsten die Skulptur "Arbeiter und Kolchosebäuerin", die die Künstlerin Vera Muchina 1937 für die Pariser Weltausstellung entwarf. Hoch über den beiden hängt Lenin am Kranhaken – ein Bild für den Fall sozialistischer Heldenbilder nach 1989.

Hüttenkampf

Zwei Jahre vor dem Mauerfall kommt in Hattingen die Wende: Gegen erbitterten Widerstand wird am 18. Dezember 1987 auf der Henrichshütte, dem Ort der Ausstellung, der letzte Hochofen ausgeblasen. Ein Fernsehbericht erinnert an diesen "schwarzen Donnerstag". In den Monaten zuvor hatten sich Zehntausende an Protesten und Mahnwachen beteiligt; Transparente, Plakate und Flugblätter zeugen davon. In Interviews erzählen vier Kämpfer von damals von ihren Hoffnungen, den Zielen und ihrer Selbstwahrnehmung als "Helden", zu denen sie in den Medien stilisiert wurden. Im Mittelpunkt der Präsentation und mit Sichtverbindung zum Mittelalter: Die vier Tonnen schwere Plastik des Heiligen Georg vom Hattinger Rathausplatz, verankert auf einem Gießtrichter aus der stillgelegten Henrichshütte.

Medienhelden

Bunt und bewegt geht es in der nächsten Abteilung zu. In historischen Comics geben sich Asterix, Spiderman, Superwoman und Co. ein Stelldichein. Auf drei Monitoren laufen Ausschnitte aus Western, Abenteuer- und Actionfilmen, flankiert von originalen Helden-Requisiten wie der Silberbüchse Winnetous, dem Helm des "Gladiators" und einem Laserschwert aus dem Science-Fiction-Epos "Star Wars".

Lara Croft ist die erste Heldin eines Computerspiels, die es auch ins Kino geschafft hat. In der Ausstellung lenkt eine lebensgroße Figur der Abenteuerin den Blick auf eine interaktive Spielstation, die eine Begegnung mit Protagonisten aus Bildschirmspielen ermöglicht.

Die Helden aus Comic, Film und Cyberspace gelten heute mehr denn je als Ersatz für die realen Helden der Schlachtfelder und Kriegsschauplätze. Mit ihrem Auftreten, ihren Taten und ihrem Mut aber folgen sie den zwei Jahrtausende alten Helden-Mustern. Entsprechend steht die lebensgroße Superman-Figur in einer Linie mit der antiken Herkules-Statue vom Beginn des Rundgangs.

Helden heute

In der Mitte der Ausstellung stehen die aktuellen Helden. Sichtachsen und ausgewählte Arbeiten des Schülerprojektes "Helden-Werkstatt" schaffen deutliche Verbindungen zu allen anderen Ausstellungsabteilungen. Die Besucher begegnen Rettern, Helfern und ausgezeichneten Helden des Alltags von den New Yorker Feuerwehrleuten des 11. Septembers über die Aktivisten von Greeenpeace und Robin Wood bis zu den ehrenamtlichen Helfern der Oderflutkatastrophe.

Auch die "Helden des Reviers" haben in der Mitte der Schau ihren Platz: Ruhrgebietstypen wie Adolf Tegtmeier, Tatort-Kommissar Horst Schimanski oder Kultschauspielerin Tana Schanzara, aber auch verdiente Bürger des Ruhrgebiets als neue Helden des Reviers im Wandel. Das Revier als Schmelztiegel: Jeder vierte im Ruhrgebiet hat einen Migrationshintergrund, viele Einwanderer haben ihre Vorbilder mitgebracht: Exponate zu Atatürk, Papst Johannes Paul II. oder Juri Gagarin werfen Schlaglichter auf die "zugewanderten Helden".

Seit einigen Jahren ist ein wachsender Trend zu beobachten, selbst in die Rolle eines Helden schlüpfen zu wollen. Gleichzeitig findet eine Kommerzialisierung des Heldenkults statt. Ob in Castingshows, am Computerbildschirm als Held eines Videospiels oder als Akteur auf Internetplattformen wie "Youtube", überall gibt es Möglichkeiten, selbst zum Helden zu avancieren – auch in der Ausstellung: Am Ausgang können sich Besucher in der Videoinstallation "Standing Ovations" bejubeln lassen: Je näher sie auf das Publikum zugehen, desto lauter wird der Applaus.

HELDEN. Von der Sehnsucht nach dem Besonderen

12. März bis 31. Oktober 2010

LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen I Werksstraße 31-33 I 45527 Hattingen

Geöffnet:: Di – So 10 – 18 Uhr, Fr 10 – 21.30 UhrTel. 02324 9247-142E-Mail: helden@lwl.org

www.helden-ausstellung.lwl.org

Der gleichnamige Katalog zur Ausstellung (Hg.: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, 418 S., reich bebildert, Klartext Verlag, Essen 2010) kostet 24,95 Euro. Gleichzeitig erscheint der Band zur vorausgehenden wissenschaftlichen Tagung "Die Helden-Maschine".

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Die populäre Geschichszeitschrift „Damals“ widmet ihr aktuelles Heft ebenfalls dem Thema „Helden“.

Das Video zur Ausstellung finden Sie im Internet im TV- und Audioservice des LWL hier

Zur allgemeinen Information im Rahmen der RUHR.2010

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Essen/Köln/Aachen: Veranstaltungsreihe INDUSTRIEKULTUR

Nur durch erhebliche Investitionen des Staates und der Kommunen konnten diese Orte und Objekte erhalten werden. Wesentliche Beiträge zur Industriekultur liefern aber auch andere Regionen und Städte in Nordrhein-Westfalen. Grundlage ist hier oft das private Engagement von Investoren und Privatleuten.Industriemuseen und Industrietourismus bieten weitere Beiträge zur Industriekultur. Die Tagungsreihe in Essen, Köln und Aachen soll Erfolge und Schwierigkeiten bei Erhaltung,Umnutzung und städtebaulicher Integration der Industriedenkmale reflektieren.

Unter dem Begriff der „Industriekultur“ verstand man in den vergangenen Jahrzehnten zugleich eine beeindruckende Entwicklung und gleichzeitig auch Bewahrung altindustrieller Objekte und Flächen. Jenseits aller theoretischen Bemühungen zur Begriffsbestimmung zeigt die Praxis eine reiche Fülle von Beispielen gelungener Revitalisierungen von Industriebauten und Werksarealen. Jeder Fall ist anders und dennoch lassen sich in der Vielfalt Fallgruppen erkennen. Diese Typen des Strukturwandels sollen beschrieben und reflektiert werden um so auf empirischem Weg zu einer wirklichkeitsbezogenen Definition der „Industriekultur“ zu gelangen. Mit dieser Präsentation, Reflektion und Diskussion von Industriekultur wird nicht nur ein Beitrag zum Verständnis der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart geliefert, sondern auch ein hoffentlich verbesserter auf Erfahrungen gestützter Umgang mit dem industriellen Erbe. Das Ruhrgebiet war und ist einer der zentralen Orte ein wahrhafter Hort der Industriekultur, nun gewürdigt und gefeiert als Kulturhauptstadt Europas. Aus spezifischen Problemen wurden in Essen und im Ruhrgebiet überwiegend durch energischen Einsatz öffentlicher Gelder und durch das Engagement staatlich-/kommunaler Institutionen prägnante Antworten gefunden.

Industrialisierung und daraus folgend Industriekultur aber war in den Industrieländern ein geradezu flächendeckendes Phänomen, bezog in Nordrhein-Westfalen alle Gemeinden und Städte und auch noch die entlegensten Landschaften in einen Prozess des Wandels ein. Andere Branchen als im Ruhrgebiet, andere Zeitphasen und Tempi des Strukturwandels und auch die vielfach beklagten geringeren Zuwendungen aus den staatlichen Haushalten haben außerhalb des Ruhrgebiets andersartige Lösungen erfordert. Bei allem Glanz, den derzeit das Ruhrgebiet ausstrahlt, sollen andere Ansätze und Abläufe des Strukturwandels nicht vergessen werden. Die rheinische Metropole Köln und Aachen mit ihren jeweils zugehörigen Regionen bieten lehrreiche Beispiele für den Umgang mit dem industriellen Erbe.

Die Veranstaltungsreihe „Industriekultur“ wird sich besonders mit denkmalpflegerischen, behutsamen, substanzorientierten und ressourcenschonenden Ansätzen des Strukturwandels beschäftigen. Die Veranstaltungsreihe umfasst nach Angaben der Veranstalter drei Tagungen an unterschiedlichen Veranstaltungsorten mit jeweils eigenen thematischen Schwerpunkten. Die eintägigen Veranstaltungen bauen thematisch aufeinander auf und nehmen Bezug zum spezifischen Hintergrund des industriellen Wandels auf.

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Programm in Essen, 28. 4. 2010

09.00 Anmeldung – Kaffee – Begrüßung

09.30

Prof. Christa Reicher, Technische Universität Dortmund: Industriekultur: Gespeicherte Erinnerung, kulturelles Potenzial und Chance für die Stadtentwicklung

Milena Karabaic, Kulturdezernentin Landschaftsverband Rheinland: Industriekultur im Rheinland: Zur Möglichkeit eines Netzwerks zwischen Industriemuseen und Industriedenkmalpflege

Karl Jasper, Ministerium für Bauen und Verkehr NW: Staatliche Großinvestitionen in die Industriekultur als Wesenselement des Strukturwandel im Ruhrgebiet

Kaffeepause

Prof. Dr. Wolfgang Ebert, MSP Impulsprojekt GmbH, Breckerfeld: Vier Eisenhütten – vier Erhaltungsansätze und ihre Resultate: Meiderich – Hattingen – Phoenix/Dortmund – Belval/Luxemburg

Dr. Wilhelm Busch, Architekturbüro Mönchengladbach: Bergbauarchitektur im Ruhrgebiet und ihre Erhaltung. Objekte und Projekte 1970 bis 2010 – eine kritische Bilanz

13.00 Mittagspause

14.00

Prof. Dr. Hans-Werner Wehling, Geographische Landeskunde von Altindustrieländern/ Universität Essen-Duisburg: Die Idee der Kulturlandschaft und seine Übertragbarkeit auf das Ruhrgebiet. Das Beispiel: industrielle Kulturlandschaft Zollverein.

Dr. Birgitta Ringbeck, Ministerium für Bauen und Verkehr NW: Städtebau als Programm. Gedanken zu einer konzeptionellen Neuausrichtung der Industriedenkmalpflege am Beispiel der Kokerei Zollverein (angefragt)

Prof. Dr. Walter Buschmann, LVR-Amt für Denkmalpflege: Das Industriedenkmal als Einheit aus städtebaulicher Anlage, Architektur und Ausstattung

Thomas Michael Krüger, Baukulturplan Ruhr: Architektur als Informationsträger der Industriegeschichte und Architekten als Stadtbilderklärer

16.00 – 17.00

Podiumsdiskussion mit Prof. Ulrich Borsdorf, Dr. Udo Mainzer, Prof. Dr. Christoph Zöpel, Prof. Kunibert Wachten, Prof. Karl-Heinz Petzinka u.a.

 

Veranstalter: Landschaftsverband Rheinland – LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland; RWTH Aachen – Lehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege und RWTH Aachen – Lehrstuhl und Institut für Städtebau und Landesplanung; TU Dortmund – Fachgebiet Städtebau, Stadtgestaltung und Bauleitplanung; Haus der Architektur Köln; Rheinische Industriekultur e.V.;

Kooperationspartner: Rheinisches Industriemuseum; Forum Geschichtskultur an der Ruhr und Emscher e.V.; Architekturforum Rheinland e.V.

Tagungsgebühr: 25 Euro (Studierende kostenfrei)

Die Tagung ist von der Architektenkammer NW als Fortbildungsveranstaltung anerkannt.

Die Teilnehmerzahl an der Tagung ist begrenzt. Wir bitten um schriftliche Anmeldung im Tagungsbüro bis 18.04.2010.

Anmeldung: RWTH Aachen, Lehrgebiet Denkmalpflege, Sekretariat: Frau Ilga, Schinkelstraße 1 52056 Aachen Tel.: 0241-80-95235; mail: ilga@denkmal.arch.rwth-aachen.de

Tagungsort: Zeche Zollverein, Schalt- und Umformergebäude(Halle 2), Gelsenkirchener Str. 181, 45309 Essen, Tel.: 0201-2468-10; Parkmöglichkeiten: Parkplatz A1 bzw. A2

Fortsetzung der Tagungsreihe

01.12.2010, Köln, ehem. Reichsbahnverwaltung Konrad-Adenauer-Ufer (in Verbindung mit Städtebauausstellung des Ministeriums für Bauen und Verkehr/Regionale 2010)

Themenschwerpunkte: Private Investitionen in die Industriekultur; Rheinhäfen; Industrietourismus

04.05.2011, Aachen Forum Ludwig, Themenschwerpunkte: Tuchindustrie Aachen und Region, Bahnflächen als Entwicklungspotential

Anmeldung und detaillierte Informationen zu den weiteren Tagungen hier

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