Archiv für den Tag: 17. Dezember 2008

Leverkusen-Opladen: Ehemaliges Bahn-Betriebs-und Ausbesserungswerk als Fachhochschulstandort ausgewählt

Herzstück des neuen Campus werde die 36.000 Quadratmeter große ehemalige Eisenbahnausbesserungshalle. Dort, wo bis zum Jahr 2003 noch Lokomotiven der Deutschen Bahn gewartet und repariert wurden, sollen ab dem Wintersemester 2010/2011 die ersten Studenten ihr Studium der Fachrichtungen Technische Chemie, Pharmazeutische Chemie oder Physikalische Technik, aufnehmen können. Damit erweitert die Fachhochschule Köln ihr Fächerspektrum um „Angewandte Naturwissenschaften“. Auch das Bildungs- und Berufsschulzentrum von Currenta im CHEMPARK Leverkusen wird mit seinen freien Kapazitäten als „Labor- und Technikzentrum“ Bestandteil des Campus Leverkusen. 

„Der Zuschlag ist für die Stadt Leverkusen ein echtes Aufbruchsignal: Die neue bahn stadt :opladen wird zum Zentrum einer erweiterten exzellenten Bildungslandschaft in der Region. Einen besseren Startschuss für die Revitalisierung des Areals hätten wir uns nicht wünschen können“, sagte Oberbürgermeister Ernst Küchler anlässlich eines Treffens der drei Partner im künftigen „Hörsaal“ der Fachhochschule am 28.Oktober. Er verwies darauf, dass der Erfolg der Bewerbung auch der „einmaligen Allianz“ aus Fachhochschule Köln, IHK zu Köln und Stadt Leverkusen zu verdanken sei.

Professor Rüdiger Küchler, Prorektor der Fachhochschule Köln, ergänzte: „Der Campus Leverkusen wird für einen neuen Impuls in der Stadtentwicklung von Leverkusen sorgen. Er bietet jungen Menschen die Chance auf eine qualifizierte akademische Ausbildung im Bereich der Angewandten Naturwissenschaften, und die Unternehmen profitieren davon.“

Dr. Herbert Ferger, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Köln, bekräftigte, dass der Campus Leverkusen die von den Unternehmen in der Region dringend gewünschte Qualifizierung von akademischen Fach- und Führungskräften befördern werde. Er fügte hinzu: „Die Unternehmen haben verbindlich erklärt, in einem großen Maße Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen und damit Beschäftigungsperspektiven für die akademischen Fachkräfte zu eröffnen“. Damit sei der Campus Leverkusen nicht nur eine Maßnahme zur Befriedigung des regionalen Fachkräftebedarfs, sondern auch ein Instrument zur praxisnahen Vernetzung der regionalen Bildungslandschaft.

Bereits am 3. Dezember konnten man sich in Leverkusen-Opladen über den Förderbescheid in Höhe von 1,3 Millionen Euro für die neue bahn stadt :opladen aus der Hand des Kölner Regierungspräsident Hans Peter Lindlar freuen: „Es muss weitergehen mit der neuen bahn stadt :opladen bekräftigte Lindlar. Besonders jetzt, nach der positiven Entscheidung für den Campus Leverkusen, über die er sehr glücklich sei und mit der das Land eindrucksvoll unterstrichen habe, dass es seine finanzielle Kraft und Energie auf die neue bahn stadt :opladen konzentrieren wolle. Eine „Riesen-Kraftanstrengung" werde das Projekt in den nächsten Jahren sowohl für das Land wie auch für die Stadt werden. Mit den 1,3 Millionen Euro (600.000 Euro für die Fortentwicklung der Gesellschaft neue bahn stadt :opladen; 500.000 Euro für die „Leistungsphase2“, das heißt die Planungen für die Gütergleisverlegung; die restlichen Mittel für u. a. die Entwurfs- und Ausführungsplanung der Ostseite) könne die Planung nahtlos weitergehen, so dass im Jahr 2010 der Fortschritt deutlich sichtbar sein werde.

Der Regierungspräsident unterstrich, dass die neue bahn stadt :opladen ein nachhaltiges Projekt zu Gunsten auch der nachfolgenden Generationen sei. Stadt und Land müssten ihre Kräfte bündeln, um den finanziellen Kraftakt zu schultern.Die ‚neue bahn stadt :opladen’ ist das städtebauliche Schwerpunktprojekt der Stadt Leverkusen im Rahmen der Regionale 2010. Auf der 72 ha großen ehemaligen Bahnbrache entwickeln die Stadt und ihre Entwicklungsgesellschaft neue bahn stadt :opladen GmbH gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner Deutsche Bahn AG ein lebendiges, durchmischtes Stadtquartier. Auf dem Gelände wird als Erweiterung der Fachhochschule Köln der Campus Leverkusen mit 500 naturwissenschaftlichen Studienplätzen entstehen.

Links:

Regionale2010

Fachhochschullandschaft NRW

www.neue-bahn-stadt-opladen.de

Beschreibung von Geschichte und Gebäudebestand des Areals bei der „Rheinischen Industriekultur“

Stuttgart: Proteste gegen den Teilabbruch des Hauptbahnhofs gehen weiter

Der Kopfbahnhof soll in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgewandelt werden, mit Anschluss an eine neue ICE-Strecke nach Ulm. Allerdings fordere der Plan ein Opfer: Das 1914-28 von Paul Bonatz und Friedrich Scholer errichtete Bahnhofsgebäude, laut baden-württembergischen Denkmalschutzgesetz ein Kulturdenkmal besonderer Bedeutung, solle gnadenlos verstümmelt werden. Man will den gesamten Schlossgartenflügel sowie Teile der Nordwestfassade niederlegen und die charakteristische Treppenanlage in der Grossen Schalterhalle entfernen. Der vorgesehene Teilabriss hätte auch für den städtebaulichen Bezug schwerwiegende Folgen. Die unscheinbare Rückseite des Bauwerks, als Innenfassade gedacht, würde so zur Schauseite an dem neu zu gestaltenden Platz. All dies bringt nicht nur die Denkmalpfleger in Wallung. Bereits im vergangenen Jahr hatten 60.000 Menschen ein Bürgerbegehren gegen das Projekt unterschrieben – ohne Erfolg.Nun hat die Arbeitsgemeinschaft Hauptbahnhof Stuttgart nochmals einen internationalen Aufruf gegen die Zerstörung des Bahnhofsgebäudes veröffentlicht. Prominente Mitstreiter wie Richard Meier, Günther Behnisch oder David Chipperfield fordern den Erhalt der vom Abriss bedrohten Flügel sowie ein neues Konzept für die Umnutzung. Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Professor Dr. Gottfried Kiesow, hat das Papier unterzeichnet. "Tunlichste Sparsamkeit" war seinerzeit bei der Ausführung geboten – an die schwäbische Tugend scheine sich bei "Stuttgart21" niemand mehr zu erinnern.

Umfangreiche Informationen bietet die Website der Arbeitsgemeinschaft: www.hauptbahnhof-stuttgart.eu

Noch bis Anfang Januar 2009  kann eine Online-Petition mit folgendem Inhalt unterzeichnet werden:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass der denkmalgeschützte Stuttgarter Hauptbahnhof, 1914 bis 1928 nach Plänen von Paul Bonatz (1877-1956) erbaut, nicht zum Großteil abgebrochen wird, sollte das Projekt "Stuttgart 21" trotz der vom Bundesrechnungshof dem Haushaltsausschuss am 4.11.08 vorgelegten Mehrkosten in Milliardenhöhe gebaut werden.(Stichwort: Eisenbahnliegenschaftswesen – HBF Stuttgart vom 6. 11. 2008)

Begründung: Der Stuttgarter Hauptbahnhof, von 1911 bzw. 1914 bis 1928 nach Plänen von Paul Bonatz (1877-1956) und Friedrich Eugen Scholer (1874-1949) erbaut, zählt zu den bedeutendsten Bauwerken des beginnenden 20. Jahrhunderts in Deutschland und Europa. Er kann als der erste Großstadt-Bahnhof der „Moderne“ bezeichnet werden und steht hinsichtlich seines architekturhistorischen Ranges in einer Reihe mit Bauwerken wie der AEG-Turbinenhalle (1908/09) in Berlin von Peter Behrens und den Fagus-Werken in Alfeld an der Leine (1911) von Walter Gropius. Mit Recht wurde er gemäß § 12 des Landesdenkmalgesetzes vom Land Baden-Württemberg unter Denkmalschutz gestellt. Dieses Meisterwerk der Architektur des 20. Jahrhunderts wird allerdings nicht nur seit Jahrzehnten vernachlässigt, d.h., seine bauliche Unterhaltung erfolgt nicht seinem Rang gemäß; es ist außerdem in sehr naher Zukunft in großen Teilen seines baulichen Bestandes direkt gefährdet. Denn: Im Zuge der Realisation des seit den 1990er Jahren geplanten neuen Tiefbahnhofs, bekannt unter dem Namen „Stuttgart 21“, ist ab 2008/2009 eine Reihe gravierender Eingriffe in den denkmalgeschützten Bestand vorgesehen. Dazu gehören: • Abriss des gesamten Süd-Ostflügels am Schloßgarten (Cannstatter Str.) • Abriss des gesamten Nord-Westflügels (Richtung Heilbronner Str.) • Abriss der Haupttreppe innerhalb der großen Schalterhalle • Abriss der Verkehrsebene in der KopfbahnsteighalleDas Bauwerk, das bis heute als typischer Kopfbahnhof den Gleiskörper U-förmig umfängt, wird durch die vorgesehenen „Amputations“-Maßnahmen gut die Hälfte seiner Gebäudesubstanz mit den charakteristischen Fassadengestaltungen (rohes Kalkstein-Bossenwerk) verlieren und somit zum Torso werden. Im Innern des restlichen Gebäudeflügels zum Arnulf-Klett-Platz wird es zu erheblichen Eingriffen kommen, die nur als „Verstümmelungen“ bezeichnet werden können. Besonders gravierend ist, dass der Bauherr, die bundeseigene Deutsche Bahn AG, tatkräftig vom Land Baden-Württemberg, von der Region Stuttgart und von der Stadt Stuttgart unterstützt wird. Somit setzt sich ausgerechnet die „Öffentliche Hand“ über alle Gebote des Denkmalschutzes hinweg, indem sie ein herausragendes, weltbekanntes, zudem in die Denkmalliste eingetragenes Kulturdenkmal fragmentiert, beschädigt und den verbleibenden Rest zu einer baulichen Attrappe degradiert. Gegen die geplanten Maßnahmen melden wir größte Bedenken an und fordern alle Verantwortlichen mit Nachdruck auf, Alternativen zu den bisher vorgelegten Planungen zu entwickeln. Es gilt, eine denkmalverträgliche und der Bedeutung des Bauwerks angemessene Lösung zu finden, damit der drohende Abriss wesentlicher und charakteristischer Teile des Stuttgarter Hauptbahnhofs vermieden werden kann.

Literaturempfehlung:

Roser, Matthias:
Der Stuttgarter Hauptbahnhof. Vom Kulturdenkmal zum Abrisskandidaten?
Stuttgart: Schmetterling 2008. 152 Seiten, Gebunden,
ISBN 978-3-89657-133-5, 18,80 EUR

(Foto: Achim Bednorz, Köln, aus: Ebert/Bednorz: Kathedralen der Arbeit, Wasmuth Verlag, Tübingen-Berlin 1996, mit frdl. Genehmigung)