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Moderne in Wuppertal: Stockwerksgarage, Kasinostraße 28 – Bedeutend auf den zweiten Blick

Auf dem Gelände der ehemaligen Elberfelder Reiterhalle sollte 1953 ein neues Parkhaus entstehen (Kasinostraße 28). Auftraggeber war das Unternehmen Auto Hengst. Die ursprünglichen Pläne des Wuppertaler Architekten Wolfgang Rathke (1922-2012) sahen im Erdgeschoss eine Tankstelle und Autowaschanlage vor, die jedoch nicht realisiert wurden. Ebenfalls wurde die von Rathke geplante Glasvorhangfassade nicht realisiert, die dem Objekt in der Presse den Beinamen „Glashaus“ einbrachte.

Rathke studierte 1940er Jahren an der Technischen Hochschule in Stuttgart Architektur. Dort wurde er wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl, 1952 machte er sich, zurück in Wuppertal, selbstständig. Seit 1998 war er Gesellschafter bei RATHKE Architekten, das Büro existiert noch heute. 1981/82 konstruierte Wolfgang Rathke unter der Mitarbeit von Ferdinand Kirk den Schwebebahnhof Ohligsmühle (gegenüber der Stockwerksgarage), außerdem war er 1997 am Neubau des Schwebebahnhofes Kluse beteiligt.

Warum ist dieses Gebäude wichtig?

1954 erhielt das beinahe fertiggestellte Gebäude eine „Teilgebrauchsabnahmebescheinigung“ vom Bauordnungsamt. Jedoch konnte das Parkhaus erst 1957 fertiggestellt werden, nachdem die Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG die Immobilie übernommen hatten. Bei dem fünfgeschossigen Bau wurde der Typus der Stockwerksgarage in Wuppertal zum ersten Mal realisiert. Es handelt sich bei dem Baukörper um einen flach gedeckten Stahlbetonskelletbau.

Das unterste Geschoss ist fünfteilig: Jeweils links und rechts befinden sich Rolltore zur Auf- und Abfahrt, in der Mitte befindet sich eine Flügeleingangstüre, die jeweils von drei Fenstern flankiert wird. Hinter diesen Fenstern befanden sich Aufenthaltsräume für einen Fahrer und KFZ-Mechaniker. Durch ein kurzes Vordach setzt sich das unterste Geschoss von den oberhalb befindlichen vier Geschossen ab. Diese besitzen jeweils 14 Fenster in der Längsachse. Die Fenster und die mit gelbem Backstein verklinkerten Vorblenden wurden vor die Stützen des Skeletts gesetzt.

In der Denkmalliste der Stadt Wuppertal wird unter anderem darauf verwiesen: „(…) Das Parkhaus an der Kasinostraße ist ein anschauliches, unverändert erhaltenes Beispiel für die Bauaufgabe der Stockwerksgarage, die hier nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal in Wuppertal realisiert wurde und als Zweckbau die verkehrstechnische Entwicklung in den Nachkriegsjahren dokumentiert, die das Auto zu einem dominierenden Faktor des wirtschaftlichen und sozialen Lebens gemacht hat.(…)“

In dieser Zeit wurden Städte, insbesondere auch Wuppertal, auf die „Anforderungen für eine moderne Stadt“ umgebaut, sprich: autogerecht. Der technische Fortschritt, sowie die Substanz der Garage geben ein Zeugnis dieser Phase ab. 2001 wurde die Stockwerksgarage als Denkmal-Nummer 4169 in die Liste der Stadt Wuppertal eingetragen.

Dieses und 14 andere Baudenkmäler der Nachkriegszeit hat der Bergische Geschichtsverein, Abt. Wuppertal in der Ausstellung „Zwischen Utopia und Moderne“ erarbeitet, die virtuell auf der Vereinsseite zu sehen ist (Virtuelle Ausstellung – Abteilung Wuppertal e.V. (bgv-wuppertal.de) [1]). Katalog und Kalender der Ausstellung sind in den Wuppertaler Buchhandlungen verfügbar.

Bauherr: Auto Hengst / Glanzstoff AG | Architekt: Wolfgang Rathke | Bauzeit: 1953-1957 | Kasionstraße 28 (Elberfeld) | Denkmal seit: 2001 | Denkmalnummer: 4169

Foto: (C) BGV Wuppertal / Andreas Komotzki