Industriekultur

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Museen & Ausstellungen

Essen/Oberhausen: Jubiläumsausstellungen des Regionalverbands Ruhr

Nach coronabedingter Verschiebung sind nun endlich die beiden zentralen Ausstellungen anlässlich des 100jährigen Bestehens des Regionalverbandes Ruhr zu sehen.

Das Ruhrmuseum auf der Zeche Zollverein zeigt vom 13. September 2020 bis zum 9. Mai 2021 „100 Jahre . Die andere Metropole“.
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Regionalverbands Ruhr blickt die Ausstellung auf die komplexe Entwicklung einer der mit über 5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern bevölkerungsreichsten Regionen Europas zurück. In sieben Abteilungen stellt sie die „Stadt der Städte“ als Verwaltungsmetropole, als Infrastruktur-, als politische Metropole, als Verkehrs-, als Industrie-, als Sport- und Veranstaltungs- sowie als Kultur- und Wissensmetropole dar. Diese unterschiedlichen Entwicklungen folgten ihrer eigenen Dynamik und entwickelten sich als Erfolgsgeschichten, Geschichten der Rückschläge und des Scheiterns oder des Wandels und der Transformation. Zusammen ergeben sie die Geschichte der Metropole Ruhr, die heute zu den großen europäischen Metropolen gehört, sich in ihrer Widersprüchlichkeit und Polyzentralität aber auch deutlich von ihnen unterscheidet. Denn hier war und ist immer „alles wieder anders“. Für das Ruhrgebiet wurden die gelb-schwarzen Verkehrsschilder entwickelt, die heute auf allen deutschen Bundesstraßen gelten. Es ist der Ort, an dem das Internet in Deutschland zu laufen begann und nach dem Ende der Montanindustrie die Industriekultur das bundesweite Alleinstellungsmerkmal ist. Millionen Menschen überschreiten jeden Tag die Gemeindegrenzen, allerdings ohne flächendeckenden Nahverkehr. Und in 2020 wird zum ersten Mal nach 100 Jahren das Ruhrparlament direkt gewählt. Der Strukturwandel als Daueraufgabe, das Sich-immer-wieder-neu-erfinden ist aber ein Band, welches die Bürgerinnen und Bürger der polyzentrischen Metropole auch in Zukunft zusammenhalten wird.

Die Ausstellung zeigt über 1.000 Exponate von über 200 Leihgebern, darunter alle wichtigen Verbände, Institutionen und Museen des Ruhrgebiets. Darüber hinaus stellen aber auch viele Privatleihgeber Exponate zur Verfügung. Angefangen bei Schriftstücken und zentralen Urkunden, wie dem Originalvertrag der sogenannten Montanunion, der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (EGKS), aus dem Nationalarchiv Luxemburg, über Fotos und Plakate bis hin zu seltenen Filmdokumenten. Sie zeigt aber auch beeindruckende Modelle und Objekte. Darunter befinden sich die „Viktoria“, der Fußballwanderpokal der Deutschen Meister vor 1945, der „Bambi“ von Hape Kerkeling und ein Kostüm aus „Starlight Express“, dem erfolgreichsten Musicaltheater der Welt. Eingerahmt wird der Ausstellungsraum auf der beeindruckenden Bunkerebene des Ruhr Museums durch einen Bildband aus über 100 hinterleuchteten Fotografien, die in den letzten 20 Jahren im Ruhrgebiet entstanden sind. Zusammen ergeben die Objekte und Fotografien ein interessantes und facettenreiches Bild der Metropole Ruhr.
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Zum 100-jährigen Bestehen des Regionalverbands Ruhr (RVR) zeigt das LVR-Industriemuseum im Peter-Behrens-Bau in Oberhausen ab dem 20. September 2020 erstmals und in großem Umfang Fotografien aus dem RVR-Fotoarchiv. Die Foto-Ausstellung thematisiert 100 Jahre Planungs- und Verbandsgeschichte für das Ruhrgebiet. Beispiele zu den Themen Mobilität und Versorgung, Wohnen und Arbeiten sowie Kultur und Freizeit verdeutlichen die Veränderungsprozesse seit der Gründung des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk im Jahre 1920.
Wie hat sich das Ruhrgebiet seit dem Gründungsjahr des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, der später zum Kommunalverband Ruhr und schließlich zum Regionalverband Ruhr (RVR) wurde, verändert? Seit seiner Gründung im Jahr 1920 als Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk entstanden zahlreiche Fotografien, die die Arbeit des Regionalverbands dokumentieren und das Ruhrgebiet als „Stadt der Städte“ mit seiner typischen, urbanen Verdichtung zeigen. Über den Zeitraum von 100 Jahren spiegeln die Fotografien das Leben der Menschen wider – inmitten von Zechen, Stahlwerken, Bahndämmen und Schnellwegen, sowie im Grünen, in Parks oder an und auf den Gewässern an Lippe und Ruhr.
Zahlreiche Fotograf*innen, Profis wie Laien, drückten auf den Auslöser, um die damals für Ausstellungen, Verbandsbroschüren und Pressearbeit benötigten aktuellen Fotos zu erstellen. Bekannte Fotografen der Nachkriegszeit wie Karl Hugo Schmölz und Hans Grempel lieferten Aufnahmen aus der Zeit des Wiederaufbaus nach 1945. Lebensnahe Bilder vom „Ruhrpott“ zwischen Industrie und Strukturwandel steuerten Joachim Schumacher und Manfred Vollmer oder der – hier wiederentdeckte – Manfred Ehrich seit den 1970er Jahren bei.
Die Fotos der Ausstellung sind Zeugnisse des stetigen Wandels der Region – und prägen unser heutiges Bild von dieser Zeit. Aufnahmen vom frühen Straßenbau in den 1920er Jahren und vom Ruhrschnellweg der Nachkriegszeit machen auf die sich rasant verändernden Verkehrsbedingungen aufmerksam. Die Bilder zeigen auch, dass vieles gleichzeitig nebeneinander bestand: Neben der gepflegten Ordnung neuer Wohnsiedlungen gab es gleichermaßen die „schlechten Wohnlagen“ mit Wohnzimmerblick auf Hochöfen und Schlote. Dokumentationen aus den 1950er Jahren von den Umweltschäden durch Bergbau und Industrieabgase sind geeignet, die damalige Forderung nach dem „blauen Himmel über der Ruhr“ noch heute nachzuvollziehen. Der allmähliche Ausbau von Grünflächen, die Begrünung alter Industriehalden und der Ausbau von Freizeitangeboten wie den neuen Baggerseen und den „Revierparks“ sind in zeitgenössischen Fotos festgehalten.
Der Ausstellungstitel spielt auf die 100-jährige Geschichte des Regionalverbands bei der Planung für das Ruhrgebiet an, die stets „die Zukunft im Blick“ hat. Die Schau bietet mit über 250 Fotografien in analoger und digitaler Form eine facettenreiche Auswahl aus dem umfangreichen Bestand des RVR-Bildarchivs. Sie verdeutlicht, dass viele Ruhrgebiets-Themen auch heute noch von ungebrochener Aktualität sind.

Das RVR-Bildarchiv wird seit 1999 als Depositum im LVR-Industriemuseum aufbewahrt. Rund 35.000 Bildträger sind in den vergangenen Jahren in einem Kooperationsprojekt zwischen dem RVR und dem LVR systematisch untersucht worden. Den Großteil des Bestandes machen originale Glasnegative und verglaste Dias aus, die aus der Zeit der 1920er bis 1950er Jahre stammen sowie Dias, Negative und Fotoabzüge aus den darauffolgenden Jahrzehnten bis zu den 1990er Jahren.
Das Motivspektrum reicht von Schilderungen der Bauarbeiten an Verbands- und Bundesstraßen über Dokumentationen von Umweltbelastungen durch die Industrie und Begrünungsaktionen an Halden, Kanälen und in Naturschutzgebieten bis hin zum Wohnen und zur Freizeitgestaltung der Menschen im Ruhrgebiet. Deutlich wird, dass die Einzelthemen Wohnen, Mobilität, Industrie und Freizeit/ Kultur im Ruhrgebiet kaum isoliert betrachtet werden können, sondern sich einander bedingt haben. Dies betrifft besonders die Umwandlung bzw. Neunutzung von Industriearealen in dem auf Bergbau- und Stahlkrise folgenden Strukturwandel seit den 1960er Jahren.
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Eine aktuelle Übersicht über alle Aktivitäten anlässlich des Jubiläums finden sie hier

Aus Anlass des Jubiläums erscheint auch:

Karola Geiß-Netthöfel/Dieter Nellen/Wolfgang Sonne (Hgg.) für den Regionalverband Ruhr
Vom Ruhrgebiet zur Metropole Ruhr. Die Entwicklung einer Region
ISBN 978-3-86859-584-0
Jovis Verlag, Berlin
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