Berlin: Vortragsreihe zur Gründung von Groß-Berlin: „Berlin 1920-2020: Die Wiederentdeckung der Industriekultur“ im Deutschen Technikmuseum

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Die Gründung des städtischen Großraums Berlin im Jahre 1920 reagierte unmittelbar auf die industriellen und technischen Dynamiken des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Die industrielle Entwicklung hat damit die Geschichte Berlins als Planungs-, Lebens- und Politikraum entscheidend geprägt. Industriekultur ist auch heute ein wichtiger Faktor der wirtschaftlichen, touristischen und kreativen Stadtentwicklung. Welches Potenzial verbirgt sich hinter dem schillernden Begriff der Industriekultur und wie kann die Stadt dieses Potenzial in Zukunft nutzen?

Die Vortragsreihe „Berlin 1920-2020: Die Wiederentdeckung der Industriekultur“ diskutiert die vielfältigen Verbindungen von Stadt und Industriekultur im inter nationalen Vergleich. Die Beiträge stellen Bezüge zu unterschiedlichen Städten und Regionen her und ver suchen den sichtbaren und unsichtbaren, den vergessenen und neu entdeckten Spuren der Industrie kultur nachzuspüren. Von technologischen Innovationen, Gründergeist und Pionieren, über umgenutzte Industriestätten bis hin zum touristischen Routenthema – dies alles erzeugt interessante Referenzpunkte zu unserer Gegenwart in Berlin.

Die Vortragsreihe wird von Herbst 2017 bis Januar 2019 im Deutschen Technikmuseum in Berlin stattfinden, einmal im Monat, dienstags, um 18 Uhr. Sie wird veranstaltet vom Berliner Zentrum Industrie kultur und unterstützt vom Verband Deutscher Ingenieure sowie vom Georg-Simmel-Zentrum für Metropolenforschung der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Reihe ist Teil von Sharing Heritage, dem Programm zum Europäischen Kulturerbejahr 2018.

Konzeption: Prof. Joseph Hoppe und Dr. Heike Oevermann

Veranstaltungsort:
Deutsches Technikmuseum | Vortragssaal, 4. OG
Trebbiner Str. 9 | 10963 Berlin
www.sdtb.de

Programm

Faltblatt_Vortragsreihe_web (Faltblatt zum Download)

  1. Dezember 2017 | 18 Uhr

Die Wiederentdeckung der Industriekultur in Berlin
Prof. Joseph Hoppe (Deutsches Technikmuseum)
Interpretationen und Strategien der Industriekultur unterliegen historischen und regionalen Bedingungen. Nach einem Rückblick auf die Genese des Begriffs Industriekultur wird der Vortrag die stark schwankenden Konjunkturen des Themas in der Berliner Diskussion rekonstruieren und den jeweiligen zeithistorischen Handlungshorizont beleuchten.

  1. November 2017 | 18 Uhr

Barcelonas DNA: Plan Cerdà, Poblenou und 22@
Antoni Vilanova (Vilanova+Moya Arquitectes)
Die Arbeiten des katalanischen Stadtplaners Ildefons Cerdà (1815-1876) für Barcelona entstanden fast zeitgleich wie der 1862 in Kraft getretene „Bebauungsplan der Umgebungen Berlins“ von James Hobrecht (1825-1902). Inwieweit sind beide Planungen eine moderne Antwort auf die prägendeIndustrialisierung der Zeit? Oder entstanden die stadtplanerischen Antworten eher zufällig zur gleichen Zeit? Das ehemalige Industrieviertel von Barcelona, Poblenou, wird dabei genauer betrachtet und analysiert: Wie sieht dort der Umgang mit der Industriekultur heute aus? Und was können wir in Berlin davon lernen? Der Vortrag greift zudem das Projekt „22@Barcelona – Districte de la innovació (Innovation District)“ auf: Dieses Stadtentwicklungsmodell bezieht sich ebenfalls auf Poblenou und gibt zahlreiche Anregungen für eine Diskussion zu aktuellen Stadtentwicklungsprogrammen.

  1. Januar 2018 | 18 Uhr

Netzwerk und Knoten. Die Elektropolis Berlin im globalen Kontext
Dr. Thorsten Dame (Technische Universität Berlin)
Die zweite industrielle Revolution wurde bestimmt durch neue Leitsektoren und neue Organisationsformen. Die forschungsintensive Elektrotechnik entwickelte sich im globalen Austausch und zielte auf einen globalen Markt. Im neuen Netzwerk bildeten sich Großunternehmen und Großstädte als Zentren und Knotenpunkte aus, die im Wettbewerb und Austausch standen. Welche Bedeutung hat in diesem industriellen und wirtschaftlichen Gewebe das als „Elektropolis“ bekannt gewordene Berlin? Welche Beziehungen bestehen zu anderen Großstädten? Wie steht es um das gemeinsame Erbe dieser Zeit?

  1. Februar 2018 | 18 Uhr

Die Luftfahrt: Adlershof und Tempelhof im europäischen Vergleich
Prof. Dr. Jörg Haspel (Landeskonservator Berlin)
Die Geschichte der modernen Luftfahrt hat in Berlin ein international herausragendes Erbe hinterlassen. Diesen historischen Stätten und Denkmalen ist gemein, dass sie ihre ursprüngliche Funktion für den Luftverkehr eingebüßt haben oder in naher Zukunft verlieren sollen. Der Fliegerberg im denkmalgeschützten Lilienthalpark gehört dazu, ebenso die frühen Flugzeughallen in Karlshorst oder die Flugplätze Gatow, Staaken und Johannisthal einschließlich Versuchsanlagen und Hangars, sowie die komplexen Flughäfen Tempelhof und Tegel. Neben der Frage nach der auch militär- und repressionsgeschichtlichen Bedeutung und Nachnutzung dieser Verkehrs- und Technikdenkmale will der Vortrag grenzüberschreitende Kooperationsmöglichkeiten des „Aerospace Heritage“ aufzeigen.

  1. März 2018 | 18 Uhr

Strukturen des Ruhrgebiets: Erinnerungskultur, Kunst und Welterbe
Dr. Marita Pfeiffer (Stiftung Industriedenkmalpflege)
Das Ruhrgebiet hat den Begriff der Industriekultur geprägt wie kaum eine andere Region in Deutschland. Heute beziehen sich Erinnerungskultur und Gegenwartskunst in den Städten der Region auf ihre industriekulturelle Vergangenheit, indem sie diese Orte und Bauten interpretieren. Industriestrukturen prägen die Region städtebaulich und ein Antrag des Welterbes Zeche Zollverein wird vorangetrieben. Wo liegt die Zukunft dieser Strukturen und Städte der Industriekultur?

  1. April 2018 | 18 Uhr

Strom für die Welt: Wie die Elektropolis Berlin den Weltmarkt eroberte. Das Beispiel der chilenischen Steckdose
Marion Steiner (Bauhaus Universität Weimar/Regionalverband Ruhr)
Einen entscheidenden Beitrag zur hegemonialen Weltmacht Deutschlands im ausgehenden 19. Jahrhundert leisteten die Deutsche Bank und die ebenfalls in Berlin ansässigen Elektrokonzerne AEG und Siemens. Binnen weniger Jahrzehnte wurde Deutschland zur Exportnation und die „Elektropolis Berlin“ zur Weltstadt. Erläutert werden das globale Geflecht wirtschaftlich-elitärer Beziehungen und die „deutschen“ Methoden, die das Konstrukt des „Made in Germany“ bis heute befeuern. Beispiel sind die Geschäfte der AEG und der Deutschen Bank in der Hauptstadtregion Chiles, bestehend aus der Welthafenstadt Valparaíso und der Hauptstadt Santiago de Chile.

  1. Mai 2018 | 18 Uhr

Städtische Transportinfrastrukturen: Die Ringbahn in BerliN
Prof. Dr. Harald A. Mieg (Humboldt Universität zu Berlin/ETH Zürich)
In urbanen Räumen sind Verkehrs- und Stadtentwicklung eng gekoppelt. Die Ringbahn, 1877 fertiggestellt, hat Berlin als metropolitanen Raum vordefiniert. Die Einrichtung von Ringbahnen in London und Berlin waren innovative Planungsmaßnahmen, deren Umsetzung nur in einem bestimmten Zeitfenster der Stadtentwicklung möglich wurde. Eine nachträgliche Übertragung auf andere, gewachsene Metropolregionen, etwa Tokyo, ist kaum möglich.

  1. Juni 2018 | 18 Uhr

Festungsarchitektur und Pulverdampf: Stadtbaugeschichte und Industrie in Spandau
Dr. Heike Oevermann (Humboldt-Universität zu Berlin)
Berlin erfindet sich als Metropole neu und viele der industriekulturellen Orte spielen hier eine wichtige Rolle. Auch Spandau ist als früher Industriestandort der Stadt mit Zitadelle und Pulverfabriken ein interessanter historischer Standort. Wie prägte die Verteidigungsarchitektur und frühe Rüstungsindustrie Spandau und wie kann die historische Beziehung zu Berlin stadtbaugeschichtlich verstanden werden? Etwas abseits vom Zentrum der Stadt wird heute eine Wiederbelebung industriekultureller Orte versucht, die die Relevanz von Spandau neu definieren könnte.

  1. September 2018 | 18 Uhr

Generalpläne. Internationale städtebauliche Wettbewerbe und die Neuerschaffung der Stadt
Cosima Götz (Universität Tübingen)
Groß angelegte städtebauliche Wettbewerbe hatten von 1890 bis etwa 1930 in vielen Regionen der Welt Hochkonjunktur. Sie zielten auf nichts Geringeres als eine Gesamtplanung der Stadt. Bis heute prägen sie die Metropolen – auch Berlin, wo der städtische Großraum 1920 als Folge eines Wettbewerbs entstand. Wie nahmen damals Experten, Verwaltung und Öffentlichkeit an verschiedenen Orten der Welt die Gegenwart wahr und wie stellten sie sich die Zukunft ihrer Stadt vor? Welche Rolle spielten dabei internationale Vergleichs- und Transferprozesse? Welche Potenziale bieten diese Projekte für heutige Stadtentwicklungsplanungen?

  1. Oktober 2018 | 18 Uhr

Industriekultur in a global context
Sir Neil Cossons (Life President of TICCIH)
Industriekultur seems to be a German concept. However, processes of industrialisation and urbanisation are well known all over the world. The relevance of Industriekultur in the international context will be introduced and will provide inputs for the future of Industriekultur in Berlin.

  1. November 2018 | 18 Uhr

Utopie und Industrie: Leichtbauarchitektur in Berlin und Dessau
Prof. Dr. Walter Scheiffele (Weißensee Kunsthochschule Berlin)
Ausgehend von utopischen Anfängen bei Paul Scheerbart und Bruno Taut in Berlin wird durch Hugo Junckers und seinen Flugzeugbau in Dessau die Leichtbauweise auch für die Architektur weiterentwickelt. Das leichte Haus als eine Innovation, die aus der Verbindung von Utopie, Industrie und Architektur entsteht. Der Vortrag führt ein in Prozesse und Akteure der Geschichte, die auch heute für die kreativen und innovativen Kräfte in Städten von Interesse sind.

  1. Januar 2019 | 18 Uhr

Diskussion und Resümee: Potenziale der Industriekultur in BerlinDie touristischen Potenziale der Industriekultur Berlins werden seit einigen Jahren durch das bzi hervorgehoben. Potenziale, Chancen und Herausforderungen sind gerade auch im Hinblick auf neue Tourismuskonzepte der Stadt zu diskutieren. Die abschließende Veranstaltung fragt, welche Rolle die Industriekultur für die Zukunft der Stadt spielen kann.