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Wilnsdorf/Siegerland: Archäologische Forschungskooperation erkundet den ältesten Dampfmaschinenstandort des Siegerlandes untertage

AKZ 5114,585 Grube Landeskrone: Dampfmaschinenhalle [1]

Durch brusthohes Wasser in über 80 Metern Tiefe unter der Erde in völliger Finsternis waten und nicht wissen, was hinter der nächsten Abbiegung lauert. So sah der Weg aus, der jetzt – so der LWL – erstmals seit Jahrzehnten im Siegerland eine Forschungskooperation tief hinein in den überregional bedeutenden Bergbau bei Wilnsdorf (Kreis Siegen-Wittgenstein) führte. 800 Meter vom Eingang entfernt erwartete das Forscherteam des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), des Deutschen Bergbau-Museums Bochum und des Vereins für Siegerländer Bergbau e. V. die Heimat der ersten untertage eingesetzten Dampfmaschine im Siegerland von 1852…

Bisher war der „Tiefe Grundstollen Landeskrone“ bei Wilnsdorf fest mit Beton verplombt – seit zwei Jahrzehnten. Hinter der Zugangssperre, fast 800 Meter hinter dem Zugang zum Stollen, hält seit Ende der Nutzung eine weitläufige Maschinenhalle als wichtiger Zeuge der Anfänge der Industrialisierung einen Dornröschenschlaf. Dem machte nun der geplante Ausbau der A45 in Südwestfalen durch den Landesbetrieb StraßenNRW ein Ende. Der Stollen wurde wieder geöffnet und damit war der Weg frei für die erste Untersuchung und Dokumentation seit Jahrzehnten.

Unter der Leitung von Dr. Manuel Zeiler von der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen musste zunächst ein mehrere hundert Meter langer Stollen bewältigt werden. Das war bereits eine Herausforderung für Mensch und Material, hatte der Untergrund im Laufe der Jahrzehnte doch reichlich Morast und teilweise brusthohes Wasser angesammelt. Mit stattlichem wie sperrigem Ballast in Form von Ausrüstungsgegenständen auf dem Rücken war das alles andere als leicht.

Zeitzeugen wie diese aus den Anfängen der Industrialisierung gibt es nicht viele. Kaum eine Epoche hat die Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt so verändert wie die Industrialisierung. Beispielsweise konnte erstmals mit Hilfe von Dampfmaschinen effektiv und kontinuierlich Wasser aus großen Tiefen gepumpt und damit eines der größten Probleme gelöst werden, das bis dahin die Bergleute am Vordringen in große Tiefen hinderte. Der rasche technologische Fortschritt führte aber auch dazu, dass Bau- oder Bodendenkmäler aus der Anfangszeit dieser Epoche heute kaum noch erhalten sind. Gerade im Bergbau verschwanden die Gebäude und technischen Anlagen der Zechen, in denen die ersten Dampfmaschinen bis dahin unvorstellbare Höchstleistungen ermöglichten, sehr schnell um Platz für modernere Maschinen zu schaffen. Deshalb ist die montanarchäologische Dokumentation solcher Orte besonders wichtig.

Damit eine dampfbetriebene Pump- und Fördereinrichtung gut 80 Meter unter der Erdoberfläche in Wilnsdorf installiert werden konnte, benötigte man viel Platz. Daher wurde ein Hohlraum ausgebrochen und sorgsam – beinahe prunkvoll – ausgemauert. Die Wilnsdorfer Maschinenhalle besteht aus einer Kesselhalle, einem Podest für die Dampfmaschine und der sogenannten Schachthalle. Denn von hier aus führte ein Schacht weitere 90 Meter in die Tiefe. Diese Dampfmaschine war die erste, die untertage im Siegerland eingebaut wurde. Da zu dieser Zeit keine Eisenbahnverbindung in das Ruhrgebiet existierte und damit keine Steinkohle als Brennstoff zur Verfügung stand, wurde eine Dampfmaschine installiert, die mit Braunkohle aus dem benachbarten Westerwald gefeuert werden konnte.

Das 15-köpfige Forscherteam führte unter Tage Ausgrabungen durch und fotografierte die Entdeckungen. Im Mittelpunkt der Arbeiten stand vor allem eine dreidimensionale Dokumentation. Hierbei wurde erstmals für Südwestfalen das sogenannte Structure From Motion-Verfahren untertage eingesetzt, bei dem unzählige Fotos zu einem 3D-Model verrechnet werden, dass im Internet zu sehen ist (https://sketchfab.com/3-DBM [2]). Die Wissenschaftler vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum haben ein Video des gemeinsamen Projektes erstellt, in dem die Grube und die Arbeitsschritte während der Dokumentation in spektakulären Bildern zu sehen ist (https://youtu.be/zsoiXkd5jnQ [3]). Am 21. September um 19 Uhr wird die Forschungskooperation zusammen mit der Gemeinde Wilnsdorf einige ihrer Ergebnisse der Öffentlichkeit in einem Vortrag im Museum Wilnsdorf präsentieren.