Bocholt: LWL-Industriemuseum beginnt mit Sanierung der Spinnerei Herding

Schneller als erhofft kann der LWL mit den Mitteln aus Berlin die Erweiterungspläne für sein Bocholter Industriemuseum in die Tat umsetzen. Kirsch: "Die großen und faszinierenden Räume der Spinnerei eröffnen uns die Möglichkeit, hier eins der führenden Textilmuseen Deutschlands zu etablieren. Damit werden wir der historischen Bedeutung des Industriezweiges im Westmünsterland gerecht und können erstmals auch größere Teile unserer Sammlung an Textilmaschinen präsentieren, die einzigartig auf dem Festland ist."

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Das Industriedenkmal an der Fabrikstraße in Bocholt (Foto: LWL)

Umsetzung des Konjunkturpaktes

Die Umsetzung des Konjunkturpaketes ist ein Kraftakt – im wahrsten Sinne des Wortes. Schon die Textildruckmaschine Baujahr 1873, die am Freitag mittels Kran durch das geöffnete Dach des Kesselhauses gehoben wurde, wiegt mehr als vier Tonnen. "Und das ist nur eine von insgesamt 200 historischen Großmaschinen, die wir für die Zeit der Bauarbeiten in Räume einer ehemaligen Weberei in Bocholt auslagern müssen", erklärt Museumsleiter Dr. Hermann Josef Stenkamp.

Der Zeitrahmen ist eng: Bis Ende 2010 sollen die Mittel verbaut sein. Zunächst wird am neuen Eingang der Kulturfabrik gearbeitet. Das Dach des ehemaligen Kesselhauses muss abgetragen und die Stirnwand geöffnet werden. Hier gelangen die Besucher künftig ins Foyer und den 600 qm großen Raum für Wechselausstellungen. Der Spinnereisaal im Erdgeschoss wird in Teilbereichen klimatisiert, um auch empfindliche und hochwertige Exponate zeigen zu können. Das erste Obergeschoss soll für die Dauerausstellung reserviert werden. Auch eigene Räumlichkeiten für die Museumspädagogik sind geplant. "Das ist uns besonders wichtig", so Stenkamp.

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So wird die LWL-Kulturfabrik aussehen (Grafik: Atelier Brückner)

Über alle vier Etagen erstrecken sich die Bauarbeiten für das neue Treppenhaus im historischen Seilgang der Spinnerei, über den früher die Antriebsenergie zu den Spinnmaschinen verteilt wurde. Treppen und ein Aufzug bringen Besucher künftig zu den Veranstaltungsräumen im zweiten Obergeschoss und aufs Dach der Spinnerei. Dort entsteht ein Kubus aus Stahl und Glas – das künftige Museumsrestaurant. "Von der Dachterrasse aus hat man einen Blick über ganz Bocholt. Das wird ein Glanzlicht des neuen Hauses", ist sich Museumsleiter Stenkamp sicher.

Eine breite Palette von begleitenden Arbeiten in den Bereichen Brandschutz, Heizung, Lüftung, Klima, Sanitär und Elektro gehört ebenfalls zum Ausbauprogramm. Bei all dem steht der Denkmalschutz ganz oben an. "Wir werden die historische Bausubstanz so weit wie möglich erhalten, und alle Neubauteile in den historisch bedeutenden Bereichen werden auch klar als neu zu erkennen sein", erklärt Bauleiter André Behrens vom LWL-Bau- und Liegenschaftsbetrieb.

Boch_Herd.hist.450.jpgSo sah die Spinnerei Herding um 1930 aus (Repro: LWL)

Hintergrund LWL-Textilmuseum

Das Textilmuseum in Bocholt ist einer von acht Standorten des LWL-Industriemuseums. Weil ein historisches Gebäude seinerzeit vor Ort nicht zur Verfügung stand, beschloss der LWL 1984 zunächst den Nachbau einer typischen Weberei aus der Zeit der Jahrhundertwende als Standort für ein Textilmuseum. 1989 wurde an der Aa Eröffnung gefeiert. Im Jahr 2004 konnte der LWL den viergeschossigen Backsteinbau der in den 1970er Jahren stillgelegten Spinnerei Herding in Sichtweite zum heutigen Museum mit finanzieller Unterstützung der Sparkassenstiftung, der Stadt Bocholt und des Kreises Borken für die Museumserweiterung ankaufen. Zwischenzeitlich sind Depot und Werkstatt in das Gebäude eingezogen. Im Rahmen von Sonderausstellungen und Veranstaltungen hat das LWL-Industriemuseum die Spinnerei Herding in den letzten Jahren immer wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das nächste Event ist die 2. Bocholter Kriminacht am 19. 9. 2009, 19 bis 24 Uhr.

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v.l.n.r.: Hendrik Pross (Statiker), Dr. Arnold Lassotta, Dr. Hermann Josef Stenkamp, LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch, André Behrens (Bauleiter) und Maria Millan (Architektin) (Foto: LWL/Hudemann)