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Cannes/Essen: RAG Montan Immobilien zieht auf die Kokerei Zollverein

„Wir wollen so schnell wie möglich loslegen und auf dem ehemaligen Standort der Kokerei Zollverein das erste Bauprojekt starten. Unser Unternehmenssitz soll in Zukunft auf dem Weltkulturerbe stehen,“ sagte Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montan Immobilien GmbH, nach Angaben des Unternehmens auf der MIPIM. „Damit wir die gemeinsamen Pläne auf Zollverein realisieren können, müssen jetzt die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden,“ ergänzte Noll. Das Unternehmen mit Sitz in Essen werde dabei mit dem renommierten, ebenfalls in Essen ansässigen Projektentwickler Kölbl Kruse GmbH kooperieren. Unter anderem errichtet Kölbl Kruse derzeit einen Neubau hinter der denkmalgeschützten Fassade des Essener Glückauf-Hauses.

rag_immo.450.jpg(v.l.n.r.) Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung
der RAG Montan Immobilien GmbH; Stephan Kölbl und Dr. Marcus Kruse, Geschäftsführer von Kölbl Kruse; Hermann Marth, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein; Jürgen Best, Planungsdezernent der Stadt Essen (Foto: RAG Montan Immob.)

Die konkreten Planungen sind ein Ergebnis der intensiven Zusammenarbeit der RAG Montan Immobilien (früher MGG Montan-Grundstücks-Gesellschaft) mit der Stiftung Zollverein, die bei der EXPO REAL im vergangenen Oktober per Kooperationsvereinbarung auf den Weg gebracht wurde. Die Kooperation hat das Ziel, zeitnah adäquate Entwicklungs- und Nutzungsmodelle für Teilflächen und teilweise denkmalgeschützte Anlagen auf dem Areal der ehemaligen Kokerei Zollverein zu schaffen. Das Gelände mit rund 40 Hektar Fläche grenzt im Norden direkt an das ehemalige Zechengelände – den Hauptstandort des Welterbes rund um Schacht XII.

Hermann Marth, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein, betrachtet die Projektplanungen von RAG Montan Immobilien und Kölbl Kruse auf dem Kokereistandort nach Angaben ersterer nicht nur als Erfolg der vereinbarten Kooperation zwischen Grundstückseigentümer und Stiftung. Marth sagte: „Es ist zwingend erforderlich, dass wir diesen Schritt zur Erweiterung und weiteren Attraktivitätssteigerung des Welterbes Zollverein gehen. Denn über die Bedeutung als Kultur- und Tourismusstandort hinaus muss Zollverein auch als Wirtschafts- und Gewerbestandort wachsen, um für die Zukunft gewappnet zu sein.“ Die Entscheidung der RAG Montan Immobilien, den Unternehmenssitz auf das Areal der Kokerei zu verlagern und dies gemeinsam mit Kölbl Kruse realisieren zu wollen, sei ein Zeichen für das Vertrauen in die Stärke des Standortes. Dies könne Vorbildfunktion für andere Unternehmen haben. Für die Ansiedlung neuer Betriebe stehen dort rund 220.000 Quadratmeter zur Verfügung.

Für Dr. Marcus Kruse, gemeinsam mit Stephan Kölbl Geschäftsführer von Kölbl Kruse, ist das Vorhaben nach RAG-Angaben eine Investition in die Zukunft. „Der Standort Zollverein hat eine Strahlkraft weit über Essen und das Ruhrgebiet hinaus. Deshalb ist für uns die Entscheidung, gemeinsam mit der RAG Montan Immobilien hier ein Zeichen zu setzten, kein Wagnis. Wer hier dabei sein will, muss ein wenig Mut haben, aber vor allem an den Standort glauben. Die Investitionsentscheidung für Zollverein ist uns deshalb leicht gefallen,“ sagte Kruse. Jetzt werde man gemeinsam mit Stiftung und Grundstückseigentümer alles daran setzen, schnellstmöglich das Planungsrecht auf den Weg zu bringen. Da sei die Stadt gefragt. Im Interesse des Standortes sei hier schnelles und flexibles Handeln notwendig.

RAG Montan Immobilien-Chef Noll wies in diesem Rahmen auf zwei Herausforderungen hin, die derzeit vorrangig geklärt werden müssten: die Themen Erschließung und Kanalsanierung. Hier müsse man auch im Interesse der ansiedlungswilligen Unternehmen den Planungs- und Entscheidungs-prozess beschleunigen. „Wir befinden uns im intensiven Dialog mit der Stadt Essen und den Stadtwerken. Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Noll abschließend.

Hermann Marth betonte, er gehe davon aus, dass sich die Stadt gegenüber konkreten Planungen auf dem Kokereistandort und damit verbunden auch kurzfristigen Investitionen aufgeschlossen zeigen werde. „Die erfolgreiche Weiterentwicklung Zollvereins ist für die Stadt Essen sowohl wirtschaftlich ein Gewinn als auch ein Imagegewinn. Dies hat Auswirkungen weit über die Stadtgrenzen hinaus, für die Metropole Ruhr, das Land und ganz Deutschland. Einen vergleichbaren Ort gibt es auf der ganzen Welt nicht noch ein Mal“, sagte Marth.

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Hintergrund

Die Kokerei Zollverein wurde 1957 gebaut und mit Erweiterung und Umbauten bis 1993 betrieben. Sie galt als die modernste Kokerei Europas. Der Standort hat eine Fläche von ca. 40 Hektar.

Im Jahr 2000 wurde die Kokerei Zollverein mit den Bereichen der Koksproduktion („Schwarze Seite“) und der chemischen Produktion zur Gewinnung der Nebenprodukte („Weiße Seite“) komplett unter Denkmalschutz gestellt und in die in Dortmund ansässige Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, die vom Bergbau und dem Land NRW gemeinsam ins Leben gerufen wurden, eingebracht. Nach Angaben der Industriedenkmal-Stiftung gehört ihr die gesamte Kokerei bis heute.

Ende 2001 wurden Zeche und Kokerei Zollverein zum Welterbe der UNESCO erklärt. Zollverein ist auch Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur. Zusammen mit der benachbarten Zeche Zollverein entwickelt sich die Kokerei nach Angaben der Zollverein-Stiftung zu einem herausragenden Zukunftsstandort in Nordrhein-Westfalen.

Im Oktober 2008 schlossen die Stiftung Zollverein und die RAG Montan Immobilien eine Kooperationsvereinbarung ab, um den ehemaligen Kokereistandort im Gesamtensemble UNESCO-Welterbe Zollverein voran zu bringen und zu einem attraktiven Wirtschafts-, Kultur- und Tourismusstandort weiter zu entwickeln.

Die „Schwarze Seite“ der Kokerei Zollverein soll nach deren Angaben im Frühjahr 2009 an die Stiftung Zollverein übertragen werden.

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Quelle: Pressemitteilung RAG Montan Immobilien