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Köln: Erlaubt ist alles was Spaß macht: Science Adventure „Odysseum“ eröffnet

In zwei Jahren entstand – zwischen dem Kölner Polizeipräsidium, einem Drive-In-Baumarkt und einer Shopping Mall – der ehrgeizige „Abenteuer-Wissenspark“. Insgesamt gut 30 Mio. Euro wurden investiert; davon kamen nach Angaben der Stiftung etwa 15,5 Mio. von der Stadtsparkasse KölnBonn, ca. 12 Mio. vom Land NRW und 2,5 Mio. von Bundesministerium für Bildung. Erwartet werden jährlich ca. 350.000 Besucher.

Grundsteinlegung.jpgGrundsteinlegung am 20. März 2007. Von links: Dietmar P. Binkowska (Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse KölnBonn und der SK-Stiftung CSC – Cologne Science Center), Gustav Adolf Schröder (ehemaliger Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse KölnBonn und Gründungsvorsitzender der SK-Stiftung CSC – Cologne Science Center), Jürgen Rüttgers (Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen), Josef Müller (ehemaliger Bürgermeister der Stadt Köln) und Kaspar Kraemer (Architekt des Odysseum Köln). Herr Rüttgers legt die Zeitkapsel in den Grundstein.

Eigentümer und Bauherr ist die Sparkassen-Stiftung CSC – Cologne Science Center, die 2001 von der Stadtsparkasse Köln eingerichtet wurde und heute der Sparkasse Köln-Bonn untersteht. 2005 war die Finanzierung gesichtert; 2006 wurde das Konzept des Architekturbüros von Kaspar Kraemer zur Realisierung ausgewählt. Am 20. März 2007 wurde der Grundstein gelegt, am 21. Dezember  folgte der „Erste Spatenstich“. Betrieben wird das „Odysseum“von der SMG Science Center Services. SMG ist spezialisiert auf den Betrieb von öffentlichen Versammlungsstätten. Weltweit betreibt SMG mehr als 200 Stadien, Arenen, Kongresszentren, Theater und Science Center und beschert dort nach eigener Aussage mehr als 30 Millionen Besuchern im Jahr unvergessliche Events.

Auf ca. 7000 qm Grundfläche – weitgehend auf Strassenniveau – werden fünf „Themenwelten“ präsentiert: Cyberspace, Leben, Erde, Mensch und Kinderstadt, dazu kommt ein "Außenerlebnisbereich". Bis zuletzt wurde an der Benenung der Themenbereiche gefeilt (siehe Stiftungs-Homepage). Für die Gestaltung zeichnet die schwäbische Firma Hüttinger verantwortlich. 

Die CSC-Stiftung selbst formuliert den Zweck des „Odysseums“ so: „Mit diesem Erlebnishaus des Wissens sollen hauptsächlich junge Menschen an wissenschaftliches Denken, Naturwissenschaften und Technologieentwicklung herangeführt werden. Daneben soll das Odysseum ein Schaufenster der regionalen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft werden sowie eine Plattform für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft bilden“

Die Stiftung erläutert auf ihrer Homepage weiter:

„Das Odysseum Köln ist ein Wissenschaftszentrum, in dem Wissen zur Gestaltung der Zukunft erlebbar gemacht wird. Mit spannenden Exponaten, spektakulären Programmen und faszinierenden Diskussionsforen wird Wissenschaft für eine breite Öffentlichkeit begreifbar gemacht. In einer urwaldartigen, künstlichen Pflanzenwelt ergründen die Besucher Entstehung, Ursprünge und Prinzipien des Lebens. Ähnlich wie ein Astronaut betrachten sie unsere Erde in ihrer Schönheit, aber auch ihrer Zerbrechlichkeit: Sie erleben, wie die Menschheit durch technischen und gesellschaftlichen Fortschritt zur globalen Kraft wurde und worin aktuelle Herausforderungen, sowie Aufgaben der Globalisierungsgestaltung bestehen. In einer netzwerkartigen, technischen Umgebung erfahren die Besucher, wie die Technik mit Informationen umgeht. Dabei geht es um Computer, Kommunikation und Roboter. Als Wissenschaftler testen sie in einem modern anmutenden Forschungszentrum, wie Forschung und Fortschritt der Ernährung und der Gesundheit des Menschen helfen können. In einer eigens eingerichteten Stadt für Kinder erhalten diese und deren Eltern ein attraktives Lern- und Spielangebot mit entsprechend aufbereiteten Exponaten.Mit seinem Namen verweist das Odysseum Köln auf die Odyssee aus der griechischen Mythologie: als komplexe Entwicklung eines Individuums mit seinem persönlichen Auf und Ab. Zudem spiegelt das Odysseum vier Millionen Jahre Evolution der Menschheit wider: vom gefährdeten Hominiden zum Herrscher über die Erde – immer noch eine Odyssee mit ungewissem Ausgang. In Köln wird spürbar, dass wir alle Suchende in einer zunehmend komplexen Welt sind.

Das Odysseum Köln versteht sich als offene Plattform für Wissensvermittlung und den Dialog innerhalb der Gesellschaft. Daher will das Odysseum ein breites Spektrum an wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Gruppen und Akteuren sowie deren Themen in die Präsentations- und Kommunikationsprozesse integrieren.Die Gründung des Odysseum Köln inmitten einer der dichtesten Forschungsregionen Europas ist Ausdruck einer modernen Wissensgesellschaft. Die breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den vielfältigsten Facetten des Fortschritts ist Bestandteil einer neuen wachsenden Kultur.“

Trotz weitgehend modernster Präsentations- und Animations-Technik aus aller Welt integriert das „Odysseum“ einige technikgeschichtliche Einzelstücke in sein Ausstellungskonzept. In der Erlebniswelt „Erde“ demonstrieren ein historischer Gas- und ein liegender Ottomotor das Thema „Energie“. Es handelt sich um Leihgaben der Firma Deutz AG, die an ihrem Porzer Firmensitz über eine herausragende Motorensammlung verfügt. Büsten von N.A. Otto und Eugen Langen flankieren die Maschine. 

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Ausserdem stellte die Fachhochschule Augsburg, Fakultät für Elektrotechnik, dem Odysseum einen funktionsfähigen 1-PS- Elektromotor als Dauerleihgabe zur Verfügung. Der Elektromotor aus der Landshuter Fabrik der Bayerischen Elektricitäts-Werke (1-PS Leistung, 120 Volt, 8,4 Ampere und 1200 Touren) soll nach eigenen Angaben "über einen Riemenantrieb mit dem historischen Viertakt-Ottomotor, einem liegenden Einzylinder, verbunden werden und zeigen, wie historisch Strom erzeugt worden ist".

Bild020_Elektromotor.JPGÜbergabe des Elektromotors durch Prof. Dr.-Ing. Manfred Reddig (links) an Michael Cremer, SK-Stiftung CSC am 18. Juni 2008 in Augsburg

Während das Odysseum sich nach Medienangaben auf die Zielgruppe Kinder und Jugendliche konzentriert, sind zwei weitere ambitionierte Projekte der Wissenschafts- und Technikvermittlung für alle Alterstufen im Rahmen des NRW-Förderprogrammes Regionale2010 geplant: Das „envihab“ des Dt. Zentrums für Luft und Raumfahrt im Stadtbezirk Porz sowie das „Chemtech“ im südlich von Köln gelegenen Wesseling warten auf ihre Realisierung.

Die Hoffnung auf vielbeschworene Synergieffekte im sozial und städtebaulich schwierigen Deutz-Kalker Stadtgebiet wird allerdings derzeit durch andere städtische Pläne getrübt: Nach Medienberichten befürwortet die Stadt Köln eine Verlagerung des Ingenieurwissenschaftlichen Zentrums der Fachhochschule von Köln-Deutz, in der Nachbarschaft des Odysseums, auf eine derzeit in privater Hand befindliche Industriebrache in der südlichen Neustadt. Die aus den 1960er und 1970er Jahren stammenden Bauten in Deutz seien sanierungsbedürftig; außerdem bestünde so die Möglichkeit, alle Abteilungen der Hochschule in der südlichen Neustadt, wo bereits in der "Alten Universität" die geisteswissenschaftlichen Abteilungen untergebracht sind, zusammenzuführen, heißt es. Kritiker der Verlagerung führen zudem an, daß die Hochschule auch einen gerade neu errichteten Außenstandort im bergischen Gummersbach besitze; ein weiterer soll auf dem Gelände des ehemaligen Bahnwerks in Leverkusen-Opladen entstehen (wir berichteten).

Ody_Gasm_450.JPGGasmotor aus der Dombauhütte (Leihgabe Deutz AG)