Industriekultur

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Düsseldorf: Mit dem Hein-Lehmann-Areal in Flingern verliert die Stadt ein bedeutendes Denkmal der Industriekultur

Düsseldorf war nicht nur der Schreibtisch des Ruhrgebiets, sondern wie Köln ein bedeutender Standort für Stahl- und Maschinenbau. Dies ist derzeit noch auf dem Gelände des weltbekannten Stahlbauunternehmens „Hein, Lehmann & Co“ an der Fichtenstraße erkennbar. Kern des bisher dicht mit historischen Bauten besetzten Areals ist die riesige Brückenbauhalle; darum gruppieren sich Werkstätten und Bürogebäude.

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Ausgehend von einem Vorgängerunternehmen entstand die Hein, Lehmann & Co. AG in Berlin-Reinickendorf zunächst als Spezialunternehmen für Wellblechverarbeitung sowie Stellwerksanlagen. Während Niederlassungen im Siegerland und im russischen Donbass bald wieder aufgegeben wurden, entwickelte sich die Stahlbauabteilung in Düsseldorf-Oberbilk bald zum größten Zweig des Unternehmens. Die Mitarbeiterzahl stieg von 250 im Jahre 1893 auf mehr als 1.500 im Jahre 1913, als jährlich 50.000 t Eisen verarbeitet wurden.

HLAG_Werk_1913.450.jpgWerksansicht 1913; im Zentrum die alte Haupthalle (siehe Innenansicht unten)

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Hein-Lehmann-Bauten: Bochumer-Verein-Pavillon der Düsseldorfer Industrieausstellung 1902 (heute „Jahrhunderthalle“ in Bochum);  Mannesmann-Röhrenwalzwerk in Düsseldorf-Eller, Stahlwerkshalle der Adolf-Emil-Hütte in Esch/Luxemburg (heute Belval), Gaszentrale in Hagendingen/Lothringen sowie zahlreiche Eisenkonstruktionen wie Kohlewäschen und Fördergerüste im Ruhrgebiet und in Oberschlesien.Stahlkonstruktionen wurde aber auch in alle Welt exportiert, so nach Mexiko, Peru, Taiwa und sogar nach Großbritannien (El. Zentrale der Londoner U-Bahn).

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Während Hein, Lehmann & Co an der Kölner Hohenzollernbrücke per ARGE beteiligt war, entstanden etwa  die Ruhrorter Eisenbahnbrücke und die Eisenbahnbrücke in Düsseldorf-Hamm ganz in Oberbilk. Ein Spezialgebiet waren auch Bahnhofshalle, wie die nicht mehr bestehende dreischiffige Halle des Deutzer Bahnhofs in Köln, die Hallen das Aachener, Elberfelder und Koblenzer Hauptbahnhofs, die in ihrer Zeit als vorbildlich gestaltete Ingenieubauten galten und dem Unternehmen etwa auf der Brüsseler Weltausstellung 1910 höchste Auszeichnungen einbrachten. Aus der Zwischenkriegszeit stammt unter anderem der Funkturm in Berlin (1928).

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Hein, Lehmann & Co unter anderem maßgeblich am Bau bzw. Wiederaufbau zahlreicher Rheinbrücken beteiligt.

In den frühen 1990er Jahren wurde das Unternehmen umstrukturiert und verlagert; zahlreiche kleinere Gewerbebetriebe, aber auch Künstler zogen in den „Gewerbepark Fichtenstraße 75“ auf dem bisherigen Werksgelände.Wie aus Medienberichten hervorgeht, hat nun der britische Investor Segro das Gelände gekauft und möchte dort einen Neubau-Gewerbepark errichten. Den bisherigen Mietern wurde kurzfristig gekündigt.

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Ob, und wenn ja, welche Gebäude auf dem Gelände unter Denkmalschutz stehen und erhalten werden können, darüber herrschte Unklarheit. Offensichtlich handelt es sich aber nur um den durch eine Backstein-Giebelreihe gekennzeichneten Hallenkomplex entlang der Fichtenstraße. Die eindrucksvolle Brückenbauhalle sowie weitere, den Gesamtkomplex ergänzende Bauteile scheinen dagegen nicht als erhaltenswürdige Industriedenkmale gewertet zu werden. Auf dem Gelände sollen Gewerbeparkeinheiten sowie Bauten „nach Bedarf“ entstehen.

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Einige bisherige Nutzer beklagten im Herbst 2008 das mangelnde Interesse der Stadt Düsseldorf am Erhalt der auf dem Gelände ansässigen neuen Gewerbe und eine kulturellen und sozialen Entwicklung: „Auf einer Fläche von 9,7 ha werden geschichtsträchtige Gebäude zerstört und durch einen großen toten Hallenkomplex ersetzt. Das kreative und soziale Leben, das auf dem Gelände gewachsen ist, wird dann aus dem städtischen Bereich verbannt und ein Gewerbepark (…) besetzt diese wertvolle Fläche, nur wenige hundert Meter entfernt vom Hauptbahnhof… Für Düsseldorf-Oberbilk geht hier ein Teil seiner Geschichte und Lebendigkeit verloren.“

Neben dem Hein-Lehmann-Gelände erwarb die Segro nach Presseangaben auch das umfangreiche Gelände der ehemaligen Papierfabrik Feldmühle (zuletzt „Stora Enso") in Benrath. Dort sollen bereits im Winter 2009 alle Bauten abgebrochen werden und durch eine durchgrünte Mischung aus Logistic-Center und Gewerbepark  ersetzt werden.

Firmengeschichte Hein, Lehmann & Co. (Unternehmen-Geschichte)

Pressemeldung

Oberbilk-Planungen

Benrath-Planungen

(Innenaufnahmen: Thomas Pöhler, Düsseldorf: www.poehlerthomas.de)