Industriekultur

Magazin für Denkmalpflege, Landschaft, Sozial-, Umwelt- und Technikgeschichte

Vorträge & Tagungen

Berlin/Altena – 100 Jahre Jugendherbergsidee

Bundespräsident Köhler beschrieb in seiner Festrede in Berlin die anfängliche Motivation so:

„Die Idee fällt in eine Zeit des Aufbruchs, der ganz Europa erfasst hat. Den "Weg ins Freie" suchten damals Wandervögel und Jugendbewegte, Künstler, Intellektuelle und Pädagogen wie Schirrmann. Sie hatten erkannt: den Kindern der Industriegesellschaft fehlte die Erfahrung der Natur. Dagegen sollte etwas unternommen werden. Für die Gesundheit der Kinder. Für ihre Bildung. Und durch das Erlebnis von Gemeinschaft, fernab vom Alltag der Mietskaserne.“(die komplette Rede hier)

Im August 2009 findet auf der Burg Altena, wo 1912 die erste feste Jugendherberge eingerichtet wurde, ein großes Jubiläumsfest statt, gleichzeitig eröffnet auf der Burg eine Sonderausstellung zur Geschichte der Jugendherbergen. Bereits im Juni 2008 hatten das Jugendherbergswerk und der Träger des Museums Burg Altena, der Märkische Kreis, die Erweiterung des Jugendherbergsmuseums sowie die Übernahme wertvoller Sammlungen beschlossen (Info).

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historische Jugendherberge auf Burg Altena

Die Jugendherbergsgeschichte geht auf die Idee eines jungen Lehrers aus dem Ruhrgebiet, Richard Schirrmann,  im Jahre 1909 zurück, die bald internationale Verbreitung fand. Insofern leitete sie eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte im ansonsten katastrophenreichen 20. Jahrhundert ein. Allerdings gibt es bis heute eine Reihe wenig beachteter Zusammenhänge und auch einige problematische Aspekte, die eng mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts verbunden sind.

DJH-website zum Jubiläum

Ein im Klartext-Verlag erschienener Sammelband widmet sich den unterschiedlichen Zeithorizonten, ohne die die Verbreitung des Jugendherbergswesens nicht zu verstehen ist: Sie beschäftigen sich zunächst mit der Gesellschaft im Aufbruch um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, mit dem Gründungsmythos, den Gründervätern und der "Mutterherberge" in Altena. Sie beschreiben sodann die Ausbreitung der Herbergsidee, auch die Überlegungen für zweckmäßige und ästhetisch ansprechende Bauten auf dem Lande und in den Städten und gehen den Erweiterungen sowie der grenzüberschreitenden Anziehungskraft jener Idee nach. Sie setzen sich mit den ideologischen Vereinnahmungen nach 1933, anschließend mit den neuerlichen Aufbrüchen, Neuorientierungen und internationalen Entwicklungen nach 1945 auseinander und beleuchten die unterschiedlichen Entwicklungen in West- und Ostdeutschland, wobei sie auch über jene Veränderungen berichten, die mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Wandel zusammenhängen, und stellen schließlich die Frage nach den aktuellen Planungen und den möglichen Wegen in die Zukunft.

Subjektive Berichte und eine reiche Illustration ergänzen das facettenreiche Bild einer inzwischen 100-jährigen, von den Generationen des 20. Jahrhunderts buchstäblich er-fahrenen, d. h. auf "Fahrten" – unterwegs als Einzelne und in Gruppen – erlebten Geschichte.

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Reulecke, Jürgen; Stambolis, Barbara (Hg.): 100 Jahre Jugendherbergen. Anfänge – Wandlungen – Aus- und Rückblicke, Essen: Klartext Verlag 2009, 450 S., zahlr. Abb., ISBN 978-3-8375-0108-7, 19,95 Euro (Subskriptionspreis bis 30.06.09)

(Quellen: Pressemitteilungen DJH, Klartext Verlag)