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Dortmund/Lüdenscheid: Wir sind Borussen – die Preußen und ihre Geschichte in Westdeutschland

Ein Besuch des von facts+fiction geplanten und gebauten Museums ist nach eigenen Angaben nicht nur für Fußballfans interessant. Zahlreiche Anekdoten, Persönlichkeiten und historische Dokumente – zum Leben erweckt in einer hochwertigen schwarz-gelben Ausstellungsumgebung – erzählen eine hundertjährige Geschichte der Region und der identitätsstiftenden Funktion des Fußballs.

Auf einer Ausstellungsfläche von 1.200 Quadratmetern bietet das Borusseum neben der Vielzahl originaler Exponate an zahlreichen Stellen Medienstationen und Spiele zur Interaktion. Die Szenografie sorgt für immer neue Überraschungen und Einblicke.

Zwei große Themenbereiche greifen ineinander: Wie kein zweites Fußballmuseum widmet sich das Borusseum dem berühmten „12. Mann“, also den Fans des Vereins. Die über 36 Meter breite und drei Meter hohe „Gelbe Wand“ – der vollbesetzten Südtribüne nachempfunden – bildet inhaltlich und räumlich das Rückgrat der Ausstellung. Hier wird die Fankultur zelebriert: vom Vereinsliedkaraoke über die Kommentator-Maschine, von der „Schwarz-gelben Kammer“ mit Fanutensilien aller Epochen bis zu persönlichen Fanerlebnissen.

Die Entwicklung des Vereins von den Anfängen bis zur Gegenwart wird dagegen auf den Themeninseln lebendig. Die besonderen Orte der BVB-Historie, die den Verein geprägt haben, werden mit sechs runden, frei im Raum platzierten Ausstellungsinseln in Szene gesetzt. Auf jeder der Inseln kommen eigene gestalterische und erzählerische Mittel zum Einsatz.

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Der Besucher betritt auf der Insel „Borsigplatz“ eine Nachempfindung der Gründungskneipe „Zum Wildschütz“. Die „Weiße Wiese“ als erste Spielstätte vermittelt mit einem Zeitstrahl die Entwicklung seit 1910 bis zum Umzug in die „Rote Erde“, Schauplatz der glorreichen 1950er und 1960er Jahre. Über die Insel „Westfalenstadion“ gelangt der Besucher bis in die Gegenwart. Die „Schatzkammer“ feiert die errungenen Pokale und Trophäen und das „BVBrain“ sammelt alle Fakten rund um den BVB: vor Ort und via Internet füttern die Fans eine Datenbank, die sich kontinuierlich zur umfassenden Bibliothek der Vereinsgeschichte entwickelt.

So ist eine zeitgemäße Ausstellung entstanden, deren Anziehungskraft weit über den harten Kern der Fans hinausgeht. Gemeinsam mit Kraus Architekten, die für den Baukörper zuständig waren, hat facts+fiction innerhalb von nur neun Monaten die Planung und den Bau des Borusseums verwirklicht.

Fazit von facts+fiction, nach eigenen Angaben einer der führenden „Kreativagenturen“ Deutschlands: „Im Spannungsfeld zwischen Vereinsgeschichte und Fankultur erlebt der Besucher eine betont sinnliche Inszenierung der schwarz-gelben Fußballlegende.“

Borusseum / Strobelallee 50 / 44137 Dortmund / www.borusseum.de / tgl. 10 bis 18 Uhr

400 Jahre Preussen in NRW

An viel weiter zurückreichende Wurzeln preussischer Herrschaft an Rhein und Ruhr erinnert in diesem Jahr ein Ausstellungsprogramm in überwiegend westfälischen Museen. Schon seit 1609 gehörten bedeutende Gewerberegionen auf dem Boden des heutigen Nordrhein-Westfalen zu Brandenburg und später zu Preußen. Diese Neuerwerbungen im Westen bildeten den Kern Preußens in Rheinland und Westfalen.

Landesweite, wenn nicht bundesweite Bedeutung bescheinigte nach Medienberichten Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kultur Staatssekretär des Landes Nordrhein-Westfalen auf Burg Altena dem dezentralen Ausstellungskonzept "Wir sind Preußen". 2009 erinnern die Museen in Altena, Lüdenscheid, Hamm, Bielefeld, Wesel und Minden auf recht unterschiedliche Weise daran, dass die Grafschaft Mark, die Grafschaft Ravensberg und das Herzogtum Kleve bereits seit 1609 und seit 1648 auch das Fürstentum Minden zum Kernland Preußens gehörten.

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert das eine Million Euro teure Großprojekt mit 425.000 Euro. Die Idee zu dieser außergewöhnlichen dezentralen Jubiläumsfeier stammt von Landtagsabgeordneten Bernd Schulte und Dr. Eckhard Trox, Leiter der Städtischen Museen Lüdenscheid. Im Märkischen Kreis fiel am 1. Februar 2009 der Startschuss des Ausstellungsreigens. Die Städtischen Museen Lüdenscheid spannen in 50 Jahres – Schritten einen großen facettenreichen Bogen von der nationalen und europäischen Bedeutung Preußens von 1609 bis in die heutige Zeit. Zahlreiche Adelshäuser aus der ehemaligen Grafschaft Mark stellen hierfür noch nie gesehene Exponate zur Verfügung. Ziel ist es, Preußen in NRW wieder ins Gespräch zu bringen, die preußische Geschichte wieder populär zu machen "Preußen ist sexy", ist sich Museumsleiter Trox sicher.

"Die Märker waren immer schon preußischer als die Preußen", machte Museumsleiter Stephan Sensen mit einem Blick ins Telefonbuch deutlich. Die Vornamen Friedrich, Wilhelm und Luise sind in der Region weit verbreitet. Auf der Burg Altena erwartet die Besucher zwar die kleinste Ausstellung, dafür aber das größte Exponat: die Burg selbst. Für Stephan Sensen ist die Auseinandersetzung um den Wiederaufbau der Burg 1909 spannender als ein Krimi und zeugt von der großen Identifikation der Märker mit Preußen. Auf der einen Seite standen die modernen Denkmalpfleger, die die gut erhaltene Ruine zu konservieren suchten. Auf der anderen Seite die regionalen Eliten, allen voran Landrat Fritz Thomeé, die die Feste als Stammburg der mütterlichen Linie Preußens zu Ehren des Königshauses zu einem historischen Monument umgestalten wollten. Der Streit spaltete die Nation und drohte sogar in einem Duell der Hauptprotagonisten zu eskalieren. Kaiser Wilhelm II. entschied schließlich zu Gunsten des Wiederaufbaus. Ironie des Schicksals für manchen Denkmalpfleger: Gerade der historisierenden Überformung verdankt die Burg die Annerkennung als nationales Denkmal.

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Ab dem 8. Februar ist im Gustav-Lübcke-Museum Hamm die Ausstellung "Ausgezeichnete Köpfe – Das preußische Hamm um 1800" zu sehen. Sie porträtiert die für die Geschichte der Stadt maßgeblichen Persönlichkeiten wie Generalleutnant Carl Friedrich von Wolffersdorf und Karl Freiherr vom Stein. "Auf Preußens Spuren in Minden-Ravensberg" wandelt ab 25 Oktober 2009 das Historische Museum Bielefeld. Mit über das Jahr wechselnden Ausstellungen wartet das Preussen-Museum Nordrhein-Westfalen an seinen Standorten in Wesel und Minden auf. Weitere Informationen unter: www.1609-nrw.de.

Cover_Preussen.400.jpgKatalog im Klartext-Verlag

Bis zum nächsten Preußen-Jahr bleibt dann etwas Zeit, Luft zu holen: 2014/15, wenn an die Gründung der Provinzen Rheinland und Westfalen vor dann 200 Jahren erinnert werden kann.

(Fotos: Borusseum (2), Museum Lüdenscheid; Klartext Verlag)