Bergisch Gladbach: „Im Hause des Kommerzienrats…“ Unternehmerisches Wohnen als kulturgeschichtliches Thema

Die von der Bensberger Thomas-Morus-Akademie und dem Rheinisch-Bergischen Kreis veranstaltete Tagung bot eine viele Aspekte berücksichtigende  Annäherung an das vielschichtige Thema des unternehmerischen Bauens und der Kulturpflege (Programm).

Auf der anschließenden Exkursion stellten Dr. Wolfgang Vomm von den Städtischen Museen Bergisch Gladbach und Dr. Andreas Stürmer von der Rheinischen Denkmalpflege beispielhaft die vier historischen Unternehmervillen der Familie Reusch in Rösrath-Hoffnungsthal vor, die zwischen 1860 und 1900 entstanden und als herausragende Teile des heute in Umnutzung befindlichen Fabrikareals erhalten sind.

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Reusch-Villa in Rösrath-Hoffnungsthal 

Die weiteren Exkusionen von bergisch.gruen sind, jeweils unter Führung örtlicher Fachleute, folgenden Themen gewidmet:

24.8.
– Villen und Hofschaften. Fabrikantenvillen Hendrichs, Sahler, Hammerstein, Hofschaften Dahl, Hübben und Arbeiterhäuser Limminghofer Straße als Gegensatz (Solingen)
– Genossenschaftliches Wohnen – Siedlung Weegerhof. Planung der Anlage, Gartengestaltung, Besichtigung des Waschhauses (Museum)(Solingen)

29.8.
– (Leverkusen-)Schlebusch als Sommerfrische Kölner Unternehmer
– Die Gronauer Wald-Siedlung – ein reformorientiertes Experiment (Bergisch Gladbach)

30.8.
– Siedlungen des Gemeinnützigen Bauvereins Opladen e.G.
– Die Steinmüller-Villen in Gummersbach – Auf den Spuren einer Unternehmerfamilie
– Eine Industriestadt des 19. Jahrhunderts – Villen und Wohnen in Burscheid

5.9.
– Kontinuitäten und Abbrüche – Vom Schloss Eicherhof zur Villa Kronenberg (Leverkusen-Opladen)
– Werkssiedlungen der Bayer AG; Führung und Besuch des Koloniemuseums (Leverkusen)

6.9
– Das Wülfing-Gelände in Radevormwald – Ein Industriedenkmal wartet auf Entdeckung

7.9.
– Wohnen und Leben im ehemaligen Zentrum. Vom Schlagbaum zum Fronhof. Ein stadthistorischer Spaziergang auf der ehemaligen Zentrumsmeile (Solingen)

13.9.
– Wege aus der Stadt. Ein stadthistorischer Spaziergang vom alten Amtsgericht bis zum Altenbau ins Grüne.
– Genossenschaftliches und bürgerliches Bauen (1900-1920) – Der Architekt Heinrich Kiefer und sein Wirken in Gummersbach

19.9.
– Die Villa Braunswerth in Engelskirchen – Eine Unternehmervilla und ihr Umfeld

20.9.
– Repräsentieren und Wohnen – Unternehmervillen in Bergisch Gladbach

Nähere Informationen hier

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Villa Braunswerth, Engelskirchen (Foto um 1860)

Auch auf zwei großen Ausstellungen dieses Sommers spiel(t)en Unternehmerwohnsitze eine wichtige Rolle: Auf der „Gründerzeit“-Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin war ein wichtiger Bereich den Unternehmern und ihrer Lebensweise gewidmet.

Die vom Münchener Haus der bayerischen Geschichte  gestaltete diesjährige Landesausstellung in Rosenheim thematisierte unter „Adel in Bayern – Ritter, Grafen, Industriebarone“ auch die Beziehung zur bürgerlichen Unternehmerschicht im 19. Jahrhundert. Als Ausstellungsort und Exponat zugleich diente dabei das Schloß Hohenaschau, das von der Unternehmerfamilie von Cramer-Klett als Wohnsitz ausgebaut und genutzt wurde.

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Schloß Hohenaschau

Vor diesem Hintergrund ist nur zu bedauern, dass die bereits für den Juni diesen Jahres in der Schweiz geplante Tagung zu Industriellenwohnsitzen mangels Interesse verschoben werden musste. Neben dem von der Mühlhausener Textilfabrikanten-Familie Engel-Groß bewohnten Schloß Ripaille am Genfer See wurde hier auch Schloß Mercier der gleichnamigen Lausanner Gerberfamilie im Schweizer Wallis berücksichtigt.

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Schloß Ripaille

Über Jahrzehnte durch ideologische und ästhetische Vorbehalte belastet, scheint die Beschäftigung mit dem Wirtschaftsbürgertum in Geschichte und Kulturwissenschaften in eine neue Phase getreten zu sein. Im Ruhrgebiet haben – nach der Villa Hügel –  insbesondere die inzwischen  abgeschlossenen Forschungen zu August Thyssen und Schloß Landsberg hier bahnbrechend gewirkt (Lit.).

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August Thyssen vor Schloß Landsberg