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Köln: Eröffnung des ersten Bauabschnittes des Rheinauhafens am 16./17. August

Mit der Einweihung wird ein erster erfolgreicher Abschluß der in den frühen 1990er Jahren begonnenen Neugestaltung des Hafenareals markiert. Das städtebauliche Konzept des im damals durchgeführten Wettbewerb siegreichen Architekturbüros BRT / Hadi Teherani aus Hamburg konnte zumindest räumlich weitgehend verwirklicht werden. Im Nutzungskonzept kam es allerdings zu erheblichen Veränderungen; vor allem der vorgesehene kulturell/öffentliche Anteil wurde bei weitem nicht realisiert.

teherani_1.450.jpgStädtebaulicher Entwurf BRT/Hadi Teherani, Hamburg, 1992

Ende April 2008 nahmen die deutsche TICCIH-Gruppe und die Mitarbeiter der Zeitschrift industrie-kultur die Gelegenheit wahr, die umfangreichen Baumaßnahmen, vor allem aber einige industriegeschichtliche Highlights des Hafens kennenzulernen  und – dank eines kürzlich dort neu installierten Anlegers – auch vom Wasser aus im Rahmen einer Rundfahrt auf dem Rhein kennenzulernen.

 

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Sieht man einmal vom mittelalterlichen Bayenturm ab, dem – nach schwersten Zerstörungen erst in den 1980er Jahren wieder aufgebauten – südlichen Eckpunkt der mittelalterlichen Stadtmauer, ist der älteste Bau des Hafens der in den 1850er Jahren noch auf der Außenseite der Einfahrt zum früheren Hafenbecken errichtete „Malakoffturm“. Er enthält heute einen Teil der Technik für den Antrieb und die Steuerung der Drehbrücke, die 1896 über der dann östlich des Turmes verlaufenden Einfahrt in den neuen Rheinauhafen errichtet wurde.

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Dieser 1898 fertiggestellte neue Rheinauhafen mit seinem nur ca. 600 m langen Becken war geprägt durch die mächtigen Bauten auf der flussseitig vorgelagerten Halbinsel: das Zollamt (heute Schokoladenmuseum) sowie zwei doppel- und ein fünfgeschossiges Lagerhaus in wuchtigen mittelalterlichen Stilen. Gleichzeitig entstand am Südende des Hafenbeckens in einer Mischung aus Romanik und flämischem Renaissancestil das Hafenamt.

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An der auch immer als Anlegeplatz genutzten  Außenseite des Hafengeländes (dem „Werft“) entstand zwischen 1907 und 1909 ein weiteres städtisches Großlagerhaus, das „Siebengebirge“; es wurde nach langen Überlegungen in den letzten Jahren in Eigentumswohnungen umgebaut. Ein weiteres Lagerhaus an der Westseite des Hafenbeckens dient heute als Atelierhaus „Rhenania“.

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Das übrige Hafengelände war überwiegend mit privaten Lagerhäusern sowie eingeschossigen Schuppen bebaut. Hinter dem Hafenamt waren das „Krafthaus“ für die Energieerzeugung der hydraulisch betriebenen Kräne sowie der Lokschuppen der Hafenbahn angeordnet. In den 1930er Jahren wurden elektrische Kräne angeschafft; auch der heute älteste Kran, der 1898 von der Firma Stuckenholz (Wetter/Ruhr) gelieferte Schwerlastkran "Hercules" am südlichen Ende der Kaianlagen wurde auf elektrischen Antrieb umgestellt. Bei der Stillegung des Hafens hat man sich bemüht, von jedem Krantyp ein Beispiel an markanter Stelle zu erhalten.

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Vorreiter der Umnutzung war der privat initiierte Umbau des nach Kriegszerstörungen nur fragmentiert erhaltenen, aber wegen seiner Lage auf der Spitze der Kai-Halbinsel besonders bedeutenden Zollamtes zum Schokoladenmuseum in den frühen 1990er Jahren. Damit wurde an die Tradition der Schokoladenherstellung durch die Firma Stollwerck im benachbarten Severinsviertel  angeknüpft. Mit dem Zollamt wurden auch Malakoffturm und Drehbrücke an den neuen Eigentümer verkauft, der heute für deren Erhaltung sorgt.

Von den drei Zollhallen wurde der nördliche, flache Speicher Ende der 1990er Jahre zum Deutschen Sport- und Olympiamuseum ausgebaut, wobei die historische Erscheinung des Baukörpers gewahrt blieb. Der mittlere, als „Halle 11“ bekannte Hochbau, dessen wasserseitige Fassade nach dem Krieg teilweise erneuert wurde, wird derzeit zu Wohnungen umgebaut. Das dritte, niedrige Lagerhaus steht noch leer.

vista_rhein.450.jpg Die Kranhäuser, Entwurf Hadi Teherani und Linster – Architekten + Generalplaner, Trier (Quelle: Pandion AG)

Inzwischen sind auf vielen frei- oder bisher meist nur eingeschossig bebauten  Flächen mehrgeschossige Neubauten fertigestellt oder im Bau. Städtebaulich herausragend sind die rechtwinklig zum Rhein eingeordneten drei „Kranhäuser“ (Entwurf Hadi Teherani, Hamburg, und Linster – Architekten + Generalplaner, Trier) von denen ebenfalls zwei bereits weitgehend fertiggestellt sind. Das dritte wird in Kürze vom Investor des „Siebengebirges“, der Pandion AG, als einziges Wohnhaus des Trios realisiert.

Vor allem die Neubauten der letzten Jahre haben den enormen städtebaulichen Maßstabssprung deutlich gemacht, der bei der Neunutzung und -bebauung des Rheinauhafens vollzogen wurde. Die historischen Bauten, ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts sorgfältig auf ihr bauliches Umfeld und ihre Lage zum Wasser hin gestaltet, sehen sich in ein neues Gesamtkonzept eingefügt, das neue Maßstäbe einführt.

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Ob der Hafen trotz dem Verlust seiner traditionellen Atmosphäre und seiner ursprünglichen Nutzungen mit Hilfe der Altbauten und technischen Denkmale ein zusammenhängendes, überzeugendes industriekulturelles Ensemble bleibt, ist die Frage. Derzeit fehlt eine Vermittlung der Hafengeschichte und ihrer Zeugnisse – soweit noch vorhanden – vor Ort. Vielmehr konzentriert sich das öffentliche Interesse auf die spektakuläre neue Architektur und den hohen kulturellen und sozialen Anspruch, den das neue Quartier als eigenständiger „86. Kölner Stadtteil“ für sich in Anspruch zu nehmen beginnt. Die infrastrukturellen Mängel – statt einer Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr setzt man auf eine groß dimensionierte Tiefgarage, und von einer „Nahversorgung“ auf normalen Niveau kann ebenfalls keine Rede sein – deuten aber auf die Sonderstellung dieses Areals.

Trotzdem begeistern sich viele am so augenfälligen Erfolg, und das Anschlussprojekt scheint schon gefunden: der Deutzer Hafen am gegenüberliegenden Rheinufer. (Näheres in Kürze in der industrie-kultur!)

Am Eröffnungswochende wird jedenfalls, so die Veranstalter in der Presse, „niveauvolle Unterhaltung“ geboten. Zugleich präsentieren für eine Woche junge Absolventen Kölner Kunst- und Medienhochschulen zahlreiche Kunstprojekte im südlichen Hafenabschnitt im Rahmen der „new talents 2008 – junge Biennale Köln“ [1].

Pressebericht [2](historisch) [3]

Offizielle Homepage [4] des Rheinau-Hafens

Programm der Eröffnung [5]

Der Rheinauhafen bei der „Rheinischen Industriekultur“:Allgemein [6]Zollhallen [7] Danziger Lagerhaus [8] (Siebengebirge)

vista_hafen.450.jpg Die Kranhäuser, Entwurf Hadi Teherani und Linster – Architekten + Generalplaner, Trier (Quelle: Pandion AG)