Industriekultur

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Belval/Luxemburg : Kolloquium zur Gründung des „Nationalen Zentrums für Industriekultur“

Das Kolloquium fand im Rahmen der Einrichtung eines Nationalen Zentrums für Industriekultur am Standort der Hochöfen von Belval statt und hatte zum Ziel, die heutige Situation von Orten, Strukturen und Netzwerken,  der Forschung und Lehre von Wissenschaft und Technik im weiten Feld der Industriekultur abzubilden.

Eines der Kennzeichen des Kolloquiums war seine Internationalität. Zusammengesetzt aus Vertretern von Museen, Netzwerken, Archiven, Vereinigungen  und Hochschulen aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg, erlaubte diese Veranstaltung die Bewertung der verschiedenen Ansätze beim Schutz und Neubewertung des Industriellen Erbes.

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Der erste Teil des Kolloquiums widmete  sich den Strukturen und Netzwerken in den alten Industriegebieten der Ruhr, der Saar und Luxemburgs. Auch wenn die Industriearchäologie in England entstand, sind Ruhr- und Saargebiet dem gefolgt und haben große Anstrengungen unternommen beim Erhalt von historischen Schauplätzen der Montanindustrie: Bergwerken, Kokereien und Hüttenwerken und ihrer Infrastruktur.

Unter dieses ragen die „Völklinger Hütte“ und die „Zeche Zollverein“ als Weltkulturerbe-Stätten heraus. Unter Aufsicht der UNESCO verfolgen diese beiden Stätten ein konsequentes Programm des Denkmalschutzes und sind vorbildliche touristische Attraktionen geworden. Das alte Bergwerk Göttelborn, das in jüngerer Zeit als Erneuerungsprojekt gestartet wurde, setzt völlig auf innovative Technologien und Kultur, etwa durch sein Solarkraftwerk und seine internationalen Künstlerworkshops. Die Gemeinde des Ballungsraumes „Fenschtal“ verfolgt noch eine andere Strategie: der beleuchtete Hochofen von Uckange ist selbst Kunstwerk geworden.

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Erfahrungen der Zusammenarbeit wurden am Beispiel des Museums- und Denkmalnetzwerkes „Route der Industriekultur Emscher-Park“, der „Industriekultur Saar“ und der technik- und kulturgeschichtlichen Museen der Franche Comté diskutiert. Die Einbindung aktiver Industriebetriebe gilt dabei als wichtiger Garant für öffentliche Aufmerksamkeit.In diesem ersten Teil des Kolloquiums gaben die Beiträge aus Luxemburg einen Einblick in die Industriegeschichte der Bergbauregion und präsentierten eine im Internet nutzbare Datenbank, ein in diesem Bereich unverzichtbares Werkzeug. Als aktuelles Beispiel der Umnutzung eines Industriedenkmals wurde die Gebläsehalle von Belval vorgeführt, die im Jahre 2007 als Schauplatz für eine große Ausstellung über Nachhaltige Entwicklung diente.

Das Konzept für das Nationale Zentrum für Industriekultur, das am Ende dieses Tages vorgestellt wurde, berücksichtigt zahlreiche Aspekte, die im Laufe der Diskussion angesprochen wurden: Die Verankerung in der Geschichte des Ortes und der Region; die Mitarbeit der örtlichen Bevölkerung; die Vernetzung von Museen, Archiven und Bibliotheken, ebenso wie die Zusammenarbeit mit Partnern wie der Universität, Forschungszentren und Unternehmen. Das Konzept beabsichtigt die Verwirklichung eines Zentrums für sehr verschiedene Teile der Öffentlichkeit im Rahmen der „Stadt der Wissenschaft“. Die Ausweitung des Begriffes „Industriekultur“ in Richtung der Arbeit im Allgemeinen erlaubt die Schaffung eines wirksamen Ortes zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Der zweite Kolloquiumstag konzentrierte sich auf Aspekte der Archivierung, Erforschung und Ausbildung für die Industriekultur. Die luxemburgischen Nationalarchive und das Zentrum von ARCELORMITTAL France in Florange stellten ihr Arbeits- und Forschungsmethoden vor, die sich dank neuer Technologien schnell erweitern. Ein Projekt zur Erfassung der Industriefotografie im Saarland wurde von der Abteilung „Historisches Institut, Kultur und Mediengeschichte“ der Universität Saarbrücken verwirklicht.

Wenn der Beitrag über die lothringische Industrie einen allgemeinen Überblick über die Entwicklung der Erforschung der Sozialgeschichte des französischen Bergbaugebietes gab, so führte der Beitrag über die Industriearchive der Wallonie in Bois-de-Luc in detaillierte Weise die Nutzung der Archive als mögliche Grundlagen einer gemeinsamen Erinnerung vor; gleiches zeigte auch die Darstellung der Archive und der Geschichte der luxemburgischen Eisen- und Stahlwerke.

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Abschließend wurde das thematische Potential des zukünftigen Nationalen Zentrums für Industriekultur hervorragend erläutert durch die Präsentation des interdisziplinären Forschungsprojektes „Rote Erde – Geschichte der luxemburgischen Eisen- und Stahlindustrie im 19. und 20. Jahrhundert“, ebenso wie die Rolle der Universität von Luxemburg als Vermittler und Standort für eine Kultur von Naturwissenschaft und Technik.

Das Kolloquium erlaubte einen globalen Blick auf unterschiedliche Ansätze beim Schutz, der Archivierung, Erforschung und Vermittlung der Industriekultur. Die bereits gemachten Erfahrungen werden sich als wertvoll erweisen für die Entwicklung des Nationalen Zentrums für Industriekultur. Das Projekt muß auf erfolgreiche Zusammenarbeit aufbauen. Dieses Kolloquium steht für einen guten Beginn!

Text u. Bilder aus: Magazine – le periodique du fonds belval – Ausg. 2/2008, S. 44-47

Weitere Informationen: www.fonds-belval.lu

Luxemburgische Industriekultur-Homepage

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