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Duisburg: Fachtagung „Denkmalwert – Erhaltungsfähig? Denkmale der Großindustrie – Erfahrungen, Entwicklungen, Grenzen“

Seit mehr als 20 Jahren werden in der Bundesrepublik sehr große Industriedenkmale erhalten, wie Schachtanlagen, Kokereien und Hochofenwerke. Ohne Zweifel war es das Verdienst der IBA EmscherPark, viele dieser Anlagen vor dem Abriss zu bewahren und Wege für eine langfristige Erhaltung zu finden. Unterstützt wurden  diese Bestrebungen durch die zeitgleich erfolgte Ernennung der Völklinger Hütte zum Weltkulturerbe, der später die Zeche Zollverein folgte. Diese Beispiele waren befruchtend für die Industriedenkmalpflege in Deutschland und Europa. Die Erhaltungsbemühungen um diese „schwierigen Denkmale“ wurden und werden besonders beobachtet. Für die öffentliche Akzeptanz, aber auch für die Erhaltungspraxis zur Sicherung dieser großindustriellen Denkmale hat sich ein großer Erfahrungsschatz herausgebildet, der nun schon den Zeitraum fast einer Generation umfasst.

Der Anlass für eine Diskussion und Reflektion der bisherigen Erfahrungen, aber auch der sich vergrößernden Probleme bei der Erhaltung dieser Anlagen sind die immer weiter eingeschränkten finanziellen Mittel, die fast ausschließlich von der öffentlichen Hand kommen, und damit verbunden die Grenzen bei der Erhaltung, die sich aus dem nun schon langfristigen Bestand dieser Denkmale ergeben.

Hatte in der Anfangszeit noch die Illusion bestanden, große Teile der Anlagen unter dem von IBA-Chef Karl Ganser propagierten, gleichwohl irreführenden Begriff „kontrollierte Ruine“ über die Zeit zu bringen, so muss heute festgestellt werden, dass gerade diese nicht instand gesetzten oder gesicherten Anlagenteile inzwischen zu den größten Erhaltungsproblemen führen. Demgegenüber befinden sich die meisten in den letzten zwanzig Jahren bearbeiteten, d.h. reparierten, ausgebesserten oder auch “entfeinerten“ Bauteile in besserem Zustand; sie erfordern allerdings nach wie vor einen laufenden Bauunterhalt. Hilfreich für die längerfristige Erhaltung waren und sind Aktionspläne oder Pflegewerke, in denen Prioritäten festgelegt wurden und mit denen die größten Gefährdungen abgewendet werden konnten.

Aber auch die Entfernung von dünneren Leitungen und Stahlbauteilen stößt mittlerweile an Grenzen; so sind beispielsweise Rohrleitungen mit eigentlich großen Materialstärken inzwischen durch innere und äußere Korrosion im Bestand gefährdet und können ihre statische Stabilität verlieren.

Für die angesprochenen Probleme bot der Tagungsort Duisburg-Meiderich ausreichend Beispiele. Drei exemplarische Fälle unterschiedlicher Problemstellung konnten als praktische Diskussionsgrundlage vor Ort besichtigt und untersucht werden.

Bei internationalen Tagungen und Kongressen zur allgemeinen denkmalpflegerischen Themen wie speziell zur Industriedenkmalpflege und Industriekultur ist in letzter Zeit deutlich geworden, dass die hier diskutierten Fragen bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland am weitesten entwickelt sind. Große Industriedenkmale z.B. in den europäischen Nachbarländern sind entweder von der Problemgröße oder vom Entwicklungsstand her wenig vergleichbar.

Ziel der Tagung war, die „direkt Betroffenen“, also die Hüter, Bewahrer und Verwalter entsprechender Objekte, die wissenschaftlich oder baulich in diesem Feld Tätigen und die mit den rechtlichen und organisatorischen Fragen Befassten, an einen Tisch zu bringen und die Möglichkeiten eines regelmäßigen Austausches und gemeinsamen Vorgehens in bestimmten Fragen von gemeinsamem Interesse auszuloten. Die Tagungsbeiträge und die abschließende Diskussion sollen dokumentiert und publiziert werden.

(Text Rolf Höhmann, bearb. von der Redaktion)

Weitere Informationen zur Industriekultur in NRW hier [1]

Die „Big Seven“ der Industriedenkmalpflege in Deutschland:

Hüttenwerk Duisburg-Meiderich
Zeche Zollverein, Essen-Katernberg
Kokerei Zollverein, Essen-Katernberg
Henrichshütte Hattingen
Hüttenwerk Phoenix-West, Dortmund-Hörde
Kokerei Hansa, Dortmund-Huckarde
Völklinger Hütte