Industriekultur

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Köln-Kalk: Anspruchsvolle Werksarchitektur auf dem KHD-Gelände an der Christian-Sünner-Straße soll unter Denkmalschutz gestellt werden

Erinnert sei an die Möhring-Halle auf dem Gelände der Deutz AG an der Deutz-Mülheimer-Straße, eine Halle, in der die damalige Gasmotorenfabrik Deutz zur großen Kunst- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902 ihre Erzeugnisse ausstellte. Die Halle wurde entworfen von dem Berliner Architekten Bruno Möhring und dem Chefkonstrukteur der Gutehoffnungshütte Reinhold Krohn. Die Deutz AG ist an diesem Standort ein geradezu unübertrefflicher Erinnerungsort für die Entstehung der Moderne – nicht nur als Standort der ersten Motorenfabrik der Welt, sondern zugleich auch mit einem Bauwerk, das in vielen architekturgeschichtlichen Publikationen als einer der wichtigen Pionierbauten auf dem Weg zur Klassischen Moderne gefeiert wird.

Auf dem benachbarten Grundstück wurden ebenfalls durch Inventarisation des RAD die Schwebebahn-Hallen entdeckt. Hier wurde diese bedeutende aus Köln stammende Erfindung von Eugen Langen erprobt und die ersten Schwebebahnwagen für Wuppertal montiert.

Weitere Schwerpunkte in der Inventarisationstätigkeit der Industriedenkmalpflege in Köln sind die Industriegelände an der Schanzenstraße in Mülheim-Nord und das KHD-Werk in Kalk. Letzteres wurde 1856 als Maschinenbaufabrik für Bergwerksmaschinen gegründet und seit den 1870er Jahren als „Maschinenbauanstalt Humboldt“ überregional bekannt. Mit der rasanten Entwicklung des Unternehmens in den Jahrzehnten um 1900 entstanden viele neue Hallen entlang der Dillenburger Straße, alte Hallen wurden durch Neubauten ersetzt.

Unter Leitung des Generaldirektors Richard Zörner hatte die Maschinenbauanstalt regional renommierte Architekten mit der Gestaltung dieser Bauten beauftragt – die Werksarchitektur sollte als Aushängeschild einer neuen Kompetenz des Unternehmens im Zusammenwirken von qualitätvoller Technik und gutem Design dienen.

Das 1880 zur Stadt gewordene Kalk bot den Architekten ideale Voraussetzungen: Seit 1894 gab es hier einen anspruchsvollen Bebauungsplan, der östlich vor dem Werksgelände von Humboldt einen Sternplatz nach dem Vorbild der Urbanistik in den großen Metropolen der damaligen Welt vorsah. Ebenso wichtig für das Stadtbild von Kalk war die Dillenburger Straße. An beiden Stellen entstanden 1914-1916 neue Bauten nach Entwürfen von Peter Gaertner und Jacob Berns.

Abenteuerh450.JPGDie Abenteuerhalle Kalk am 28. 4. 2008 während des 6. Kölner Denkmalgesprächs der FH Köln und des Rh. Amtes für Denkmalpflege

Gaertner und Berns zeichneten für die Werksfront der Maschinenbauanstalt Humboldt mehrere Varianten, wobei das Stadtbild an dieser Stelle auch durch einen Wasserturm bereichert werden sollte. Eingezeichnet wurde auch die angrenzende Wohnbebauung im Stil der damaligen, noch romantischen Vorbildern verpflichteten Reformarchitektur. Die dazu passende Werksarchitektur gestalteten Gaertner und Berns im Kontrast dazu mit kräftigen Vertikalen nach dem Vorbild des beispielsweise von Peter Behrens in dieser Zeit propagierten reduzierten Klassizismus. Die aufwändigen städtebaulichen Ziele – gerechnet wurde in der Nachbarschaft auch mit einer Schule und einer Kirche – wurden nicht verwirklicht. Humboldt erwarb das ganze östlich anschließende Gelände für zukünftige Werkserweiterungen.

Ausgeführt wurde die aussagekräftige Backsteinarchitektur nach dem Entwurf von Peter Gaertner und Jacob Berns, bekrönt noch durch den erhaben auf dem Mauerwerk angebrachten Schriftzug mit dem Firmennamen „Humboldt“.

 

Humboldthalle450.JPG

Das Rheinische Amt für Denkmalpflege wird – gestützt auf die neuen Erkenntnisse – die Eintragung der Werksbauten an der heutigen Christian-Sünner-Straße beantragen und hofft auf baldige Umsetzung des Denkmalschutzes durch den Stadtkonservator so, wie das auch für die Möhring-Halle und die Schwebebahn-Hallen geschehen ist.

(Pressemitteilung des LVR/Rh. Amt für Denkmalpflege; Fotos: Redaktion)

siehe auch www.rheinische-industriekultur.de