Industriekultur

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Vorträge & Tagungen

Bocholt/Dortmund: Aktuelle Kunst in den LWL-Industriemuseen

Baumwolle wurde in der Spinnerei Herding in Bocholt früher zu Fäden versponnen. Der Rohstoff und die einmalige Atmosphäre der riesigen, 100 Jahre alten Fabriksäle hat Karl Manfred Rennertz zu einer außergewöhnlichen Installation angeregt: für die Ausstellung "Werk.Stoff.Holz", die der Landschaftsverband derzeit in seinem Textilmuseum in Bocholt (Kreis Borken) präsentiert, hat der Künstler gemeinsam mit Bocholter Schülern einen Teppich aus Rohbaumwolle ausgelegt. In einem weiteren Spinnsaal schafft ein "Wald" aus bedruckten Stoffbahnen ganz neue Raumeindrücke.

Die Rauminstallationen und weitere Arbeiten des international renommierten Künstlers können sich Besucher das nächste Mal am Donnerstag, 10. April, ab 16 Uhr ansehen. Dann begleitet Ute Freyer Interessierte durch die Ausstellung und erläutert Hintergründe zur Entstehung der Arbeiten. Treffpunkt zur Führung ist das Foyer des LWL-Textilmuseums. Dort stellt die Kunsthistorikerin zunächst die Holzplastiken Rennertz‘ vor, die im Websaal sowie im Kessel- und Maschinenhaus ein spannungsreiches Wechselspiel mit der textilen Dauerausstellung eingehen. Im Anschluss geht die Gruppe gemeinsam zur ehemaligen Spinnerei Herding, Industriestraße 5, um dort die textilen Installationen des Künstlers auf sich wirken zu lassen. In Videosequenzen können die Besucher den Entstehungsprozess dieser raumfüllenden Arbeiten nachvollziehen.

Das LWL-Industriemuseum Zeche Zollern II/IV in Dortmund-Bövinghausen verfügt mit seiner „Galerie Industriearbeit“ über einen speziell für Kunstausstellungen gedachten Bereich. Dort wird vom 6. April bis zum 15. Juni die Ausstellung "Gesichter des Ruhrgebiets: Die schwarzen Männer vom Pütt" gezeigt. Sie umfaßt zehn großformatige Fotoarbeiten des Lippstädter Künstlers Udo Tschorn.

Tschorn ist durch großformatige Siebdrucke bekannt geworden, ein Verfahren, das viele Künstler der amerikanischen Pop Art nutzten. Tschorn, der auch mit Auftragsarbeiten für industrielles Marketing hervorgetreten ist, kombiniert diese Technik mit Mitteln der freien Malerei. Heute hängen seine Arbeiten in den Chefetagen großer Konzerne, man findet sie auch im Düsseldorfer Landtag oder in Restaurants, z.B. im Kasino auf Zollverein.

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Fast immer arbeitet der 1954 geborene Künstler in themenbezogenen Serien. Für die Ausstellung auf der Zeche Zollern hat er eine Serie von zehn großformatigen Portraits von Bergleuten aus dem Ruhrgebiet geschaffen, von Männern, deren Rücken bei der Arbeit krumm geworden sind. In der aktuellen Serie geht er an sie nah heran: Als Grundlage dienten Tschorn Gesichter aus Gruppenfotos der 1960er bis 1990er Jahre. Es sind Gesichter von jungen und alten, deutschen und ausländischen Kumpels, die er fotografisch nachbearbeitet und verfremdet hat. Mit seinen Portraits setzt er einen neuen Akzent in den bisherigen Arbeiten der Ausstellungsreihe "Galerie Industriearbeit".

"Dominierten bisher in der hier gezeigten Malerei industrielle Stillleben, postindustrielle Landschaften oder korrodierte Oberflächen, so spiegeln Tschorns schwarze Männer die Wirkungen eben dieser Arbeitswelt in ihren Gesichtern und lassen unter der Schicht aus Kohlenstaub manches von der Schwere der Arbeit erahnen", so Museumsleiterin Dr. Ulrike Gilhaus.

 

(Quelle: LWL-Pressestelle; Fotos: LWL/Holtappels)