Industriekultur

Magazin für Denkmalpflege, Landschaft, Sozial-, Umwelt- und Technikgeschichte

2.09 Kali & Salz

 
Vorab bemerkt
Liebe Leserinnen und Leser,
es sind oft Feinheiten, auf die es ankommt. Ein Nichtbeachten führt schnell in die Irre. Dazu folgender Fall: Die 1879 gegründete Hamburger Traditionsfirma Gebr. Heinemann zog 1978 in einen fünfgeschossigen Neubau zwischen Brooktorhafen und Magdeburger Straße an den Südrand der Speicherstadt – ein glatter Stahlbeton-Backstein-Kubus mit wenigen Fenstern. Bis 1986 wurde dieser spätmoderne Bau um zwei Staffelgeschosse für die Verwaltung „postmodern“ erhöht. Der örtliche Architekt Ulrich Arndt spielte dabei mit den Giebelmotiven und der Feuertreppe auf die Speicherbauten in der Nähe an. Dank des unverändert profanen Unterbaus war die Ironie auch für Laien gut erkennbar – und irgendwie auch kultig. 2003 verlegte die Firma Heinemann nach eigenen Angaben ihr Lager in das neue Logistikzentrum nach Allermöhe, ließ bis Mai 2009 die Lagerhausgeschosse von 1978 entkernen und zu einem Bürohaus umbauen. Arndt entwarf dafür eine plastische Ziegelfassade mit großen Fenstern, die sich harmonisch an den benachbarten historischen Kaispeicher B anlehnt, in dem heute das Internationale Maritime Museum (siehe ik 4/2008) sitzt. Dieser Bezug zwischen Alt und Neu war nach Arndts Worten ein Ziel des Umbaus. Dagegen spricht nichts: Die vorherige Ironie ist zwar verloren gegangen, die neue Architektur aber ist geglückt!
Das Problem sind andere. Im Herbst 2008 stellte die HafenCity Hamburg GmbH in der Rubrik „Pressebild / Maritimes Museum“ ein Foto auf ihre Webseite und schrieb dazu: “Backstein-Schmuckstücke: das Internationale Maritime Museum Hamburg im Kaispeicher B (…), daneben das restaurierte Gebäude der Firma Gebr. Heinemann.“ Kurz darauf übernahm eine Zeitschrift für Architektur und Städtebau dieses Foto mit einer Bildunterschrift zum „restaurierten“ Gebäude. Suggeriert wird mit diesem Begriff eine nicht vorhandene „Aura des Alten“. Denn von „Restaurierung“ kann bei diesem Neubau keine Rede sein. Da die Redaktion dieser Zeitschrift nach eigenen Angaben kurz vor Weihnachten überlastet, ortsfremd und als Non-Profit-Organisation auf die kostenlosen Fotos und Informationen der HafenCity Hamburg GmbH angewiesen war, wurden die Informationen nicht mehr hinterfragt. Allerdings hätte auch die HafenCity GmbH es besser wissen sollen.
Dies lehrt zwei Dinge. Erstens ist Trennschärfe wichtig, damit Äpfel nicht mit Birnen verglichen werden. Immer wieder werden uns Neubauten als restaurierte Altbauten „verkauft“. So spricht der Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer seit langem von „Grundinstandsetzung“, wenn eine Brücke in mehr oder weniger alter Form neugebaut wird. Zweitens spielt Geld eine Rolle: Nur eine finanziell ausreichend versorgte Redaktion leistet auf Dauer qualitativ anspruchsvolle Arbeit. Wenn Leser und Anzeigenkunden gehen, wird es auch für die Inhalte eng. Dies sollte jeder bedenken, der Zeitungen und Zeitschriften als „zu teuer“ empfindet.
Zwei Interna sind noch zu berichten: Walter Hauser ist seit Juni 2009 neuer Leiter des LVR-Industriemuseums mit Sitz in Oberhausen. Die Redaktion gratuliert herzlich! Hauser hatte bis 1994 am Deutschen Museum in München volontiert, war nach Stationen beim Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn, der Expo2000 in Hannover und als Kurator der Ausstellung „Sonne, Mond und Sterne“ auf der Kokerei Zollverein in Essen zuletzt Hauptabteilungsleiter am Deutschen Museum.
Den vorliegenden Schwerpunkt  „Kali + Salz“ hat Alexander Kierdorf betreut – vielen Dank dafür! Wie gewohnt durchzieht das Thema viele Rubriken im Heft. An dieser Stelle sei ausdrücklich auf eine sehr umfangreiche Dokumentation des Deutschen Bergbau-Museums in Bochum hingewiesen: In drei Bänden mit mehr als 1200 Seiten werden das nicht mehr aktive Kalibergbau-Revier Südharz-Unstrut (zwei Bände, von Heinz Bartl u.a.) und die Entwicklung der Kali-Verarbeitungstechnologie in diesem Revier (ein Band, von Günter Döring) dargestellt. Sie sind im Bergbau-Museum in Bochum oder im Internet unter www.bergbaumuseum-shop.de erhältlich.
Sven Bardua und das Redaktions-Team
 
INHALTSVERZEICHNIS
S. 1
Bardua, Sven
Editorial: Vorab bemerkt
SCHWERPUNKTTHEMA: Kali + Salz
S. 2 -5
Kierdorf, Alexander; Bardua, Sven
Das Weiße Gold, die unendliche Vielfalt eines Rohstoffes
S. 6 -7
Wietschorke, Jens
Schwäbisch Hall – ein alter Industrieort und sein Salz
S. 8 – 9
Kierdorf, Alexander
Ust-Borowoje im Ural: vom Salzwerk zum Museum
S. 10 – 11
Bergstein, Edgar
Kali und Salz von der Mittelmeerinsel Sizilien
S. 12 – 13
Bärtschi, Hans-Peter
Dank der Rheinsalinen geht der Schweiz das Salz nicht aus
S. 14 – 17
Bergstein, Edgar
Größtes Kali-Revier in Europa: Bergbau an der Werra
S. 18 – 20
Bergstein, Edgar
Chemie dank Salz: Soda von Solvay
S. 21
Schinkel, Eckhard
Weltkulturerbe Salzbergwerk Wieliczka (Polen)
S. 22
Kierdorf, Alexander; Walter, Hans-Henning
Das Solbad Kösen als Hort für technische Denkmale
AUS DER ARBEIT DER AG INDUSTRIEDENKMALPFLEGE
S. 23
Föhl, Axel
Salz-Denkmale in Bad Reichenhall
 
KÜNSTLERPORTRÄT
S. 24 – 25
Horchler, Michael
Kunst als Dokument der Industriegeschichte in der Unternehmensgruppe Freudenberg (Weinheim)
AUS DER ARBEIT DES LWL-INDUSTRIEMUSEUMS
S. 26
Immenkamp, Andreas
Museum Lage brennt Ziegel wie vor 2000 Jahren
ERIH – EUROPÄISCHE STÄTTEN DER INDUSTRIEKULTUR
S. 27 – 29
Bluhm, Frieder
Die Wiege der Industriellen Revolution: die Regionale Route Nordwest-England
S. 30
Bluhm, Frieder
Kein Zuckerschlecken: Schuften fürs Salz – Salzmuseum und die Lion Salt Works in Northwich (Großbritannien)
Online-Infoteil: Salzmuseen und Salzbergwerke
AUS DER ARBEIT DES LVR-INDUSTRIEMUSEUMS
DENKMAL IN GEFAHR
S. 32 – 33
Burghart, Wolfgang
Große Industriegeschichte im kleinen Ort: auf den Spuren der Papierfabrik Klein-Neusiedl in Niederösterreich
REISEZIELE DER INDUSTRIEKULTUR
S. 34 – 35
Raach, Jörg
Manchester als Geburtsort des Industriezeitalters
DAS HISTORISCHE FOTO
S. 36 – 37
Kunze, Dieter
Stader Saline in den sechziger Jahren
AUS DER ARBEIT DER DEUTSCHEN WASSERHISTORISCHEN GESELLSCHAFT
S. 38 -39
Röttcher, Klaus; Deutsch, Mathias
Das Hochwasser 1909 an Main, Pegnitz, Ruhr, Emscher, Fulda, Werra, Leine und Weißer Elster “ was interessiert uns das heute noch?
RUBRIKEN
S. 40 – 52
Industriekultur in den Regionen
S. 41
Touren & Tagungen
S. 53 – 56
Lesezeichen
S. 57
Termine
DIE HISTORISCHE ANZEIGE
Beihefter
Walter, Hans-Henning
Solbad Kösen in Thüringen