Cottbus: Tagung „Vom Wert des Weiterbauens“ im Dieselkraftwerk

Transformation statt Abriss ist heute für viele Akteure im Bauwesen eine Selbstverständlichkeit. Nach Jahrzehnten der Fokussierung auf den Neubau hat in der jüngeren Gegenwart eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Bauen im Bestand eingesetzt. Das Weiterbauen des Vorhandenen im Sinne von Adaption, von Um- und Neugestaltung bis hin zu Teilabriss und Wiederverwendung beschreibt dabei das Bauwerk als Prozess und wirft neue Fragen nach Haltbarkeit und Nachhaltigkeit historischer Bauten auf…

Weiterbauen unterstützt die Kontinuität von Orten und Bauwerken und befördert Fragen nach ihrer Fertigstellung, Abgeschlossenheit und Autorenschaft. Neben den technischen Vorgängen von Umbau und Anpassung vollzieht sich mit ändernden Wertvorstellungen und Interpretationen auch eine ständige Neuausrichtung vorhandener Bausubstanz auf die Gegenwart vor dem Hintergrund einer spezifischen Sicht auf die Vergangenheit.

Unser gegenwärtiges Verständnis dieser Prozesse gründet vor allem auf einem viel genutzten, dennoch aber bislang kaum theoretisch oder historisch definierten Begriff des Weiterbauens. Zudem bleibt vielfach offen, wie ein innerhalb der Architektur entwickeltes Verständnis des Weiterbauens in andere Bereiche des Bauens (Städtebau, Ingenieurwesen, Denkmalpflege) hineinwirkt und welche möglichen Adaptionen, Chancen und Missverständnisse sich somit ergeben. So ließe sich insbesondere im Hinblick auf die institutionalisierte Denkmalpflege fragen, welche Rolle der Begriff des Weiterbauens in der Bewertung von Um- und Weiternutzungskonzepten einnimmt, die in der Regel im Widerspruch zu einem vermeintlich schätzenswerten »Originalzustand« stehen.

Im Rahmen des Querschnittskolloquiums des DFG-Graduiertenkollegs »Kulturelle und technische Werte historischer Bauten« soll diskutiert werden, welche konstruktiven Lösungen und kulturgeschichtlichen Zusammenhänge des Weiterbauens sich in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Epochen und Regionen auffinden und beschreiben lassen. Neben den disziplinär geprägten Semantiken des Weiterbauens stehen vor allem die konkreten Beispiele der ingenieurtechnischen, denkmalpflegerischen, gestalterisch-architektonischen und städtebaulichen Praxis des Weiterbauens im Vordergrund der Diskussion.

Das Querschnittskolloquium verfolgt dabei einen doppelten Interpretationsansatz, in dem es einerseits unterschiedliche disziplinäre Perspektiven zusammenführt und anderseits durch die diachrone Untersuchung der Praktiken des Weiterbauens von der Antike bis in die Gegenwart neue, historisch fundierte Verständnisebenen eröffnet.

Vom Wert des Weiterbauens.
Konstruktive Lösungen und kulturgeschichtliche Zusammenhänge

Turbinenhalle des Alten Elektrizitätswerks und Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst,Cottbus, 27. – 29. 6. 2018

Programm

Mittwoch, 27. Juni 2018
Vortragssaal Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Dieselkraftwerk, Am Amtsteich 15, 03046 Cottbus

19.00 Uhr
Begrüßung
Eva Maria Froschauer (Cottbus)

Abendvortrag
Alexander Schwarz (David Chipperfield Architects Berlin)
Bauen auf der Berliner Museumsinsel

20.00 Uhr
Empfang

21.00 Uhr
Ausstellungsrundgang
Mit Michael Morgner durch die Ausstellung „Existenz=Zeichen=Mensch“ (Michael Morgner/Joseph Beuys) im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst, Dieselkraftwerk

Donnerstag, 28. Juni 2018
Turbinenhalle des Alten Elektrizitätswerks, Am Spreeufer 1, 03046 Cottbus

9.30 Uhr
Einführung
Werner Lorenz (Cottbus)

9.45 Uhr Weiterbauen als intellektuelles Konzept

Simone Bogner (Berlin)
Weiterbauen und Modernismus oder: Wie kommt die Gegenwart in die Geschichte?

Luise Rellensmann (Cottbus)
Weiterbauen nach Team 10

Dr. Tino Mager (Delft)
Architektonische Metamorphosen und überzeitliche Dialoge

11.15 Uhr
Kaffeepause

11.30 Uhr Weiterbauen als technische Wegweisung

Eugen Brühwiler (Lausanne)
Brücken veredeln anstatt ersatzneubauen

Steffen Marx (Hannover)
Die wichtigsten 30 Meter Deutschlands: Die Eisenbahnbrücke Lange Feldstraße als Denkmal oder Infrastrukturelement

Susana Mora Alonso-Muñoyerro (Madrid) / Elena Zapatero (Madrid)
Compatibility and reversibility in the use of „modern“ materials in architectural restoration

13.00 Uhr
Mittagpause

14.15 Uhr Weiterbauen als kulturelle Praxis

Dominik Jelschewski (München)
Der Dom zu Trier – 1700 Jahre Weiterbau im sakralen Kontext

Eva Maria Froschauer (Cottbus)
Eine kulturelle Vereinbarung. Weiterbauen und regionale Baukultur als Collage – Der Fall Rudolf Olgiatis

Joseph Rustom (Beirut)
The Rehabilitation of Places of Worship in Postwar Beirut (2000-2015): A Critical Review

Clara Rellensmann (Cottbus)
Ideologie und Weiterbauen in Myanmar: Bagan 1995 – 2011

16.30 Uhr
Kaffeepause und Rundgang durch das Alte Elektrizitätswerk

17.30 Uhr Sprechen wir über … Weiterbauen!
Adrian von Butlar (Berlin) im Gespräch mit Heinz Nagler (Cottbus)
Moderation: Leo Schmidt (Cottbus)

19.00 Uhr
Abendessen

Freitag, 29. Juni 2018
Turbinenhalle des Alten Elektrizitätswerks, Am Spreeufer 1, 03046 Cottbus

9.30 Uhr Weiterbauen als gesellschaftlicher Konflikt

Sabrina Flörke (Cottbus)
Identitätsverlust durch Enteignung – Strategien im Umgang mit großbürgerlichen Wohnbauten in Berlin-Wannsee

Dr.-Ing. Maja Lorbek (Wien)
Institutionelle Akteure, interpretative Flexibilität und das Wiener Schulbausanierungsprogramm.

Prof. Dr. Georg Ebbing (Wiesbaden) / Moritz Henkel (Dortmund)
Reproduktives Entwerfen zwischen „unterkomplexem heile Welt Gebaue“ und „Nihilistischem Neutönertum“

Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz (Cottbus)
Interessen, Werte und tradierte Feindbilder.
Konfliktlinien in der Auseinandersetzung um denkmalgeschützte Ingenieurbauwerke

11.45 Uhr
Kaffeepause

12.00 Uhr Gemeinsame Diskussion

12.45 Uhr
Mittagessen und Tagungsausklang

Die Konferenzteilnahme ist kostenlos.
Anmeldung bis 25.6.2018 unter dfg-graduiertenkolleg-1913@b-tu.de

Albrecht Wiesener, M.A.
Wissenschaftlicher Koordinator
DFG-Graduiertenkolleg 1913
“Kulturelle und technische Werte historischer Bauten“
BTU Cottbus – Senftenberg
LG 2 B, 0.08
Postfach 101344
03013 Cottbus
E: albrecht.wiesener@b-tu.de
T: 0355-694915

Infos: Homepage des DFG-Graduiertenkollegs »Kulturelle und technische Werte historischer Bauten« unter www.b-tu.de/dfg-graduiertenkolleg-1913/veranstaltungen/querschnittskolloquien.