Freiberg: Tagung „Authentizität und industriekulturelles Erbe – Identitäten, Grenzen, Objekte und Räume“ im April 2017

Die Tagung wird gemeinsam veranstaltet vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Forschungsbereich Bergbaugeschichte und Montanhistorisches Dokumentationszentrum; der TU Bergakademie Freiberg, Institut für Industriearchäologie, Wissenschafts- und Technikgeschichte; dem Leibniz-Forschungsverbund Historische Authentizität; in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung Erkner (IRS), dem Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz und dem Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum…

Die De-Industrialisierungsprozesse seit den 1970/80er Jahren führten in den altindustriellen Kernregionen Westeuropas und Nordamerikas zu erheblichen sozio-ökonomischen Verwerfungen. Seit dem politischen Umbruch der 1990er Jahre trafen sie auch mittel- und osteuropäische Staaten oft in zuvor nicht gekanntem Tempo und Umfang. Diese tiefgreifenden Strukturbrüche versuchte das politische System mit flankierenden Maßnahmen abzufedern, beispielsweise durch neue wirtschaftspolitische Impulse und, exemplarisch im Ruhrgebiet, den forcierten Auf- und Ausbau von höheren Bildungseinrichtungen.

Der ökonomische und soziale Strukturwandel fand seine kulturellen Entsprechungen in der post-industriellen „Landschaftsreparatur“ und in der „Musealisierung“ industrieller Hinterlassenschaft. Die Strategien der In-Wert-Setzung des industriekulturellen Erbes ließen neue Orte und Landschaften der Erinnerung entstehen, die zu zentralen Ankerpunkten regionaler, post-industrieller Identitäten wurden. Essentiell für die In-Wert-Setzungs-Prozesse wurde die Authentizität des industriekulturellen Erbes. An diesem Punkt setzt die Tagung, die vom 27.04.2017 bis 29.04.2017 an der TU Bergakademie Freiberg stattfindet, an. Sie thematisiert Erinnerungskulturen und -orte, Prozesse der Authentisierung des industriekulturellen Erbes sowie dessen räumliche Grenzen im europäischen und internationalen Vergleich, wobei ein Fokus auf ehemalige Montanreviere gelegt werden soll.

Die Tagung wird im Rahmen des von der RAG-Stiftung geförderten Projektes „Vom Boom zur Krise: Der deutsche Steinkohlenbergbau nach 1945“ veranstaltet und vom Leibniz-Forschungsverbund Historische Authentizität unterstützt. Als Keynote Speaker sind u.a. Anna Storm und Gerhard Stadler angefragt.

Historikerinnen und Historiker, Kulturwissenschaftlerinnen und Kulturwissenschaftler sowie Kolleginnen und Kollegen aus benachbarten Disziplinen sind eingeladen, Abstracts zu folgenden Themenfeldern und Fragestellungen einzureichen:

  1. Industriekultur: Die Karriere des Begriffes Industriekultur ist eng verbunden mit der Emergenz der Authentizitätproblematik; seine Historisierung soll daher im Zentrum des Panels stehen. Es adressiert international vergleichend Fragen nach dem semantischen Feld, den involvierten und prägenden Akteuren und Institutionen, der Emergenz und den Konjunkturen des Begriffes. Es interessieren mithin die „regimes of meaning“, semantischen Interaktionen und Relationen zwischen Industriekultur und Authentizität ist hierbei besonderes, systematisches Augenmerk zu schenken.
  1. Räume des Authentischen: Authentizität wird nicht nur einzelnen Objekten ein- und zugeschrieben, sondern auch scheinbar klar abgrenzbaren Räumen. Seinen normativ-institutionellen Niederschlag findet dies vor allem in den UNESCO Konventionen über die  „cultural landscapes“, aber auch in der European Landscape Convention. Diese räumliche Dimension von Authentizität adressiert vielfältige Aspekte; sie reichen von der nur scheinbar banalen Frage, wie unter industriellen und postindustriellen Bedingungen (Industrie-) Kulturlandschaften begrifflich zu konturieren sind, über solche der kartographischen Repräsentation des räumlich Authentischen bis hin zur Frage nach den raumkonstituierenden Akteuren und Bedingungen. Im Kern stehen damit die „networks of relation“ zwischen Objekten, Räumen und Akteuren zur Debatte.
  1. Grenzen des Authentischen: Prozesse der Authentisierung legen fest, was als authentisch  gilt bzw. gelten soll. Ihre Mechanismen sind bislang wenig untersucht, sie sollen exemplarisch für industriekulturelle sowie städtebauliche Objekte und Ensembles thematisiert werden. In den Fokus rücken somit die Relationen zwischen Akteuren und baulichen Überlieferungen, Fragen nach Persistenz und Dynamik und nach lokaler Selbst- und nicht-lokaler Fremdzuschreibung des Authentisierten.
  1. Authentizität und Identität: In (Industrie-)Bauten materiell geronnene Authentizität bildet einen zentralen Ankerpunkt lokaler und regionaler Identität, die von Migrationsprozessen stets beeinflusst wurde. Thematisiert werden soll daher zum einen, wie Migranten Authentizität rezipieren, neu- und umdeuten, zum anderen auch Persistenzen und (Eigen-)Dynamiken des vorgefundenen Authentischen.
  1. Authentizität und (Bau-)Denkmal: Mit der Charta von Venedig begann 1964 der Aufstieg des Begriffes Authentizität zum Schlüsselbegriff des (internationalen) Denkmalpflegediskurses, der mit dem Nara Dokument über Authentizität von 1994 nochmals an Dynamik gewann. Vor diesem Hintergrund erscheint die Rede über Authentizität als Ideologie der Moderne, die es kritisch zu de-konstruieren gilt. Hier sind Beiträge erwünscht, die vergleichend Prozesse der Authentisierung industriekultureller und kulturhistorischer Denkmale vornehmen und systematisch das denkmalpflegerische Spannungsfeld von historischer Authentizität – Neu- bzw. Nachnutzung – Rekonstruktion thematisieren.

Bitte senden Sie Ihr Abstract mit Angabe der Sektion (max. 500 Wörter) und ein kurzes CV in einem zusammenhängenden Dokument (pdf) bis zum 31.08.2016 an jana.golombek@bergbaumuseum.de und torsten.meyer@bergbaumuseum.de.

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Über die Annahme der eingegangenen Vorschläge informieren wir die Referentinnen und Referenten bis zum 30.09.2016. Da wir eine zeitnahe Veröffentlichung des Tagungsbandes anstreben, erbitten wir für die angenommenen Beiträge die Zusendung eines ca. 20seitigen Manuskriptes bis zum 28.02.2017. Nach der Tagung geben wir den Beiträgerinnen und Beiträgern die Möglichkeit, die Diskussionsergebnisse in ihre Manuskripte einzuarbeiten.

Die Teilnahme von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern ist ausdrücklich erwünscht, Reise- und Übernachtungskosten der Vortragenden können übernommen werden.

WAS: Tagung „Authentizität und industriekulturelles Erbe – Identitäten, Grenzen, Objekte und Räume“
WANN: 27. 4. 2017 – 29. 4. 2017
WO: TU Bergakademie Freiberg (Sachsen)

Deadline für Abstracts: 31.08.2016

Kontakt: jana.golombek@bergbaumuseum.de und torsten.meyer@bergbaumuseum.de.