Archiv für den Monat: Februar 2011

Stuttgart/Rheinfelden: Petitionsausschuss lehnt Moratorium für historisches Kraftwerk ab – Abbruch bereits weit fortgeschritten

­ Trotz vereinzelter überregionaler Presseberichte ist damit fast unbemerkt ausserhalb der Fachöffentlichkeit in Baden-Württemberg ein nach übereinstimmender Einschätzung der Fachkreise Welterbe-würdiges technisches Denkmal verlorengegangen. Die Argumentation des Petitionsausschusses in diesem Punkt referiert das umständliche Verfahren der Eintragung, für die zudem ein „gesicherter Erhalt“ notwendig sei. Damit negiert sie nach Ansicht von Fachleuten jede Möglichkeit, mit dem Instrument „Welterbe“ gefährdete Denkmale kurzfristig und wirksam zu schützen, und erweist wiederum ihre Schwerfälligkeit.

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Die Ablehnung konstatiert: „Das alte Kraftwerk ist zwar das letzte weltweit noch erhaltene Großkraftwerk aus der Gründerzeit der Stromgewinnung und damit ein Kulturdenkmal laut Denkmalschutzgesetz… Die Würdigung aller Interessen hat in der Abwägung jedoch ergeben, dass den Anliegen des Umweltschutzes … gegenüber dem Schutz des alten Kraftwerks der Vorrang zu geben ist.“

Damit nimmt sie nochmals die Argumentation der Behörden und verantwortlichen politischen Gremien auf.  Laut Planfeststellungbeschluss, auch dies ist der Ablehnungsbegründung zu entnehmen, ist der Betreiber zu einer umfangreichen Dokumentation des Denkmals und zur Einrichtung einer Dauerausstellung über das historische Kraftwerk verpflichtet. Dies ist ein schwacher Trost für die machtlose Denkmalpflege und all jene hellsichtigen Freunde historischer Technik, die in den vergangenen Wochen den Abbruch des Gebäudes und die Freilegung der zur weitgehenden Verschrottung verdammten Originalausstattung verfolgen mussten.

 Die Ablehnung als PDF

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(Fotos: Christian Bedeschinski, Berlin, Feb. 2011 (2); Yvonne Scheiwiller, 26. 12. 2010 (1))

Schlatt/Schweiz: Eisenbibliothek tagt 2011 zum Thema „Wasserversorgung“

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In der Tagung soll, so die Stiftung, der Schwerpunkt auf der Nutzung im Alltag, weniger im industriellen Bereich liegen. Referatsvorschläge zum Thema sowie Projekte aus angrenzenden Disziplinen mit technikhistorischen Fragestellungen sind ausdrücklich erwünscht.

Die technikgeschichtlichen Tagungen der Eisenbibliothek werden nach Angaben der Stiftung seit 30 Jahren mit internationaler Beteiligung durchgeführt, um interdisziplinär Themen aus der Technikgeschichte zu diskutieren. Wichtig sind dabei stets auch Bezugspunkte zur Gegenwart. Themen der letzten Jahre waren: "Technikgeschichte im Museum. Wie Museen Technikgeschichte darstellen" (2010) "Wissens- und Technologietransfer Asien-Europa" (2009), "Bearbeitung von Metallen" (2008), "Tunnelbau: Unterirdische Perspektiven" (2007), "Walzen – Technik- und kulturgeschichtliche Aspekte in Geschichte und Gegenwart" (2006). Die Tagungen findet in der Schweiz, im Klostergut Paradies in Schlatt, dem Sitz der Eisenbibliothek (www.eisenbibliothek.ch) statt.

Die Stiftung Eisenbibliothek bietet für Referenten/Referentinnen eine kostenlosen Aufenthalt und die Möglichkeit zur Publikation des Referates in der jährlich erscheinenden Fachzeitschrift FERRUM. Ein Referat sollte maximal 30 Minuten dauern. Anschliessend besteht Zeit für Fragen und Diskussion. Die Tagung wird von ca. 50 Personen hauptsächlich aus dem deutschsprachigen Raum besucht, es sind auch Referate in Englisch möglich.

Ein Abstract sollte zwei A4-Seiten nicht überschreiten und in elektronischer Form eingereicht werden. Ausserdem sollte es Angaben über den beruflichen Werdegang und die derzeitige Tätigkeit des Bewerbers/der Bewerberin enthalten. Abstracts sind zu senden an: Dr. Britta Leise (britta.leise@georgfischer.com).

Einsendeschluss Abstract (2 Seiten): 8. April 2011
Benachrichtigung der Referenten / Referentinnen: 31. Mai 2011

Termin: 11.11.2011-12.11.2011,
Deadline für Themenvorschläge: 08.04.2011

Technikgeschichtliche Tagung der Eisenbibliothek
Eisenbibliothek, Stiftung der Georg Fischer AG
Klostergut Paradies, 8252 Schlatt (Schweiz)

Die Tagung wird durch die Stiftung Eisenbibliothek organisiert. Für das
Programm verantwortlich sind: Kilian T. Elsasser, (Museumsfabrik
Luzern), Dr. Helmut Lackner, (Technisches Museum, Wien); Prof. Reinhold
Reith (Universität Salzburg); Prof. Dr. Friedrich Steinle (TU Berlin).

Berlin: Vortrag „Frühe Autobahnplanung und Autobahnrealisierungen in Deutschland 1925-1934“ im Deutschen Technikmuseum

­Die Grundlagen für den Autobahnbau in der NS-Zeit wurden bereits in der Weimarer Republik gelegt: Trotz des niedrigen durchschnittlichen Motorisierungsgrades gab es in den 1920er Jahren in Deutschland ein hohes Verkehrsaufkommen im Nahbereich großer Städte, so auf den Strecken Bonn-Köln-Düsseldorf, Frankfurt/M.-Heidelberg-Mannheim und Halle-Leipzig. Darauf reagierten verschiedene „Autobahn-Initiativen“.

Der Vortrag geht besonders auf den „Verein zum Bau einer Straße für den Kraftwagen-Schnellverkehr von Hamburg über Frankfurt a.M. nach Basel“ (Hafraba) ein, der eine Nord-Süd-Autobahn von Lübeck über Hamburg und Frankfurt/M. nach Basel propagierte und in Frankfurt/M. 1926 gegründet wurde. Trotz weitreichender Planung und Unterstützung durch Reichskanzler Heinrich Brüning (1885-1970) war der Verein nicht erfolgreich. Nach der Machtübernahme lösten die Nazis die Hafraba auf und übertrugen die Aufgaben der neu gegründeten regimetreuen „Gesellschaft zur Vorbereitung des Reichsautobahnbaus“ (GEZUVOR).

Der Vortrag in der Reihe Verkehrsgeschichte der Vorträge im Deutschen Technikmuseum, veranstaltet vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI), VDI-Bezirksverein Berlin-Brandenburg, Arbeitskreis Technikgeschichte (Dr.-Ing. Karl-Eugen Kurrer und Dr. phil. Stefan Poser), zeigt die Vielzahl der Autobahnlinien auf, die in der Weimarer Zeit geplant wurden. Exemplarisch werden die Planungskriterien der Hafraba diskutiert.

Veranstaltungsort: Deutsches Technikmuseum, Trebbiner Straße 9, 10963 Berlin, Vortragssaal

Verkehrsverbindungen: U-Bahnhof Gleisdreieck, U-Bahnhof Möckernbrücke

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München: Ausstellung „Benz & Co. – 125 Jahre Benz-Patent-Motorwagen“ im Verkehrszentrum des Deutschen Museums

­ Aus Anlass seines 125jährigen Jubiläums widmet das Verkehrszentrum des Deutschen Museums nach eigenen Angaben Carl Benz, seiner Erfindung und seinen Unternehmungen eine Sonderausstellung, in deren Mittelpunkt der originale Patentwagen steht. Die Ausstellung skizziert Benz‘ Werk und bietet Einblick in die Technik des Patentwagens. Sie erzählt die Geschichte der holprigen Anfänge der Firma Benz und des Automobilismus bis 1900 und kontrastiert das Benziner-Konzept mit damals konkurrierenden Alternativen, wie Dampf- und Elektrowagen. 1886 meldete der Ingenieur Carl Benz (1844-1929) aus Mannheim ein „Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb“ zum Patent an. Es war das erste Automobil mit Benzinmotor. Benz, selbst Radfahrer, griff bei der Konstruktion seines Motordreirads teilweise auf bekannte Bauteile des Fahrradbaus zurück. Einige Teile bezog er direkt bei der Firma Adler, einem bekannten Fahrradhersteller. Die Konstruktion bot den Vorteil eines geringen Gewichts. Das Herzstück des Wagens war der schnelllaufende 1-Zylinder-Motor mit Vergaser, der mit flüssigem Kraftstoff, Benzin, betrieben werden konnte.

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Aus heutiger Sicht stellt sich Benz-Patentwagen als Basisinnovation für ein ganzes Verkehrssystem dar. Unter den Zeitgenossen 1886 allerdings fand er anfangs nur wenig Aufmerksamkeit. Ein Markt für Automobile musste erst geschaffen werden. Zunächst waren es Motorsportler, die die ‚Selbstfahrer‘ für sich entdeckten. Den größten Erfolg hatten Benz Motorwagen zunächst in Frankreich, das in 1890er Jahren durch Marketing und Sport zum ‚Trendsetter‘ der automobilen Gemeinde in Europa wurde. Zur lokalen Werbetour geriet immerhin eine Fahrt der Berta Benz, die mit ihren Söhnen 1888 zu einer ersten „Fernfahrt“ im Automobil von Mannheim nach Pforzheim aufbrach. Mehr zum Patent-Motorwagen hier

Vom 28. Januar 2011 bis zum 8. Januar 2012 zeigt das Deutsche Museum im Verkehrszentrum auf der Theresienhöhe seine Ausstellung über Carl Benz.

 

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Berlin: 80 Jahre „Haus des Rundfunks“

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Eine fünfteilige Chronik über das "Haus des Rundfunks" in der Masurenallee ist Wolfgang Bauernfeinds Geschenk zu seinem Abschied vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Bis zum April 2009 war der 65-Jährige Leiter der Featureabteilung im rbb-"Kulturradio". Über Monate hat er Archive durchstöbert und Zeitzeugen befragt. Die Geschichte des Hauses an der Masurenallee ist auch die Geschichte des Radios in Deutschland.

In fünf einstündigen Hörfunkfeatures erinnerte Wolfgang Bauernfeind an die Gründerzeit des Rundfunks, erzählen von den Schicksalsjahren, als die Nazis an die Macht kommen und den Rundfunk für sich erobern. Rundfunk wird Volksrundfunk, die Reichsrundfunkgesellschaft wird dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt. Im Krieg müssen die Sprecher ihre Nachrichten in einem Bunker verlesen, der auf dem Gelände des Funkhauses gebaut wurde.

Das Gebäude bleibt unzerstört und gleich nach Kriegsende wird aus dem Haus des Rundfunks wieder gesendet. Am 13. Mai 1945 meldet sich das "Radio Berlin-Berliner Rundfunk" mit ersten Nachrichtensendungen zu Wort, die von der russischen Besatzungsmacht kontrolliert werden. Nach Gründung der DDR ist das staatliche Rundfunkkomitee für den Berliner Rundfunk zuständig. Von 1.600 Mitarbeitern im Berliner Rundfunk verlieren in mehreren Entlassungswellen über 1.000 Westberliner ihren Arbeitsplatz in der Masurenallee. Sie werden durch junge Mitarbeiter aus dem Osten ersetzt. Es bleiben nur etwa 200 Musiker und Schauspieler Westberliner Herkunft übrig, für die so schnell kein Ersatz zu finden war. Da das Haus jedoch in der britischen Besatzungszone liegt, werden die Mitarbeiter im Juli 1952 gezwungen, das Funkhaus an der Masurenallee zu verlassen und nehmen den Sendebetrieb in Ost-Berlin, in der Nalepastraße von Berlin Schöneweide, auf. Das "Haus des Rundfunks" wird für die nächsten Jahre zum "Haus des Schweigens".

Am 1. Juni 1954 hören die Berliner wieder eine vertraute Stimme im Radio. Es ist die Stimme von Alfred Braun, der die erste Sendung des Sender Freies Berlin ansagt. Er ist auch der Gründungsintendant der neuen Anstalt. Nachdem die Sowjets das Haus des Rundfunks 1956 dem Senat von West-Berlin übergeben haben, kann das Gebäude wieder instand gesetzt werden. Im Dezember 1957 wird es zum zweiten Mal eingeweiht und dem Sender Freies Berlin übergeben.

Damit beginnt die Geschichte des Sender Freies Berlin, die 45 Jahre dauern sollte. Neue Programme werden entworfen, das erste Jugendprogramm der Bundesrepublik "sf-beat" entsteht, das "Echo am Morgen", die "Zeitpunkte", "Studio Drei". Aufbruch auf allen Wellen, bis in den 80er Jahren der private Rundfunk die Monopolstellung des öffentlichrechtlichen Rundfunks aufbricht. Zeit für Reformen und Beginn des Wettbewerbs um die Hörer.

"Wege zur Einheit" heißt der letzte Teil der Chronik, der die Zeit von 1989 bis heute beschreibt. Wieder einmal beginnt im Funkhaus an der Masurenallee eine neue Geschichte. Das Haus des Rundfunks wird zur Sendezentrale für die Ereignisse rund um den Mauerfall. Später treffen sich hier Rundfunkleute aus Ost und West und beraten über die Zukunft des Rundfunks in der nun wiedervereinigten Stadt. Der Rundfunk der DDR wird aufgelöst. In Potsdam entsteht ein neue Rundfunkanstalt, der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB). Der Sender Freies Berlin (SFB) wird Landesrundfunkanstalt für ganz Berlin. Am 1. Mai 2003 wird aus beiden Sendern schließlich der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), der sein Zuhause nun in Potsdam und in Berlin, unter anderen im Haus des Rundfunks hat.

http://www.bpb.de/themen/8D3PK4,0,0,Das_Haus_des_Rundfunks.html

Ein Buch Wolfgang Bauenfeinds zum gleichen Thema ist unter dem Titel "Tonspur" im Christoph Links Verlag erschienen.

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