Archiv für den Monat: November 2008

Hattingen: Sanierung der Gebläsehalle für 2,9 Mio. Euro kann beginnen – LWL plant Stahlausstellung in historischer Kraftzentrale der Henrichshütte

In der historischen Kraftzentrale der Hütte will das Museum nach der Sanierung die Dauerstellung zum Thema Stahl einrichten – dafür fehlte bisher der Ort. Hattingens Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch sieht in der Sanierung eine wichtigste Investition: "Das LWL-Industriemuseum ist ein Leuchtturm für Hattingen. Nach Fertigstellung der Gebläsehalle wird er noch stärker über die Grenzen der Stadt hinaus strahlen. Dazu wird hier am authentischen Ort ein wichtiger Teil unserer Geschichte, die über 150 Jahre lang von Eisen und Stahl geprägt war, wieder lebendig."

Das Land Nordrhein-Westfalen hat 80 Prozent Förderung für die Sanierung in Aussicht gestellt. Mit dieser Finanzspritze will der LWL das über 110 Jahre alte Baudenkmal in den kommenden Jahren für den Museumsbetrieb "fit" machen. Eine komplett neue Elektroinstallation und ein Aufzug werden eingebaut, das Dach und andere Bereiche werden statisch verstärkt. Oberlichtband und Glasflächen werden behutsam saniert, Fehlstellen in Böden und Mauerwerk ergänzt. "Das Baudenkmal selbst ist unser wichtigstes Exponat, deshalb sind wir bemüht, möglichst schonend vorzugehen und die Atmosphäre zu erhalten", erklärte Museumsdirektor Dirk Zache.

Nach Fertigstellung der Sanierung, die für das Jahr 2010 anvisiert ist, will das LWL-Industriemuseum in der 2.500 Quadratmeter großen Gebläsehalle die Dauerausstellung zum Thema Stahlerzeugung präsentieren sowie dringend benötigten Raum für Wechselausstellungen gewinnen. "Das sind die zentralen Ergänzungen für unser Museum", so Museumsdirektor Zache. Bereits in den 1990er Jahren ließ der LWL in der leerstehenden Halle einige Großmaschinen und Aggregate installieren, die von der historischen Funktion der ehemaligen Energiezentrale zeugen. Zu den gewichtigen Exponaten zählt eine 500 Tonnen schwere Großgasmaschine – eine der letzten ihrer Art in Deutschland. Sie wurde 1993 aus der Georgsmarienhütte bei Osnabrück geholt. Um die Weiterverarbeitung von Eisen und Stahl demonstrieren zu können, installierte das LWL-Industriemuseum außerdem ein Dampfhammer-Ensemble aus Engelskirchen und das Mittelgerüst eines Walzwerkes aus Duisburg-Hochfeld.

Die 1854 gegründete Henrichshütte zählt zu den ältesten Hüttenwerken des Reviers. Bis zu 10.000 Menschen arbeiteten in den verschiedenen Betrieben zur Eisen- und Stahlherstellung sowie Walz- und Schmiedebetrieben. In 133 Jahren erlebte die Henrichshütte den Aufstieg, die Blüte und den Niedergang der Eisen- und Stahlindustrie im Revier. Gegen den erbitterten Widerstand der Region wurde am 18.12.1987 der letzte Hochofen ausgeblasen. 1989 übernahm der LWL das Hüttenwerk an der Ruhr als letzten von insgesamt acht Standorten in sein Landesmuseum für Industriekultur. Den östlichen Teil der Gebläsehalle baute der LWL mit Mitteln des Landes zum Veranstaltungsort aus. Seit 2004 finden hier Konzerte, Märkte und Firmenveranstaltungen mit bis zu 2.000 Gästen statt.

Im westlichen Teil der Gebläsehalle schlug einst das Herz der Hütte. Hier thronten die gewaltigen Großgasmaschinen. Elf dieser Giganten waren zu Hochzeiten im Einsatz, um auf der Basis von Hochofengas Strom und Wind zu erzeugen. Bis in die 1960er Jahre hinein deckten sie einen Großteil der Energieversorgung ab. Weil die Dinosaurier der Kraftwirtschaft mit den gestiegenen Leistungsanforderungen im Bereich der Hüttentechnologie nicht mehr Schritt halten konnten, wurde die Stromversorgung ab 1962 neu organisiert. Lediglich die Winderzeugung für die Hochöfen erfolgte noch bis Ende der 1970er Jahre mit Hilfe der Großgasmaschinen. Dann reichten auch hierfür die Kapazitäten nicht mehr aus, und die Henrichshütte stellte vollständig auf Turbinen um. Zwischen 1979 und Mitte der 1980er Jahre ließ der Betrieb die Maschinen nach und nach verschrotten. Die Halle diente bis zur Stilllegung als Lager und Lok-Reparaturwerkstatt.

Benediktbeuern: Wiedereröffnung der historischen Fraunhofer-Glashütte mit erweiterter Ausstellung

"Uns bei Fraunhofer ist es ein besonderes Anliegen, das Lebenswerk unseres Namenspatrons und Vorbilds in Andenken und Ehren zu halten. Das hat uns veranlasst, die Wirkungsstätte Fraunhofers in Benediktbeuern um einen neuen Ausstellungsbereich zu erweitern," sagt Prof. Hans-Jörg Bullinger, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. "Ich freue mich, dass wir das Fraunhofer-Museum ein Stück ausbauen und damit für Besucher noch attraktiver machen konnten".

Möglich wurde diese Erweiterung durch das unermüdliche Wirken von Carl R. Preyß, einem Gründungsmitglied der Fraunhofer-Gesellschaft und selbst Experte in Sachen Joseph von Fraunhofer. Preyß gelang es, die Beteiligten an einen Tisch zu holen: das Kloster Benediktbeuern, dass die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, das Münchner Stadtmuseum, in dessen Obhut die Fraunhofer-Werkstatt liegt, das Deutsche Museum, das mit seinen Experten zur Sichtung und Ausstellungsgestaltung beigetragen hat und die Fraunhofer-Gesellschaft, die den Umbau organisierte und die Ausstellung in Benediktbeuern betreibt.

Joseph von Fraunhofer war ein Forscher und Unternehmer mit herausragenden Fähigkeiten. Rund zwölf Jahre – von 1807 bis 1819 – arbeitete er in den Räumen der aufgelösten Abtei des Klosters Benediktbeuern. Im dortigen optischen Institut war es Fraunhofers Aufgabe optische Geräte für die Landvermessung herzustellen, aber auch bessere Fernrohre und Mikroskope. Ohne bestes – schlierenfreies – optisches Glas waren solche Geräte undenkbar. Um dies herstellen zu können, analysierte Fraunhofer sowohl die Zusammensetzung der Grundstoffe aber auch die Herstellung – die Schmelze – der Gläser.

Damit hatte Fraunhofer sich ein optimales Material geschaffen, das er im nächsten Schritt bearbeitete, um Linsen für Fernrohre oder Theodolite, Geräte für die Landvermessung zu fertigen. Ein perfekter Schliff war von nicht minderer Bedeutung wie die hohe Qualität der Gläser. Fraunhofer gelang es, Linsen mit deutlich größerem Durchmesser zu schaffen als üblich. Damit übertraf er die damals besten Produktionsstätten in England. Und er nutzte die von ihm gefertigten optischen Geräte für eigene Forschung zum Verhalten des Lichts: Während seiner Zeit in Benediktbeuern entdeckte er die dunklen Linien im Sonnenspektrum, die nach ihm benannten "Fraunhoferschen Linien". Damit legte er den Grundstein für die Spektroskopie – Verfahren, die anhand der Farbzerlegung von Lichtquellen untersuchen, wie elektromagnetische Strahlung und Materie in Wechselwirkung stehen. Diese Analysemethoden sind auch heute die Grundlage für die Erforschung des Weltalls.

"Fasst man die Leistungen Fraunhofers zusammen, ergeben sich klare Parallelen zum Arbeiten und Wirken der Fraunhofer-Gesellschaft", kommentiert Prof. Bullinger. "Fraunhofer vernetzte sich mit den führenden Köpfen seiner Zeit. Er lieferte wissenschaftliche sowie technische Spitzenleistungen und lebte das Prinzip der angewandten Forschung.

"Darüber hinaus sind die Arbeitsgebiete Optik und Feinmechanik auch für die Fraunhofer-Gesellschaft von hoher Bedeutung. Denn gerade optische Technologien sind damals wie heute ein Innovationsmotor und ein Thema mit dem sich eine große Zahl von Fraunhofer-Instituten beschäftigt.

Weitere Informationen über die Persönlichkeit Joseph von Fraunhofer und Download-Möglichkeit einer Vita sowie der neuen, 50-seitigen Broschüre zur Glashütte hier

(Fotos: © Fraunhofer/Bernd Müller)

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Der Theodolit erlaubt eine sehr genaue Winkelmessung.