Archiv für den Monat: August 2008

Lauchhammer: IBA SEE-Projekt Biotürme Lauchhammer fertiggestellt

Wie die IBA mitteilte, wurde das Turmensemble seit 2006 für ca. 1,4 Millionen Euro grundlegend saniert und das Umfeld neu gestaltet. Als Erinnerungs- und Veranstaltungsort finden die Biotürme nun eine neue Bestimmung. Die Minister würdigten den Einsatz im Kampf um die Erhaltung der Industrieanlage und den damit bewiesenen Mut, an außergewöhnlichen Projekten festzuhalten. Nach den Festreden wurden die Biotürme mit einem „Balanceakt“ der Seiltänzer „Trabers“ eröffnet. Besucher hatten die Gelegenheit, eine der sechs Turmgruppen zu besteigen. Sie wurde zu einem Aussichtsturm umgebaut, an dem in 16 und 19 Meter Höhe auch zwei Aussichtskanzeln angebracht worden sind. Interessierte können jeden Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr mit dem Traditionsverein Braunkohle Lauchhammer e.V. auf dem Gelände eine Entdeckungstour unternehmen.

Die Biotürme der ehemaligen Großkokerei sind das letzte Überbleibsel einer ehemals gewaltigen Industrieanlage in Lauchhammer. Dort wurde in den 50er Jahren nach dem Verfahren von Bilkenroth & Rammler aus Braunkohle Hochofentemperaturkoks hergestellt. Das war ein technologischer Durchbruch und stellte die Grundlage für die Entwicklung der Schwerindustrie in der damaligen DDR dar. Somit ging in Lauchhammer die weltweit erste Großkokerei in Betrieb. Täglich wurden 7000 Tonnen Feinstkornbriketts verarbeitet, aus denen 3000 Tonnen Koks hergestellt wurden. Bei dem Verfahren fielen jedoch phenolhaltige Abwässer an, die in verschiedenen Klärstufen in den Turmtropfkörpern, den so genannten Biotürmen, verrieselt und durch Bakterien abgebaut wurden. Der Bakterienrasen befand sich auf Schlackesteinen im Innern der Turmanlage. Im nachgeschalteten Belebtschlammbecken, das ebenfalls vor dem Abriss bewahrt werden konnte, wurde das Wasser von den restlichen Inhaltsstoffen gereinigt.

Die politische Wende um 1990 hatte einschneidende energiepolitische und wirtschaftliche Konsequenzen für die Lausitz und so kam es 1991 zur Stilllegung der Kokerei in Lauchhammer. Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) erhielt den Auftrag, die Industrieanlagen zurückzubauen. Angesiedelte Brikettfabriken und Kraftwerke verschwanden spurlos. Lediglich die Biotürme konnten aufgrund ihrer technikgeschichtlichen Bedeutung im Jahr 1996 unter Denkmalschutz gestellt und vorerst vom Abriss verschont werden.

Auch das Gründungskuratorium der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land erkannte den Wert des Industriedenkmals und nahm es in die Projektliste auf. Mit der Bildung der IBA-Arbeitsgruppe Lauchhammer im Mai 2000, der auch die Lokale Agenda 21 Lauchhammer e.V., der Kultur- und Heimatverein Lauchhammer e.V. und der Traditionsverein Lauchhammer angehören, begann der Kampf um den Erhalt und die Suche nach Ideen für eine mögliche Nachnutzung. Mit verschiedenen Aktionen wie dem Tag des offenen Denkmals 2001 und einer eindrucksvollen Lichtinstallation 2002 zog man Aufmerksamkeit und viele begeisterte Besucher zu den Biotürmen. Doch im Oktober 2002 gaben die Stadtverordnetenversammlung Lauchhammer und der Landkreis Oberspreewald-Lausitz ein klares Zeichen, dass aufgrund finanzieller Risiken eine Übernahme des Objektes nicht möglich war. Nachdem am 31.12.2002 der Betrieb der Bioturmanlage eingestellt wurde, waren auch die unter Denkmalschutz gestellten Turmtropfkörper vom Abriss bedroht. Ein Jahr war Zeit, um einen neuen Eigentümer zu finden. Es folgten viele Gespräche mit politischen Vertretern und die intensive Suche nach einem neuen Eigentümer.

Eine Lösung zeichnete sich im Juni 2003 ab, als die Übernahme durch die Stiftung Kunstgussmuseum vorgeschlagen wurde. Damit verlängerte sich die von der LMBV gesetzte Frist bis zum 30. Juni 2004. Nachdem ein Bauzustandgutachten erarbeitet und weitere Voraussetzungen geprüft waren, erklärte sich die Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer im Juni 2004 bereit, die Biotürme zu übernehmen. Das Industriedenkmal wurde aus der Bergaufsicht entlassen, als es in das Eigentum der Biotürme Lauchhammer gGmbH überging, einer 100%-igen Tochtergesellschaft der Stiftung Kunstgussmuseum Lauchhammer. Nach Bewilligung der Fördermittel begannen 2006 die Sanierungsarbeiten unter der Leitung des Ingenieurbüros Peter Jähne aus Cottbus. Insgesamt flossen fast 1,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, aus Mitteln der Bergbausanierung und aus Eigenmitteln der Biotürme Lauchhammer gGmbH.

Am 17. Juli 2008 wurden die sanierten Biotürme eröffnet. Eine der sechs Turmtropfkörpergruppen ist jetzt als Aussichtsturm begehbar. Über zwei gläserne Kanzeln in 16 und 19 Meter Höhe ist auch ein Austritt möglich. In Zusammenarbeit mit dem Traditionsverein Braunkohle Lauchhammer e.V. finden an den Wochenenden Führungen auf dem Gelände und auf die Turmanlage statt. Darüber hinaus soll künftig in Ausstellungen Bezug auf den technikhistorischen Kontext genommen werden und das Thema Energie in einem breiteren Spektrum Beachtung finden. Zudem steht das Turmensemble für verschiedenste Veranstaltungen zur Verfügung, z.B. für Konzerte, Theateraufführungen und als eindrucksvolle Kulisse für Film- und Fotoaufnahmen.

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Die bauliche Erscheinung der Biotürme ist weltweit einzigartig: Auf einem Planungsraster von 8 x 8 Meter ragen die Turmtropfkörper 22 Meter hoch in den Himmel. Jede der sechs Turmtropfkörpergruppen besteht aus vier Türmen, die sich um ein gemeinsames Treppenhaus gruppieren. Im Zusammenspiel erinnern sie an das weltberühmte achteckige Castel del Monte in Italien, ein mittelalterlichen Schloss des Hohenstaufer-Kaisers Friedrich II. Die Einmaligkeit der historischen Baukörper wirkt durch die zwei transparenten Glaskanzeln noch spektakulärer. Die Kanzeln ermöglichen ein ganz besonderes Raumerlebnis zwischen den sechs Turmtropfkörpergruppen in einer weitgehend original erhaltenen Gesamtkulisse.

Die Anlage ist an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet und sonst auf Anfrage zugänglich; der Eintritt beträgt 3, ermäßigt 1,50 Euro.

weitere Informationen hier

(Quelle: Iba SEE)

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Bern/Köln: Wanderausstellung „100 Jahre Toblerone – Dein wahres Stück Schweiz“ macht auch in Deutschland Station

Auch in der Welt der Schokolade spielen die Marken eine besondere Rolle; so ist es im Jahre 2008 nicht ein Unternehmen, sondern die Marke „Toblerone“, die ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Die von dem Berner „Schoggibaron“ Theodor Tobler kreierte Marke gehört heute zu den wichtigsten „brands“  des Kraft-Konzerns. Über die spannende Unternehmens- und Familiengeschichte berichteten bereits 1996 Patrick Feuz und Andreas Tobler in dem Buch „Schoggibaron – Das bittersüsse Leben Theodor Toblers (1876 bis 1941)".

Mit einer Wanderausstellung, die im Januar in Bern startete, wird die Marke unter allen Aspekten der Herstellung und Vermarktung betrachtet und gefeiert. Mit viel Sorgfalt wurden Zeitdokumente, Bilder und originale Exponate zu einer populärwissenschaftlichen Ausstellung zusammengestellt, welche ein Jahr lang als Wanderexposition durch die Schweiz und angrenzende Staaten touren wird. Vom 28. August bis zum 27. September ist die Ausstellung im Kölner Schokoladenmuseum zu sehen.

Die Ausstellung erklärt und illustriert auf informative und unterhaltsame Weise verschiedene Aspekte rund um Toblerone. Z. B. wird das Geheimnis der zackigen Schokolade gelüftet und die erlesenen Zutaten sowie die Zubereitung veranschaulicht. Diese haben zum Teil die halbe Erde umrundet, bis sie im Toblerone-Werk in Bern sorgsam verarbeitet werden und so den unvergleichlichen Genuss liefern. Ein anderes Highlight sind die originalen Emailletafeln, Plakate, Broschüren sowie Sammelbilder, welche die Ausstellung schmücken und ihr ein Hauch süße Nostalgie verleihen. Toblerone verdankt ihren Siegeszug rund um die Welt und ihren Bekanntheitsgrad den innovativen Marketingmaßnahmen, die Theodor Tobler von Anfang an einsetzte.

Bisherige und weitere Stationen:

17.01. – 23.02.08     Kornhausforum, Bern
03.03. – 27.03.08     Schlossmuseum, Thun
05.04. – 03.05.08     Galerie See301, Zürich
20.05. – 15.06.08     Historisches und Völkerkundemuseum, St. Gallen
18.06. – 15.07.08     Marché Restaurant, Heidiland
20.07. – 17.08.08     Lutz Weinbau, Wienacht-Tobel Appenzell
28.08. – 26.09.08     Schokoladenmuseum, Köln
01.10. – 11.10.08     Designforum, Wien
16.10. – 09.11.08     Musée des Suisses dans le Monde, Pregny-Genève
15.11. – 04.01.09     Matterhorn Terminal Täsch, Zermatt

Wie sich das inzwischen gehört, ist die „Toblerone“ mit einer umfangreichen homepage (www.toblerone.ch) im Internet vertreten, auf der auch zahlreiche historische Werbefilme und Anzeigen zu sehen sind.

 (Unter Verwendung von Pressemitteilungen der genannten Unternehmen)

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Zahlreiche industriekulturell interessante Angebote beim „Tag des offenen Steinbruchs“ und „Tag des Geotops“ am 19. – 21. September

Highlights des Steinbruch-Tages

Die Ostrauer Kalkwerke GmbH begeht am 20. 9. 2008 den Tag des offenen Steinbruchs. Die Veranstaltung beginnt um 13.00 Uhr mit einer Führung durch den Steinbruch. Es werden ausführlich die Prozesse, auch unter Umweltgesichtspunkten, erläutert. Weiterhin ist eine Ausstellung vorgesehen.

Die Großtagebau Kamsdorf GmbH veranstaltet am Samstag, dem 20. 9. 2008, von 13.00 bis 17.00 Uhr in Verbindung mit dem Bergmannsfest der umliegenden Gemeinden den Tag des offenen Steinbruchs. Die folgenden Programmpunkte sind vorgesehen: Führungen durch den Tagebau, Ausstellung und Besichtigung der mobilen Großtechnik, Stolperparcour "Sicher gehen und stehen" der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft, Buddelberg für die kleinen Mineraliensammler, selber Baggern im Minibagger, Betrachtung des Tagebaus und der Umgebung aus der Vogelperspektive (Kran mit Personenkorb), Quadfahren im Tagebaubereich, Verkaufsstände einheimischer Gewerbetreibender, Festzelt mit musikalischer Unterhaltung und Bewirtung, Kinderprogramm mit Hüpfburg, Schminken und Basteln.

Die Zement- und Kalkwerke Otterbein GmbH & Co. KG in Großenlüder-Müs lädt am 20. September 2008 um 14.00 Uhr zu einer Besichtigung des Steinbruchs ein.

Das Kalkwerk Münchehof der Fels-Werke GmbH in Bad Grund lädt am 20. September zum Tag des offenen Steinbruchs in den Tagebau Winterberg ein. Zwischen 10 und 15 Uhr können sich Besucher über die Arbeit in einem Tagebau eingehend informieren. Dazu werden begleitete Rundfahrten durch den Tagebau Winterberg, Ausstellungen von Tagebau-Großgeräten, Vorträge und Vorführungen rund um das Thema Kalk angeboten.Ein weiterer Höhepunkt wird eine geführte Wanderung entlang des Tagebaus zum Iberg sein. Hierfür sollte an festes Schuhwerk gedacht werden (nur für eine begrenzte Teilnehmerzahl). Ein tolles Kinderprogramm mit Hüpfburg, Mini-Quads und vielen weiteren tollen Sachen rundet die Veranstaltung ab.

Rheinkalk GmbH

Das Rheinkalk-Werk Flandersbach, Wülfrath bietet am 19. September 2008, ab 12.00 Uhr (Treffpunkt Paul-Ludowigs-Haus, Am Sportplatz 26) geologisch geführte Busfahrten durch den Steinbruch und Filmvorführungen. Anmeldung unbedingt erforderlich unter Tel. 02058/17-0

Das Werk Hönnetal der Rheinkalk GmbH in Menden lädt am 20. September 2008 von 10 bis 14 Uhr zur Wanderung mit Führer rund um und durch den Steinbruch (ca. 9 km; Treffpunkt: Oberrödinghausen, Am alten Hammer); Speisen und Getränke zu familienfreundlichen Preisen.

Das gesamte Programm des Steinbruch-Tages hier

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Auch der Tag des Geotops (21. 9.) bietet – anders, als man vielleicht annehmen könnte – eine Vielzahl von industriekulturell äußerst interessanten Angeboten. Viele Exkursionen führen auf ehemalige Industrie- und Bergbaugelände.

Das gesamte Programm des Biotop-Tages hier

Die Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen sind bisher nicht in der bundesweiten  Übersicht enthalten; sie finden sich hier. Zu jeder Veranstaltung ist dort ein ausführliches Informationsplatt abrufbar.

Unter anderem werden Besuche ehemaliger Steinkohlenbergbau-Stätten an der Ruhr angeboten, aber etwa auch eine Exkursion zu den weitgehend vergessenen Relikten des Erzbergbaus in Bergisch Gladbach.

Übersicht:

Aachen                          Termalwasserroute "Zurück zu den Quellen"
Bergisch Gladbach      Erzbergbau im Freudental
Bochum                         Geologischer Garten
Bad Wünnenberg         Das Düstertal und der Malachitdom
Ennepetal                     Klutertberg und Bismarckhöhle
Fröndenberg                 Bismarckturm    
Gütersloh                       Naturbausteine – Herkunft – Geschichte
Hagen                             Steinbruch Vorhalle
Holzwickede                 Steinkohlenbergbau im Hixter Wald
Holzwickede                 Caroliner Erbstollen
Kaarst                            Landschaftsgeschichte
Königswinter                 Böden im Siebengebirge
Königswinter                 Der Rüdenet-Blockstrom
Möhnesee                    Geologische Formationen und Fossilienfunde
Netphen                        Böden und Untergrund am Forsthaus Hohenroth
Nettetal                         Geologie und Geschichte    
Olsberg                         Bruchhauser Steine
Schermbeck                 Sandgrube in der Emmelkämper Mark
Oer-Erkenschwick       Fossilienfundstätte Stimberg
Warstein                       Range- u. Lörmecketal – Karst, Natur, Geschichte
Winterberg                   Gesteine und Fossilien aus dem Sauerländischen Meer
Witten                           Steinbruch Dünkelberg und Nachtigallenstollen (20.9.!)Witten                           Steinbruch Rauen
Wülfrath                        Steinbruch Rohdenhaus (19.9.!)

 

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Bergisch Gladbach: „Im Hause des Kommerzienrats…“ Unternehmerisches Wohnen als kulturgeschichtliches Thema

Die von der Bensberger Thomas-Morus-Akademie und dem Rheinisch-Bergischen Kreis veranstaltete Tagung bot eine viele Aspekte berücksichtigende  Annäherung an das vielschichtige Thema des unternehmerischen Bauens und der Kulturpflege (Programm).

Auf der anschließenden Exkursion stellten Dr. Wolfgang Vomm von den Städtischen Museen Bergisch Gladbach und Dr. Andreas Stürmer von der Rheinischen Denkmalpflege beispielhaft die vier historischen Unternehmervillen der Familie Reusch in Rösrath-Hoffnungsthal vor, die zwischen 1860 und 1900 entstanden und als herausragende Teile des heute in Umnutzung befindlichen Fabrikareals erhalten sind.

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Reusch-Villa in Rösrath-Hoffnungsthal 

Die weiteren Exkusionen von bergisch.gruen sind, jeweils unter Führung örtlicher Fachleute, folgenden Themen gewidmet:

24.8.
– Villen und Hofschaften. Fabrikantenvillen Hendrichs, Sahler, Hammerstein, Hofschaften Dahl, Hübben und Arbeiterhäuser Limminghofer Straße als Gegensatz (Solingen)
– Genossenschaftliches Wohnen – Siedlung Weegerhof. Planung der Anlage, Gartengestaltung, Besichtigung des Waschhauses (Museum)(Solingen)

29.8.
– (Leverkusen-)Schlebusch als Sommerfrische Kölner Unternehmer
– Die Gronauer Wald-Siedlung – ein reformorientiertes Experiment (Bergisch Gladbach)

30.8.
– Siedlungen des Gemeinnützigen Bauvereins Opladen e.G.
– Die Steinmüller-Villen in Gummersbach – Auf den Spuren einer Unternehmerfamilie
– Eine Industriestadt des 19. Jahrhunderts – Villen und Wohnen in Burscheid

5.9.
– Kontinuitäten und Abbrüche – Vom Schloss Eicherhof zur Villa Kronenberg (Leverkusen-Opladen)
– Werkssiedlungen der Bayer AG; Führung und Besuch des Koloniemuseums (Leverkusen)

6.9
– Das Wülfing-Gelände in Radevormwald – Ein Industriedenkmal wartet auf Entdeckung

7.9.
– Wohnen und Leben im ehemaligen Zentrum. Vom Schlagbaum zum Fronhof. Ein stadthistorischer Spaziergang auf der ehemaligen Zentrumsmeile (Solingen)

13.9.
– Wege aus der Stadt. Ein stadthistorischer Spaziergang vom alten Amtsgericht bis zum Altenbau ins Grüne.
– Genossenschaftliches und bürgerliches Bauen (1900-1920) – Der Architekt Heinrich Kiefer und sein Wirken in Gummersbach

19.9.
– Die Villa Braunswerth in Engelskirchen – Eine Unternehmervilla und ihr Umfeld

20.9.
– Repräsentieren und Wohnen – Unternehmervillen in Bergisch Gladbach

Nähere Informationen hier

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Villa Braunswerth, Engelskirchen (Foto um 1860)

Auch auf zwei großen Ausstellungen dieses Sommers spiel(t)en Unternehmerwohnsitze eine wichtige Rolle: Auf der „Gründerzeit“-Ausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin war ein wichtiger Bereich den Unternehmern und ihrer Lebensweise gewidmet.

Die vom Münchener Haus der bayerischen Geschichte  gestaltete diesjährige Landesausstellung in Rosenheim thematisierte unter „Adel in Bayern – Ritter, Grafen, Industriebarone“ auch die Beziehung zur bürgerlichen Unternehmerschicht im 19. Jahrhundert. Als Ausstellungsort und Exponat zugleich diente dabei das Schloß Hohenaschau, das von der Unternehmerfamilie von Cramer-Klett als Wohnsitz ausgebaut und genutzt wurde.

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Schloß Hohenaschau

Vor diesem Hintergrund ist nur zu bedauern, dass die bereits für den Juni diesen Jahres in der Schweiz geplante Tagung zu Industriellenwohnsitzen mangels Interesse verschoben werden musste. Neben dem von der Mühlhausener Textilfabrikanten-Familie Engel-Groß bewohnten Schloß Ripaille am Genfer See wurde hier auch Schloß Mercier der gleichnamigen Lausanner Gerberfamilie im Schweizer Wallis berücksichtigt.

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Schloß Ripaille

Über Jahrzehnte durch ideologische und ästhetische Vorbehalte belastet, scheint die Beschäftigung mit dem Wirtschaftsbürgertum in Geschichte und Kulturwissenschaften in eine neue Phase getreten zu sein. Im Ruhrgebiet haben – nach der Villa Hügel –  insbesondere die inzwischen  abgeschlossenen Forschungen zu August Thyssen und Schloß Landsberg hier bahnbrechend gewirkt (Lit.).

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August Thyssen vor Schloß Landsberg

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Köln: Eröffnung des ersten Bauabschnittes des Rheinauhafens am 16./17. August

Mit der Einweihung wird ein erster erfolgreicher Abschluß der in den frühen 1990er Jahren begonnenen Neugestaltung des Hafenareals markiert. Das städtebauliche Konzept des im damals durchgeführten Wettbewerb siegreichen Architekturbüros BRT / Hadi Teherani aus Hamburg konnte zumindest räumlich weitgehend verwirklicht werden. Im Nutzungskonzept kam es allerdings zu erheblichen Veränderungen; vor allem der vorgesehene kulturell/öffentliche Anteil wurde bei weitem nicht realisiert.

teherani_1.450.jpgStädtebaulicher Entwurf BRT/Hadi Teherani, Hamburg, 1992

Ende April 2008 nahmen die deutsche TICCIH-Gruppe und die Mitarbeiter der Zeitschrift industrie-kultur die Gelegenheit wahr, die umfangreichen Baumaßnahmen, vor allem aber einige industriegeschichtliche Highlights des Hafens kennenzulernen  und – dank eines kürzlich dort neu installierten Anlegers – auch vom Wasser aus im Rahmen einer Rundfahrt auf dem Rhein kennenzulernen.

 

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Sieht man einmal vom mittelalterlichen Bayenturm ab, dem – nach schwersten Zerstörungen erst in den 1980er Jahren wieder aufgebauten – südlichen Eckpunkt der mittelalterlichen Stadtmauer, ist der älteste Bau des Hafens der in den 1850er Jahren noch auf der Außenseite der Einfahrt zum früheren Hafenbecken errichtete „Malakoffturm“. Er enthält heute einen Teil der Technik für den Antrieb und die Steuerung der Drehbrücke, die 1896 über der dann östlich des Turmes verlaufenden Einfahrt in den neuen Rheinauhafen errichtet wurde.

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Dieser 1898 fertiggestellte neue Rheinauhafen mit seinem nur ca. 600 m langen Becken war geprägt durch die mächtigen Bauten auf der flussseitig vorgelagerten Halbinsel: das Zollamt (heute Schokoladenmuseum) sowie zwei doppel- und ein fünfgeschossiges Lagerhaus in wuchtigen mittelalterlichen Stilen. Gleichzeitig entstand am Südende des Hafenbeckens in einer Mischung aus Romanik und flämischem Renaissancestil das Hafenamt.

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An der auch immer als Anlegeplatz genutzten  Außenseite des Hafengeländes (dem „Werft“) entstand zwischen 1907 und 1909 ein weiteres städtisches Großlagerhaus, das „Siebengebirge“; es wurde nach langen Überlegungen in den letzten Jahren in Eigentumswohnungen umgebaut. Ein weiteres Lagerhaus an der Westseite des Hafenbeckens dient heute als Atelierhaus „Rhenania“.

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Das übrige Hafengelände war überwiegend mit privaten Lagerhäusern sowie eingeschossigen Schuppen bebaut. Hinter dem Hafenamt waren das „Krafthaus“ für die Energieerzeugung der hydraulisch betriebenen Kräne sowie der Lokschuppen der Hafenbahn angeordnet. In den 1930er Jahren wurden elektrische Kräne angeschafft; auch der heute älteste Kran, der 1898 von der Firma Stuckenholz (Wetter/Ruhr) gelieferte Schwerlastkran "Hercules" am südlichen Ende der Kaianlagen wurde auf elektrischen Antrieb umgestellt. Bei der Stillegung des Hafens hat man sich bemüht, von jedem Krantyp ein Beispiel an markanter Stelle zu erhalten.

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Vorreiter der Umnutzung war der privat initiierte Umbau des nach Kriegszerstörungen nur fragmentiert erhaltenen, aber wegen seiner Lage auf der Spitze der Kai-Halbinsel besonders bedeutenden Zollamtes zum Schokoladenmuseum in den frühen 1990er Jahren. Damit wurde an die Tradition der Schokoladenherstellung durch die Firma Stollwerck im benachbarten Severinsviertel  angeknüpft. Mit dem Zollamt wurden auch Malakoffturm und Drehbrücke an den neuen Eigentümer verkauft, der heute für deren Erhaltung sorgt.

Von den drei Zollhallen wurde der nördliche, flache Speicher Ende der 1990er Jahre zum Deutschen Sport- und Olympiamuseum ausgebaut, wobei die historische Erscheinung des Baukörpers gewahrt blieb. Der mittlere, als „Halle 11“ bekannte Hochbau, dessen wasserseitige Fassade nach dem Krieg teilweise erneuert wurde, wird derzeit zu Wohnungen umgebaut. Das dritte, niedrige Lagerhaus steht noch leer.

vista_rhein.450.jpg Die Kranhäuser, Entwurf Hadi Teherani und Linster – Architekten + Generalplaner, Trier (Quelle: Pandion AG)

Inzwischen sind auf vielen frei- oder bisher meist nur eingeschossig bebauten  Flächen mehrgeschossige Neubauten fertigestellt oder im Bau. Städtebaulich herausragend sind die rechtwinklig zum Rhein eingeordneten drei „Kranhäuser“ (Entwurf Hadi Teherani, Hamburg, und Linster – Architekten + Generalplaner, Trier) von denen ebenfalls zwei bereits weitgehend fertiggestellt sind. Das dritte wird in Kürze vom Investor des „Siebengebirges“, der Pandion AG, als einziges Wohnhaus des Trios realisiert.

Vor allem die Neubauten der letzten Jahre haben den enormen städtebaulichen Maßstabssprung deutlich gemacht, der bei der Neunutzung und -bebauung des Rheinauhafens vollzogen wurde. Die historischen Bauten, ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts sorgfältig auf ihr bauliches Umfeld und ihre Lage zum Wasser hin gestaltet, sehen sich in ein neues Gesamtkonzept eingefügt, das neue Maßstäbe einführt.

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Ob der Hafen trotz dem Verlust seiner traditionellen Atmosphäre und seiner ursprünglichen Nutzungen mit Hilfe der Altbauten und technischen Denkmale ein zusammenhängendes, überzeugendes industriekulturelles Ensemble bleibt, ist die Frage. Derzeit fehlt eine Vermittlung der Hafengeschichte und ihrer Zeugnisse – soweit noch vorhanden – vor Ort. Vielmehr konzentriert sich das öffentliche Interesse auf die spektakuläre neue Architektur und den hohen kulturellen und sozialen Anspruch, den das neue Quartier als eigenständiger „86. Kölner Stadtteil“ für sich in Anspruch zu nehmen beginnt. Die infrastrukturellen Mängel – statt einer Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr setzt man auf eine groß dimensionierte Tiefgarage, und von einer „Nahversorgung“ auf normalen Niveau kann ebenfalls keine Rede sein – deuten aber auf die Sonderstellung dieses Areals.

Trotzdem begeistern sich viele am so augenfälligen Erfolg, und das Anschlussprojekt scheint schon gefunden: der Deutzer Hafen am gegenüberliegenden Rheinufer. (Näheres in Kürze in der industrie-kultur!)

Am Eröffnungswochende wird jedenfalls, so die Veranstalter in der Presse, „niveauvolle Unterhaltung“ geboten. Zugleich präsentieren für eine Woche junge Absolventen Kölner Kunst- und Medienhochschulen zahlreiche Kunstprojekte im südlichen Hafenabschnitt im Rahmen der „new talents 2008 – junge Biennale Köln“.

Pressebericht(historisch)

Offizielle Homepage des Rheinau-Hafens

Programm der Eröffnung

Der Rheinauhafen bei der „Rheinischen Industriekultur“:AllgemeinZollhallen Danziger Lagerhaus (Siebengebirge)

vista_hafen.450.jpg Die Kranhäuser, Entwurf Hadi Teherani und Linster – Architekten + Generalplaner, Trier (Quelle: Pandion AG)

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